Der Unterhalt den Eltern ihrem Kind schulden umfasst gemäß § 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- den gesamten Lebensbedarf
- einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf.
Danach wird geschuldet eine
- der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entsprechende und
- sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern haltende
Berufsausbildung, wobei (auch) eine fortdauernde Unterhaltspflicht dann in Betracht kommen kann, wenn beispielsweise ein Kind
- nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg (Abitur)
- eine praktische Ausbildung (Lehre) und
- anschließend ein Studium absolviert (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle), sofern
- die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und
- die praktische Ausbildung und das Studium sich sinnvoll ergänzen.
Auch wenn danach die Voraussetzungen für eine fortdauernde Ausbildungsunterhaltspflicht vorliegen, können allerdings Besonderheiten im Einzelfall dazu führen, dass ein Unterhaltsanspruch nicht mehr besteht bzw. entfällt, weil
- der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Unterhaltsanspruch vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt ist und
- es zu den schützenswerten Belangen der bzw. des Unterhaltspflichtigen gehört, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird.
Darauf hat, laut Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 03.05.2017 – 62/17 –, der u.a. für Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 03.05.2017 – XII ZB 415/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem ein Vater seiner unehelich geborenen Tochter, die er letztmals getroffen hatte, als sie 16 Jahre alt war, das erst sechs Jahre nach dem Abitur begonnene Medizinstudium finanzieren sollte,
- obwohl er seine Unterhaltszahlungen nach dem Abitur der Tochter eingestellt hatte, nachdem er ihr mitgeteilt geteilt hatte, dass er davon ausgehe, keinen weiteren Unterhalt mehr zahlen zu müssen, eine Reaktion hierauf unterblieben war und
- er von seiner Tochter über ihre Ausbildungspläne nie in Kenntnis gesetzt worden war,
entschieden, dass dem Vater,
- weil er erst 6 Jahre nach dem Abitur von der Aufnahme des Studiums seiner Tochter erfahren hatte und zu diesem Zeitpunkt mit der Aufnahme eines Studiums nicht mehr rechnen musste,
die Leistung von Ausbildungsunterhalt nicht mehr zumutbar ist.
Denn was der Vater in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall nicht wusste, weil die Tochter im dies nicht mitgeteilt hatte, war, dass
- sie sich nach dem Abitur im Vergabeverfahren der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) um einen Medizinstudienplatz beworben,
- nachdem ihr kein solcher zugewiesen wurde, eine Lehre als anästhesietechnische Assistentin begonnen und nach 3 Jahren erfolgreich abgeschlossen,
- in der Folgezeit 2 Jahre in diesem erlernten Beruf gearbeitet, bis ihr schließlich ein Studienplatz zugewiesen wurde und anschließend das Medizinstudium begonnen hatte.
Dazu,
- wann Eltern in anderen Fällen als denen einer gestuften Ausbildung ihrem Kind ausnahmsweise eine zweite Ausbildung finanzieren müssen,
- welche Obliegenheiten das Kind trifft und
- wann Kinder keinen Anspruch auf (weiteren) Ausbildungsunterhalt haben
vgl. BGH, Beschluss vom 08.03.2017 – XII ZB 192/16 –.