Tag Grenze

Was Grundstückseigentümer wissen sollten, wenn an der Grenze zum Nachbargrundstück Bäume, Sträucher

…. oder Hecken gepflanzt sind oder werden.

Bäume, Sträucher oder Hecken sollten

  • nicht in einer geringeren Entfernung als 0,50 m oder
  • falls sie über 2 m hoch sind, nicht in einer geringeren Entfernung als 2 m

zur Nachbargrundstücksgrenze gehalten werden.

  • Der Eigentümer des Nachbargrundstücks hat nämlich Anspruch darauf, dass diese Grenzabstände eingehalten werden und
  • kann bei Verletzung der Grenzabstände nach Art. 47 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (AGBGB) die Beseitigung des verletzenden Zustands fordern und einen Rückschnitt verlangen.

Gemessen wird

  • der Abstand nach Art. 47 AGBGB (vgl. Art. 49 AGBGB),
    • vonder Mitte des Stammes an der Stelle, an der dieser aus dem Boden hervortritt,
    • bei Sträuchern und Hecken von der Mitte der zunächst an der Grenze befindlichen Triebe,
    • bei Hopfenstöcken von der Hopfenstange oder dem Steigdraht ab (vgl. Art. 49 AGBGB)

und

  • die zulässige Höhe der Bäume und Pflanzen

Beachtet werden muss, dass der Anspruch auf Beseitigung eines den Art. 47 AGBGB verletzenden Zustands verjähren kann.

Verjährung tritt gemäß § 52 AGBGB ein nach fünf Jahren, wobei die Verjährungsfrist zu laufen beginnt

  • mit dem Schluss des Jahres in dem der Anspruch auf Beseitigung entstanden ist,
    • also Baum oder Pflanze erstmals die Höhe von zwei Metern überschreitet bzw. überschritten hat,
    • zuzüglichder Geländestufe bei tiefer liegenden Grundstücken

und

  • der Eigentümer des Grundstücks von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis
    • erlangt hat oder
    • ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Ist allerdings

  • von dem zu einem Baum- bzw. Pflanzenrückschnitt aufgeforderten beseitigungspflichtigen Grundstückseigentümer

vor Ablauf der Verjährungsfrist mitgeteilt worden,

  • dass die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden,

liegt ein Anerkenntnis vor,

  • das nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die noch nicht abgelaufene Verjährungsfrist neu beginnen lässt.

Da der nach Art. 47 AGBGB zu einem Rückschnitt verpflichtete Grundstückseigentümer

  • es in der Hand hat, durch einen stetigen schonenden Rückschnitt die Pflanzen auf einer zulässigen Höhe zu halten,

kann er sich darauf, dass

  • es bei dem verlangten Rückschnitt zu einer Beschädigung der Pflanzen kommt,

nicht berufen.

Darauf und dass auch § 39 Abs. 5 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG),

  • nach dem es verboten ist Bäume, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, soweit es sich nicht um einen schonen Form- oder Pflegeschnitt handelt,

dem Anspruch nach Art. 47 AGBGB nicht entgegensteht,

  • sondern in den dort genannten Zeiten allenfalls ein vorübergehendes Vollstreckungshindernis besteht,

hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 01.10.2018 – 242 C 24651/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 07.12.2018).

Grundstückseigentümer, denen die allgemeine Räum- und Streupflicht nicht übertragen ist, sind auch dann nicht verpflichtet

…. über die Grenze ihres Grundstücks hinaus zu räumen und zu streuen, wenn sie auf ihrem Grundstück eine Wohnung vermietet haben.

Mit Urteil vom 21.02.2018 – VIII ZR 255/16 – hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass,

  • wenn eine Stadt bzw. Gemeinde nicht die allgemeine Räum- und Streupflicht auf die Grundstückseigentümer (als Anlieger) übertragen hat,

ein Grundstückseigentümer regelmäßig nicht verpflichtet ist,

  • über die Grundstücksgrenze hinaus

Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen und er deswegen auch grundsätzlich nicht haftet, wenn

  • einer seiner Mieter oder der Lebensgefährte eines Mieters
  • im Bereich des Grundstückseingangs auf dem nicht geräumten öffentlichen Gehweg stürzt.

Denn, so der Senat, von Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände abgesehen, beschränke sich die Verpflichtung

  • eines Vermieters aus dem Mietvertrag (in dessen Schutzbereich auch Lebensgefährten des Mieters einbezogen seien) sowie
  • eines Grundstückseigentümers im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB),

seinen Mietern während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zum Mietobjekt zu gewähren (§ 535 Abs. 1 BGB),

  • wozu es grundsätzlich auch gehöre, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, zu räumen und zu streuen,

regelmäßig auf den Bereich des Grundstücks, so dass in einem solchen Fall

  • die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen allein bei der Gemeinde bzw. Stadt liege (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 21.02.2018).

Was Grundstücksnachbarn wissen sollten, wenn Streit über die Zulässigkeit einer Grenzbepflanzung besteht

Nach Art. 47 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BayAGBGB) kann der Eigentümer eines Grundstücks, sofern kein Ausnahmetatbestand vorliegt, verlangen, dass auf dem Nachbargrundstück Bäume, Sträucher, Hecken, Weinstöcke oder Hopfenstöcke

  • in einer geringeren Entfernung als 0,50 m von der Grenze seines Grundstücks nicht gehalten werden oder
  • dass die (gemessen gemäß § 49 AGBGB) in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grenze seines Grundstücks gehaltenen Pflanzen nicht höher als 2 m sind

und ansonsten den Rückschnitt fordern.

  • Ob die zulässige Höhe von 2 m überschritten ist oder nicht, wird grundsätzlich festgestellt durch eine Messung von der Stelle aus, an der der Baum bzw. die Pflanze aus dem Boden austritt.
  • Liegt das Nachbargrundstück, auf dem die Bäume bzw. Pflanzen stehen, allerdings tiefer (Hanglage), ist die zulässige Pflanzenwuchshöhe nicht von der Austrittstelle der Pflanzen, sondern von dem Bodenniveau des höher gelegenen Grundstücks aus zu bestimmen, weil in diesem Fall eine Beeinträchtigung des höher gelegenen Grundstücks erst möglich ist, wenn die Pflanzen dessen Höhenniveau erreichen

Der Anspruch des beeinträchtigten Grundstückeigentümers auf einen Rückschnitt verjährt nach § 52 Abs. 1 Satz 2 AGBGB in 5 Jahren, wobei die Verjährungsfrist zu laufen beginnt

  • mit dem Schluss des Jahres,
  • in dem der Baum bzw. die Pflanze die zulässige Höhe von 2 m, zuzüglich der Geländestufe bei tiefer liegenden Grundstücken, überschreitet.

Darauf hat der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 02.06.2017 – V ZR 230/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 02.06.2017 – Nr. 90/2017 –).

Wie ist das bei einem Grenzüberbau? Wann muss er beseitigt und wann muss er geduldet werden?

Ob derjenige, der ein Gebäude über die Grenze gebaut hat, ohne dass ihm dies vom Nachbarn gestattet worden war, den Überbau beseitigen muss oder nicht, ist in § 912 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt.

In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass,

  • wenn dem Überbauenden weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann,
  • der Nachbar den zwar Überbau dulden muss, er aber durch eine Geldrente zu entschädigen ist,
    • die in aller Regel deutlich geringer ist als eine Pacht oder eine Nutzungsentschädigung und
    • für deren Höhe die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend ist.

Das gilt nicht nur,

  • wenn die Grundstücksgrenze bei Errichtung eines Gebäudes überschritten wird,
  • sondern auch, wenn dies bei einem späteren Um- oder Ausbau geschieht.

Handelt es bei dem „Überbau“ um einen

  • teilweise oder vollständig auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäudeanbau, beispielsweise eine Veranda,

hängt die entsprechende Anwendung von § 912 BGB ab,

  • von den mit dem Abbruch des Anbaus verbundenen Folgen für das auf dem Grundstück des Überbauenden stehende Gebäude, also davon, welche Folgen ein Abbruch des Anbaus für das Gebäude des Überbauenden hätte und
  • ob er vorsätzlich oder grob fahrlässig über die Grenze gebaut hat.

Übrigens:
Hat der Nachbar solche Anbauten auf seinen Grundstück widerruflich gestattet ist er zu deren Duldung nur bis zu einem Widerruf verpflichtet.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 15.07.2016 – V ZR 195/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 124/2016 vom 15.07.2016)