Tag Haltestelle

Wichtig zu wissen für Kraftfahrzeugführer, wenn es beim Vorbeifahren an einer Bushaltestelle zur Kollision

…. mit dem gerade auf die Fahrbahn auffahrenden Linienbus kommt.

Mit Urteil vom 10.11.2021 – 14 U 96/21 – hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle in einem Fall, in dem es zu einer Kollision zwischen einem 

  • mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h 

an einem Omnibus des Linienverkehrs an einer gekennzeichneten Bushaltestelle vorbeifahrenden Pkw und dem 

  • von dort gerade 

auf die Fahrbahn auffahrenden Bus gekommen war, entschieden, dass, 

  • wenn nicht feststeht, dass der Busfahrer rechtzeitig links geblinkt hat,     

der Busunternehmer dem Eigentümer des Pkws den 

  • überwiegenden Teil seines Schadens 

ersetzen muss und der Halter des Pkws lediglich 

  • aufgrund der von seinem Kraftfahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr  

mithaftet (§ 17 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG)).

Begründet hat der Senat dies damit, dass § 20 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO),

  • der bestimmt, dass Fahrzeuge auf der Fahrbahn beim Abfahren eines Linienbusses von einer Haltestelle nötigenfalls warten müssen,

den Vorrang des fließenden Verkehrs zwar einschränkt, 

  • so dass eine Behinderung durch das Anfahren eines Busses hinzunehmen ist, 

dass dafür der Busfahrer aber  

  • den linken Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig setzen sowie 
  • sich vergewissern muss, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht stark bremsen müssen

und dass nur dann, wenn im Streitfall nachgewiesen werden kann, 

  • dass der Busfahrer sich insofern korrekt verhalten hat, 
    • was vorliegend zwar behauptet worden war, aber nicht bewiesen werden konnte,  

die Vermutung entkräftet ist, dass dem Busfahrer,

  • der nach § 10 Satz 1 StVO als Einfahrender vom Fahrbahnrand auf die Fahrbahn jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen muss,

ein Verschulden trifft (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle).

Hinweis:
Das Kammergericht (KG) Berlin ist anderer Ansicht. 

Danach entsteht das Vorrecht aus § 20 Abs. 5 StVO zwar auch erst, wenn § 10 Satz 2 StVO genügt ist, also der Busfahrer 

  • den Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig zuvor gesetzt hatte und 
  • nach Rückschau nicht anzunehmen ist, dass andere Verkehrsteilnehmer mehr als nur mittelstark bremsen müssen, 

jedoch ohne dass 

  • für die Verletzung dieser Pflichten durch den Busfahrer 

ein Anscheinsbeweis gilt, mit der Folge, dass im Streitfall von dem Halter des Pkws

  • widerlegt werden muss,

dass vom Busfahrer der Fahrtrichtungsanzeiger (rechtzeitig) gesetzt war (KG, Beschluss vom 01.11.2018 – 22 U 128/17 –).

Arbeitnehmer sollten wissen, dass auf einem Um- bzw. Abweg kein gesetzlicher (Wege)Unfallversicherungsschutz besteht

Das Thüringer Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 08.01.2018 – L 1 U 900/17 – in einem Fall,

  • in dem eine Arbeitnehmerin auf dem Rückweg von der Arbeit mit dem Zug, den Ausstieg an ihrem Heimatbahnhof verpasst,
  • den Zug daraufhin an der nächsten Haltestelle verlassen hatte und
  • auf dem Weg zu dem auf einem anderen Bahnsteig bereitstehenden Gegenzug verunfallt war,

entschieden,

  • dass es sich hierbei um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Begründet hat das LSG dies damit, dass unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich nur der direkte Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steht und für einen Versicherten,

  • sofern nicht ausnahmsweise das Abweichen vom direkten Weg bzw. der Umweg, beispielsweise wegen Ausfalls eines Haltepunktes, erforderlich wird,

kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung mehr besteht, wenn er

  • sich nicht (mehr) auf direktem Weg in Richtung seiner Arbeitsstätte oder seiner Wohnung, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem Ziel fortbewegt,
  • sich also auf einem sog. Abweg befindet.

Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung

  • erlischt in einem solchen Fall, so das LSG, sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen wird und
  • lebt erst wieder auf, wenn sich der Versicherte wieder auf dem direkten Weg befindet und der Abweg beendet ist (Quelle: Pressemitteilung des LSG Erfurt vom 29.01.2018).