Die Vorschrift des § 383 Abs. 1 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), nach der zur Verweigerung des Zeugnisses der Ehegatte einer Partei berechtigt ist, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, findet in Fällen,
- in denen eine juristische Person Partei ist,
- auf einen Zeugen, der Ehegatte des gesetzlichen Vertreters dieser Partei ist oder war,
nach ihrem Sinn und Zweck entsprechende Anwendung.
Darauf hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 29.09.2015 – XI ZB 6/15 – hingewiesen und entschieden, dass der von der Geschäftsführerin einer beklagten GmbH geschiedene Ehemann ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO hat.
Der Weigerungsgrund des § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO beruht, wie der XI. Zivilsenat des BGH ausgeführt hat, auf der Überlegung, dass ein Zeuge, der mit einer der Parteien familiär verbunden ist, mit großer Wahrscheinlichkeit in einen Konflikt zwischen Wahrheitspflicht und familiärer Rücksichtnahme gerät, wenn er über Tatsachen aussagen soll, die für den Angehörigen nachteilig sind.
Ein solcher Zeuge soll weder durch eine wahre Aussage zu Ungunsten des Angehörigen die Integrität der Familie gefährden, noch aus Rücksicht auf den Angehörigen falsch aussagen. Das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO schützt mit der Familie den Bereich, der typischerweise zur engeren Privatsphäre des Zeugen gehört. Dieser Regelungszweck rechtfertigt es, § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auch dann anzuwenden, wenn der Zeuge nicht Ehegatte einer Partei ist, sondern wenn die Partei eine juristische Person ist und der Zeuge Ehegatte des gesetzlichen Vertreters dieser juristischen Person ist oder war.
In diesem Fall befindet sich der Zeuge in einem vergleichbaren Konflikt zwischen Wahrheitspflicht und familiärer Rücksichtnahme wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.