…. verklagen möchten sowie für Ärzte gegen die ein Haftungsprozess, beispielsweise wegen eines Hygieneverstoßes, geführt wird.
Mit Beschluss vom 18.02.2020 – VI ZR 280/19 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass im Arzthaftungsprozess,
- also wenn ein Patient Ärzte oder eine Klinik nach ärztlicher Behandlung auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld in Anspruch nimmt,
an die Substantiierungspflichten,
- d.h. an den Sachvortrag, anhand dessen das Gericht beurteilen können muss, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge, also an den Anspruch auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld erfüllt sind,
nur maßvolle Anforderungen zu stellen sind, da
- von Patienten keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden kann,
- Patienten die genaue Einsicht in das Behandlungsgeschehen und das nötige Fachwissen zur Erfassung und Darstellung des Konfliktstoffs fehlt und
- sie nicht verpflichtet sind, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen.
Der Patient darf sich deswegen beschränken auf den Vortrag, der
- die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens der Behandlungsseite
- aufgrund der Folgen für ihn
gestattet.
Genügt der Sachvortrag des Patienten diesen maßvollen Anforderungen und ist es der Behandlungsseite möglich und zumutbar den Sachverhalt näher aufzuklären, muss die Beklagtenseite,
- nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast,
auf die Behauptungen des Patienten substantiiert,
- d.h. mit näheren Angaben erwidern,
wenn das Bestreiten der Beklagtenseite nach § 138 Abs. 2 und 3 Zivilprozessordnung (ZPO) beachtlich sein soll, wobei sich die Anforderungen an diese Darlegungslast der Behandlungsseite
- weitgehend nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt,
- sich richten nach der Art des im Raum stehenden Vorwurfs und
- im Wechselspiel zu der Tiefe des primären Vortrags des Patienten stehen.
Beispielsweise ist,
- wenn der Behandlungsseite Hygieneverstöße vorgeworfen werden, die zu einer Infektion des Patienten geführt haben,
der Patient nicht verpflichtet,
- mögliche Entstehungsursachen der Infektion zu ermitteln oder
- konkrete Anhaltspunkte für einen Hygieneverstoß vorzutragen.
Vielmehr liegt ein schlüssiger Sachvortrag des Patienten bereits dann vor, wenn er
- vorgenommene Behandlungen oder
- Vorgänge
schildert, bei denen die Möglichkeit der Infektion bestanden hat, denn
- sowohl die Existenz möglicher Infektionsquellen etwa in Gestalt weiterer Patienten oder verunreinigter Instrumente,
- als auch die Maßnahmen, welche die Behandlungsseite im Allgemeinen und – bei Vorliegen konkreter Gefahrenquellen – im Besonderen zur Einhaltung der Hygienebestimmungen und zur Infektionsprävention unternommen hat,
entziehen sich in aller Regel der Kenntnis des Patienten,
- während die Behandlungsseite ohne weiteres über die entsprechenden Informationen verfügt.
In einem solchen Fall obliegt es,
- wenn die primäre Darlegung des Sachverhalts durch den Patienten den insoweit geltenden maßvollen Anforderungen genügt,
deshalb der Beklagtenseite konkret zu den von ihnen ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Hygiene und zum Infektionsschutz bei der Behandlung des Patienten vorzutragen, etwa
- durch Vorlage von Desinfektions- und Reinigungsplänen sowie der einschlägigen Hausanordnungen und Bestimmungen des Hygieneplanes.
Aufgabe des Gerichts ist es danach,
- zu prüfen, ob der Vortrag der Beklagtenseite ihrer sekundären Vortragslast genügt und
- gegebenenfalls in die Beweisaufnahme einzutreten.