Stellt sich während der Operation eines Kindes heraus,
- dass der ursprünglich geplante Eingriff nicht durchführbar ist,
kann eine neue Situation vorliegen,
- die eine neue Aufklärung der sorgeberechtigten Eltern über eine zu verändernde mögliche Behandlung und
- ihre hierzu erteilte Einwilligung erfordert.
Bei einem solchen intraoperativen Aufklärungsgespräch müssen die Eltern gegebenfalls über alternative zur Verfügung stehende Vorgehens- bzw. Behandlungsmöglichkeiten unterrichtet werden, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten.
Darauf hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 07.12.2016 – 3 U 122/15 – hingewiesen und in einem Fall einem achtjährigm Kind wegen nicht ordnungsgemäßer Aufklärung seiner Eltern 12.500 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, weil, nachdem sich während der Operation des Kindes,
- durch die eine neue Verbindung zwischen dem Nierenbecken und dem Harnleiter geschaffen werden sollte, um die Abflussverhältnisse der linken Niere zu verbessern, die aufgrund von multiplen Nierengewebsdefekten nur noch 22 % ihrer Funktion hatte,
herausgestellt hatte, dass die geplante Rekonstruktion aufgrund nicht vorhersehbarer anatomischer Gegebenheiten nicht möglich ist, den Eltern gegenüber als einzig mögliche Behandlung die sofortige Nierenentfernung dargestellt und aufgrund dessen die Niere bei dem Kind mit Einwilligung seiner Eltern entfernt worden war,
- obwohl auch die, wenngleich mit höheren Risiken und zweifelhaften Erfolgsaussichten verbundene Möglichkeit bestanden hätte, die unterbrochene Operation zu beenden und später nierenerhaltend so zu operieren, dass die Restfunktion der linken Niere erhalten bleibt.
Nach Auffassung des Senats war,
- da den Eltern gegenüber die Entfernung der linken Niere als alternativlos dargestellt wurde,
die intraoperative Aufklärung defizitär, infolge dessen die erteilte Einwilligung der Eltern zur Entfernung der linken Niere bei ihrem Kind unwirksam und der Eingriff damit rechtswidrig.
Auch war der Senat davon überzeugt, dass sich die Kindeseltern bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem echten Entscheidungskonflikt zwischen der sofortigen Nierenentfernung und der Möglichkeit der Übergangslösung befunden hätten, so dass nicht von einer hypothetischen Einwilligung der Eltern in die sofortige Entfernung der Niere ausgegangen werden konnte (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 23.02.2017).