Tag künstliche Befruchtung

VG Düsseldorf entscheidet: Keine Beihilfe für Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung, wenn Ehemann der Beamtin älter als 50 Jahre ist

Mit Urteil vom 17.02.2020 – 10 K 17003/17 – hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf entschieden, dass, wenn Beihilfenverordnungen der Länder,

  • wie beispielsweise die Beihilfeverordnung NRW in § 8 Abs. 4 Satz 4 oder
  • die Bayerische Beihilfeverordnung in § 43 Abs. 1 Satz 3,

für die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen

  • für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung)

unter anderem voraussetzen, dass

  • der Ehemann noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet hat,

dies

  • im Einklang mit der Verfassung steht und
  • insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt.

Zweck einer solchen oberen Altersgrenze für Männer ist danach vor allem, die Wahrung des Kindeswohls.

Da, wie das VG ausgeführt hat, den Kindeswohlbelangen besser Rechnung getragen werden könne, wenn zu erwarten ist, dass das Kind

  • seine Schul- und Berufsausbildung noch zu Lebzeiten seines Vaters abschließen sowie
  • von Mutter und Vater gemeinsam erzogen, versorgt und unterstützt werden könne,

sei

  • unter Berücksichtigung der gewöhnlichen Lebenserwartung von Männern,

die Festsetzung der Grenze auf die Vollendung des 50. Lebensjahres als typisierende und pauschalierende Regelung plausibel und gerechtfertigt (Quelle: Pressemitteilung des VG Düsseldorf).

Was Frauen, die eine gleichgeschlechtliche Ehe geschlossen haben, über die rechtliche Elternstellung wissen sollten, wenn

…. die Ehefrau durch künstliche Befruchtung Mutter wird.

Mit Beschluss vom 10.10.2018 – XII ZB 231/18 – hat der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn

  • zwei Frauen die Ehe geschlossen haben und

eine Ehegattin,

  • aufgrund gemeinsamen Entschlusses der beiden Frauen durch medizinisch assistierte künstliche Befruchtung mit Spendersamen einer Samenbank,

Mutter eines Kindes wird,

  • die andere nicht (allein) aufgrund der bestehenden Ehe „als weiteres Elternteil bzw. als weitere Mutter“ im Geburtenregister einzutragen ist.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • das deutsche bürgerliche Recht nur die Zuordnung einer einzigen Mutter kraft Gesetzes kennt, nämlich nach § 1591 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Frau, die das Kind geboren hat und
  • 1592 Nr. 1 BGB, der nach seinem klaren Wortlaut allein die Vaterschaft regelt und diese einem bestimmten Mann zuweist, nicht entsprechend anwendbar ist.

Somit kann, nach der derzeitigen Rechtslage, die Ehefrau der Kindesmutter eine rechtliche Elternstellung nur durch eine Adoption des Kindes nach § 1741 Abs. 2 Satz 3 BGB erlangen, wobei auf diesem Weg dann

  • sowohl die Rechte des betroffenen Kindes gewahrt werden,
  • als auch über die Vorschrift des § 1747 BGB die Rechte des in solchen Fallgestaltungen notwendigerweise zusätzlich zu den beiden Ehegatten existierenden biologischen Vaters (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 18.02.2015 – XII ZB 473/13 –).

Wichtig zu wissen für unverheiratete privat krankenversicherte Frauen, die Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung erwägen

Mit Urteil vom 13.10.2017 – 12 U 107/17 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe entschieden, dass

  • private Krankenversicherungen eine Kostenerstattung für künstliche Befruchtung nicht auf verheiratete Paare beschränken dürfen und
  • eine solche Begrenzung der Leistung auf Verheiratete in allgemeinen Versicherungsbedingungen unwirksam ist.

Begründet worden ist dies vom Senat damit, dass

  • private Krankenversicherer ausschließlich wirtschaftliche Interessen verfolgen und
  • die Unterscheidung zwischen verheirateten und unverheirateten Versicherten mit Kinderwunsch demzufolge willkürlich sei.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hat der Senat deswegen auch der Klage einer privat Krankenversicherten stattgegeben,

  • die vor ihrer Heirat einen Versuch zur künstlichen Befruchtung mit In-vitro-Fertilisation hatte durchführen lassen und

die durch diesen Behandlungsversuch verursachten Kosten von ihrer Krankenversicherung erstattet haben wollte,

  • obwohl nach den Versicherungsbedingungen der beklagten privaten Krankenversicherung ein Anspruch auf Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung nur dann bestehen sollte,
  • wenn die versicherte Person verheiratet ist und ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 13.10.2017).

Private Krankenversicherung muss für eine im europäischen Ausland vorgenommene künstliche Befruchtung mittels Eizellspende nicht zahlen

…. wenn nach den Versicherungsbedingungen der Versicherungsschutz sich zwar auf Heilbehandlungen in Europa erstreckt, die Versicherungsbedingungen aber auch vorsehen, dass der Umfang des Versicherungsschutzes sich u.a. aus den gesetzlichen Vorschriften ergibt und das Versicherungsverhältnis deutschem Recht unterliegt.

Das hat der u.a. für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 14.06.2017 – IV ZR 141/16 – in einem Fall entschieden, in dem eine kinderlose Frau,

  • nachdem sie in der Tschechischen Republik in einem Zentrum für In-vitro-Fertilisation (IVF) eine künstliche Befruchtung mittels Eizellspende hatte durchführen lassen und
  • diese zu ihrer Schwangerschaft sowie schließlich zur Entbindung geführt hatte,

ihren privaten Krankenversicherer auf Erstattung der Kosten für diese Behandlung verklagt hatte.

Begründet hat der Senat die Klageabweisung damit, dass die Versicherungsbedingungen so zu verstehen sind,

  • dass der Versicherer lediglich Aufwendungen für solche Heilbehandlungen im europäischen Ausland zu ersetzen hat,
  • die nach deutschem Recht in Deutschland erlaubt sind,

so dass,

  • da die künstliche Befruchtung mittels Eizellspende nach deutschem Recht verboten ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz),

für diese Behandlung der Frau in der Tschechischen Republik,

  • obwohl die Eizellspende dort erlaubt ist,

kein Versicherungsschutz besteht (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 14.06.2017 – Nr. 91/2017 –).

Was Arbeitnehmerinnen, die sich zu einer künstlichen Befruchtung entschließen, wissen sollten

Wünscht sich eine Arbeitnehmerin ein Kind und entscheidet sie sich wegen der eingeschränkten Zeugungsfähigkeit ihres Partners zur Herbeiführung einer Schwangerschaft für eine künstliche Befruchtung, hat sie

  • wenn es durch Inseminationen zu Fehlzeiten bei der Arbeit kommt,

in der Regel keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG).

Darauf hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 26.10.2016 – 5 AZR 167/16 – hingewiesen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass ein Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen hat, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft,

  • bei einer Frau aber ein allein durch die Zeugungsunfähigkeit des Partners bedingter unerfüllter Kinderwunsch, ohne dass dadurch bei ihr körperliche oder seelische Beeinträchtigungen mit Krankheitswert hervorgerufen werden, entgeltfortzahlungsrechtlich nicht als Krankheit anzusehen ist,
  • ebensowenig die mit einer künstlichen Befruchtung vorgenommenen Eingriffe und Maßnahmen eine Heilbehandlung darstellen, wenn vor Beginn der künstlichen Befruchtung eine Erkrankung nicht vorgelegen hat und
  • wenn erst durch eine künstliche Befruchtung willentlich und vorhersehbar eine Arbeitsunfähigkeit bedingte Erkrankung herbeigeführt worden ist, ein Entgeltfortzahlungsanspruch auch wegen Verschuldens i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ausgeschlossen ist.

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch kann demzufolge lediglich dann bestehen, wenn eine künstliche Befruchtung nach allgemein anerkannten medizinischen Standards vom Arzt oder auf ärztliche Anordnung vorgenommen und anschließend eine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit aufgetreten ist, mit deren Eintritt nicht gerechnet werden musste.

Übrigens:
Als Beginn der Schwangerschaft ist bei einer In-vitro-Fertilisation,

  • bei der entnommene Eizellen mit präparierten Spermien befruchtet und
  • anschließend in den Uterus der Frau transferiert werden mit dem Ziel der Einnistung,

die Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter anzusehen,

  • der Zeitpunkt der Verbindung einer befruchteten Eizelle mit dem Organismus der Frau durch den Embryonentransfer.

Da damit ein Zustand erreicht ist, der demjenigen einer durch natürliche Befruchtung herbeigeführten Schwangerschaft entspricht,

  • findet ab dem Embryonentransfer das Mutterschaftsgesetz (MuSchG) Anwendung und
  • kann somit für Zeiträume danach ein Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG, unter den weiteren in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen, in Betracht kommen.