Tag Mietsache

Was Vermieter und Mieter wissen sollten, wenn streitig ist, ob Ersatzansprüche des Vermieters wegen

…. Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjährt sind.

Mit Urteil vom 27.02.2019 – XII ZR 63/18 – hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass nach § 548 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten verjähren,
  • die Verjährungnach § 548 Abs. 1 BGB mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält

und dass der Rückerhalt der Mietsache im Sinne dieser Vorschrift grundsätzlich erfordert,

  • zum einen eine vollständige und unzweideutige Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters (wie durch förmliche Rückgabe und Aushändigung der Schließmittel),
    • weil der Vermieter erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen,
  • sowie zum anderen eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des Mieters,
    • wozu es nicht genügt, dass der Vermieter (vorübergehend) die Möglichkeit erhält, während des (auch nur mittelbaren) Besitzes des Mieters die Mieträume zu besichtigen bzw. besichtigen zu lassen.

Die Rechtsfrage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der Lauf der Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB in den Fällen beginnt, in denen

  • der Mieter dem Vermieter tatsächlich oder wörtlich die vollständige und endgültige Besitzaufgabe und Rückgabe anbietet,
  • dieser die Mietsache jedoch nicht zurücknimmt,

hat der Senat allerdings nicht entschieden.

Kann ein Mieter bei Mängeln an der Mietsache (z. B. Schimmel, Feuchtigkeit etc.) vom Vermieter (auch) die Beseitigung

…. der Mängelursachen verlangen oder reicht es aus, wenn

  • der Vermieter die Mängelsymptome beseitigt und
  • so (zumindest vorübergehend) ein vertragsgemäßer Zustand wiederhergestellt wird?

Gem. § 535 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss der Vermieter

  • die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und
  • sie während der Mietzeit in diesem Zustand erhalten.

Die Instandsetzung umfasst dabei die Schadens- bzw. Mangelbeseitigung durch Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes, also insbesondere Reparatur- und Renovierungsarbeiten an der Mietsache.

  • Der Umfang der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

Zwar sind die zur Instandsetzung notwendigen Maßnahmen grundsätzlich dem Vermieter vorbehalten.
Der Mieter kann dem Vermieter im Regelfall nicht vorschreiben, auf welche Art und Weise die vorhandenen Mängel zu beseitigen sind.

Der Mieter muss sich aber auch nicht mit provisorischen Reparaturmaßnahmen begnügen, sondern kann eine dauerhafte Mängelbeseitigung verlangen.

  • Grundsätzlich gilt, dass der Vermieter die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erhalten bzw. wiederherstellen muss.

Daher schuldet der Vermieter im Einzelfall dann

  • nicht nur Beseitigung der Mängelsymptome (z.B. Schimmel, Feuchtigkeit, etc.), sondern

auch Beseitigung der zu den Mängeln führenden Ursachen,

  • soweit bereits durch die Möglichkeit des erneuten Auftritts des Mangels die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache eingeschränkt ist

und

  • soweit es dem Mieter nicht zumutbar ist, die Gefahr des nochmaligen Auftretens des Mangels hinzunehmen.

Maßgebliche Abwägungskriterien dabei können u.a. sein,

  • ob der Mangel in der Vergangenheit bereits wiederholt aufgetreten ist bzw. wie hoch die Wahrscheinlichkeit für ein erneutes Auftreten des Mangels ist,
  • in welchem Bereich des Mietobjekts der Mangel aufgetreten ist und wie stark die Benutzbarkeit der Mietsache bei erneutem Auftritt des Mangels (dadurch) eingeschränkt wäre,
  • in welchem Ausmaß Schäden bei Wiederauftreten des Mangels drohen und auch
  • wie hoch die Kosten der Mangelursachenbeseitigung sind, weil ein Vermieter die Erhaltung der Mietsache verweigern kann (vgl. § 275 Abs. 2 BGB), wenn unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen bei funktionaler Betrachtungsweise
    • ein krasses bzw. auffälliges Missverhältnis zwischen dem Reparaturaufwand für den Vermieter einerseits,
    • dem Nutzen der Reparatur für den Mieter andererseits
    • sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits besteht.

Darauf hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Bremen Urteil vom 05.09.2018 – 1 S 281/17 – hingewiesen.

Wichtig für Vermieter zu wissen, wenn der Mieter stirbt und dessen Erben unbekannt sind

Vermieter können in einem solchen Fall,

  • zur Geltendmachung ihres Anspruchs gegen den Nachlass auf Rückgabe der Mietsache gemäß § 546 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

beim Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft gemäß § 1961 BGB beantragen.

  • Anzuordnen ist die Nachlasspflegschaft vom Nachlassgericht auf ihren Antrag hin auch dann, wenn der Mieter vermögenslos war beziehungsweise der Nachlass voraussichtlich dürftig ist.

Das hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 02.08.2017 – 19 W 102/17 – entschieden.

Gemäß § 1961 BGB hat das Nachlassgericht in den Fällen, in denen

  • der Erbe unbekannt oder
  • ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat oder
  • ein Bedürfnis besteht, biszur Annahme der Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen,

nämlich zwingend einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn

  • die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet,
  • von dem Berechtigten beantragt wird.

BGH entscheidet wann keine vom Mieter zu duldenden Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB (mehr) vorliegen

Mit Beschluss vom 21.11.2017 – VIII ZR 28/17 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass vom Mieter nach § 555d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu duldende Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB,

  • d.h. bauliche Veränderungen, durch die
    • der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird oder
    • die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden,

dann nicht vorliegen, wenn die beabsichtigten Maßnahmen

  • sich nicht auf eine Verbesserung des vorhandenen Bestands beschränken, sondern

so weitreichend sind,

  • wie beispielsweise bei einer Hinzufügung neuer Räume [Wintergarten; Ausbau des Spitzbodens] unter Veränderung des Grundrisses; einem veränderten Zuschnitt der Wohnräume und des Bads; der Anlegung einer Terrasse; dem Abriss einer Veranda,

dass ihre Durchführung den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würde.

Begründet worden ist dies vom Senat damit, dass sich eine Modernisierungsmaßnahme dadurch auszeichnet, dass sie

  • einerseits über die bloße Erhaltung des bisherigen Zustands (vgl. § 555a BGB) hinausgeht,
  • andererseits aber die Mietsache nicht so verändert, dass etwas Neues entsteht.

BGH entscheidet: Verlängerung der in § 548 Abs. 1 BGB geregelten sechsmonatigen Verjährungsfrist in Formularmietverträgen

…. ist unwirksam.

Ersatzansprüche des Vermieters wegen

  • Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache

verjähren nach § 548 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • in sechs Monaten
  • ab dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.

Klauseln in von Vermietern verwendeten Formularverträgen, die

  • eine Verlängerung dieser sechsmonatigen Verjährungsfrist vorsehen oder
  • den Eintritt dieser Verjährung erschweren, beispielsweise dadurch, dass sie
    • für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf den Zeitpunkt des Rückerhalts der Sache abstellen,
    • sondern auf das (rechtliche) Mietvertragsende,

sind,

wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam und

  • zwar auch dann, wenn gleichzeitig ebenfalls die sechsmonatige Verjährungsfrist für die Ansprüche des Mieters nach § 548 Abs. 2 Satz 1 BGB auf Ersatz von Aufwendungen und auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verlängert wird.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • der Mieter nach der Rückgabe der Mietsache an den Vermieter auf diese keinen Zugriff mehr hat, somit ab diesem Zeitpunkt regelmäßig auch keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen kann und
  • demgegenüber der Vermieter durch die Rückgabe der Mietsache, an die das Gesetz den Verjährungsbeginn für dessen Ansprüche anknüpft, in die Lage versetzt wird, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ihm gegen den Mieter Ansprüche wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache zustehen und er diese durchsetzen oder gegebenenfalls innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist erforderliche verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen will (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 08.11.2017 – Nr. 176/2017 –).

Wichtig für Mieter und Vermieter zu wissen: Zustand der Mietwohnung kann Vermieter zur Kündigung berechtigen

Einem Mieter, der die Wohnung trotz mehrfacher Abmahnung verwahrlosen lässt kann vom Vermieter außerordentlich gekündigt werden.

Darauf hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 23.02.2017 – 7 S 7084/16 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Mieter die gemietete Wohnung

  • nicht nur stark verschmutzen lassen und lediglich mit einem in der Küche befindlichen Radiator beheizt,
  • sondern auch mit Müll und Gegenständen so vollgestellt, dass u. a. ein Raum gar nicht betreten werden konnte und das Bad als solches ebenfalls nicht mehr benutzbar war.

Aufgrund dessen sah das LG eine erhebliche Gefährdung der Mietsache als gegeben und den Vermieter,

  • weil er den Mieter zuvor erfolglos mehrfach abgemahnt hatte und es ihm angesichts des Zustandes der Wohnung nicht zumutbar war, bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin abzuwarten,

zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses wegen Verletzung der mietvertraglichen Pflichten des Mieters als berechtigt an (Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth vom 09.03.2017 – 6/17 –).

Mieter und Vermieter sollten wissen wann und in welchem Umfang Anspruch auf Ersatz von Kündigungsfolgeschäden besteht

Die Mietvertragspartei, die durch eine von ihr zu vertretende Vertragsverletzung die andere Partei zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages veranlasst hat, ist dieser Partei zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens (sog. Kündigungs- oder Kündigungsfolgeschaden) verpflichtet (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 15.03.2000 – XII ZR 81/97 – und vom 13.06.2007 – VIII ZR 281/06 –).

  • Grundlage für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadenersatzanspruch des Mieters ist entweder § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder § 536 a Abs. 1 BGB, wenn die außerordentliche Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, der zugleich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB begründet (vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2012 – XII ZR 126/11 –).

Der Anspruch setzt die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung (vgl. § 543 BGB) voraus, weil er gerade denjenigen Schaden erfasst, welcher infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses entstanden ist.

Kündigt beispielsweise ein Mieter das Mietverhältnis nach einem vertragswidrigen Verhalten des Vermieters berechtigt und wirksam, büßt er dadurch sein vertragliches Recht zum Gebrauch der Mietsache ein, so dass der Vermieter dann verpflichtet ist, dem Mieter den Schaden zu ersetzen, den er durch diesen Rechtsverlust erleidet.

Zu den dem Mieter in einem solchen Fall zu ersetzenden Kündigungsfolgeschäden gehören

  • die einmaligen Aufwendungen für die Beschaffung von Ersatzräumen, die Herrichtung dieser Räume und die Umzugskosten, wobei für deren Erstattungsfähigkeit maßgeblich darauf abzustellen ist,
    • ob diese Kosten durch eine in absehbarer Zeit bevorstehende Vertragsbeendigung unabhängig von den zur Mieterkündigung führenden Umständen ohnehin entstanden wären oder
    • ob nicht festgestellt werden kann, dass das Mietverhältnis ohne die zur außerordentlichen Kündigung des Mieters führende und vom Vermieter zu vertretende mangelbedingte Gebrauchsentziehung überhaupt beendet worden wäre

sowie

  • Mehrkosten, die durch die kündigungsbedingte Anmietung einer Ersatzwohnung anfallen, allerdings beschränkt auf den Zeitraum
    • bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder
    • bis zur Wirksamkeit der ersten möglichen Kündigung durch den Vermieter.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 02.11.2016 – XII ZR 153/15 – hingewiesen.