Tag Modell

Was, wer sich beim Autokauf bewusst für ein Auslaufmodell entscheidet, wissen sollte

Mit Urteil vom 09.09.2019 – 12 U 773/18 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz entschieden, dass, wer sich,

  • beim Erwerb eines Autos bei einem Kfz-Händler,

in Kenntnis eines bevorstehenden Modellwechsels,

  • nicht für die Bestellung eines Fahrzeugs aus der neuen Modellreihe

sondern

  • bewusst

zum Kauf des „Auslaufmodells“ entscheidet,

  • beispielsweise um einen hierfür gewährten Preisvorteil zu nutzen,

kann,

  • wenn das Fahrzeug bei der Übergabe nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist,

von dem Händler

  • – im Rahmen der Gewährleistung als Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB –

eine mangelfreie Ersatzlieferung verlangen

  • nur aus der „Auslaufmodellserie“ und
  • nicht aus der neuen Modellserie.

Begründet hat das OLG dies damit, dass im Fall einer

  • bewussten Entscheidung für ein „Auslaufmodell“
    • beispielsweise um so einen Preisvorteil zu erhalten,

der vertragliche Wille der Parteien ausdrücklich auf die Verschaffung eines solchen „Auslaufmodells“ gerichtet ist und somit die Ersatzbeschaffungspflicht nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB,

  • für deren Umfang die vertraglich vereinbarte Beschaffungspflicht des Verkäufers maßgebend ist,

sich auf die „Auslaufmodellserie“ beschränkt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz; vgl. hierzu auch Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 –).

Übrigens:
Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer einer Sache,

  • die zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (bei der Übergabe) nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 BGB ist,

sofern

  • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist,
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und
  • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),

entweder

  • die Beseitigung des Mangels

oder

  • die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen,

wobei zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung der Käufer frei in seiner Wahl ist und beliebig nach seinem Interesse entscheiden kann, ohne dass er auf die Interessen des Verkäufers,

  • der auf seine Rechte aus § 439 Abs. 4 BGB verwiesen ist,

Rücksicht nehmen muss (vgl. hierzu den Blog: Wichtig für Käufer und Verkäufer zu wissen: Welche Nacherfüllungsrechte hat der Käufer wenn die Kaufsache mangelhaft ist?).

Die obige Entscheidung des 12. Zivilsenats des OLG Koblenz betrifft einen Fall in dem der Käufer als Nacherfüllung

  • nicht die Beseitigung des Mangels,
  • sondern die Lieferung einer mangelfreien Sache

verlangt hatte.

Angestellte Erzieherinnen und Erzieher, die Kinder und Jugendliche im Rahmen des WaB-Modells betreuen, sollten wissen,

…. dass (auch) für sie das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) mit seinen Bestimmungen zu Höchstarbeitszeit und Ruhepausen gilt.

Mit Urteil vom 08.05.2019 – 8 C 3.18 – hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass, wenn ein Träger der Kinder- und Jugendhilfe unter anderem Wohngruppen betreibt,

  • in denen regelmäßig jeweils sechs Kinder und Jugendliche

betreut werden

  • von drei bei dem Träger angestellten Erzieher/innen,

von denen

  • im Rahmen der hierbei praktizierten alternierenden Betreuung (WaB-Modell)

abwechselnd

  • eine/r der Erzieher/innen jeweils für zwei bis sieben Tage durchgehend in der Wohngruppe wohnt,
  • der bzw. die zweite Erzieher/in tagsüber Dienst sowie
  • der bzw. die dritte Erzieher/in frei hat,

auf diese Erzieher/innen

  • das ArbZG Anwendung findet,

so dass bei einem solchen praktizierten WaB-Modell

  • der Arbeitgeber bei der Erstellung der Dienstpläne für die in den WaB-Gruppen tätigen Erzieher/innen die Bestimmungen des ArbZGes zu Höchstarbeitszeit und Ruhepausen (§§ 3 ff. ArbZG) einhalten muss.

Begründet hat das BVerwG dies damit, dass das ArbZG nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG nur dann auf Arbeitnehmer nicht anzuwenden ist, wenn die Arbeitnehmer

  • in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und
  • sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen,

ein solches Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft voraussetzt,

  • ein gemeinsames Wohnen und Wirtschaften auf längere Zeit,
  • das auf personelle Kontinuität sowie nahezu permanente Verfügbarkeit des Arbeitnehmers angelegt und
  • davon geprägt ist, dass sich Arbeits- und Ruhezeiten nicht voneinander trennen lassen,

dies bei den in den WaB-Gruppen tätigen Erzieher/innen nicht der Fall ist,

  • da deren Arbeitsverhältnis nicht von ihrer nahezu permanenter Verfügbarkeit geprägt ist,
  • sondern sich bei ihnen Arbeitsphasen von einem von zwei bis sieben Tagen beschränkten Verbleib in den Wohngruppen mit Ruhephasen danach abwechseln

und es somit schon an dem Merkmal des Zusammenlebens in häuslicher Gemeinschaft fehlt.

Dieselgate – BGH stärkt mit Hinweisbeschluss zu seiner vorläufigen Rechtsauffassung die Position der Käufer von vom Dieselabgasskandal

…. betroffenen Neufahrzeugen.

In einem Fall, in dem der Kläger bei der beklagten Kraftfahrzeughändlerin einen neuen VW Tiguan 2.0 TDI der ersten Generation erworben und

  • weil der Dieselmotor des an ihn ausgelieferten Fahrzeugs vom Typ EA 189 mit einer Software versehen war,
    • die erkennt, ob es sich in einem Prüfzyklus zur Ermittlung von Emissionswerten befindet und in diesem Fall (anders als im normalen Fahrbetrieb) verstärkt Abgase in den Motor zurückleitete,
    • um eine Verringerung der am Auspuff gemessenen Stickoxide (NOx-Werte) zu erreichen,

von der Beklagten unter Fristsetzung erfolglos

  • die Nachlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs (§ 434 Abs. 1, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) mit identischer Ausstattung,
  • hilfsweise die Nachbesserung des von ihm erworbenen Fahrzeugs verlangt hatte,

hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 – darauf hingewiesen,

  • dass bei einem Fahrzeug, welches bei Übergabe an den Käufer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen sein dürfte (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), weil
    • die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde besteht und
    • es damit an der Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) fehlen dürfte,
  • dass der Umstand, dass Fahrzeuge, wie das vom Kläger erworbene, der ersten Generation der betreffenden Serie, nicht mehr hergestellt würden, nicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB zur Unmöglichkeit der von einem Käufer gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB geforderten Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs führe, da
    • im Hinblick auf den Inhalt der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht ein mit einem nachträglichen Modellwechsel einhergehender mehr oder weniger großer Änderungsumfang für die Interessenlage des Verkäufers in der Regel ohne Belang sei

und somit

  • der Verkäufer – nicht anders als wenn das betreffende Modell noch lieferbar wäre – eine Ersatzlieferung gegebenenfalls (lediglich) unter den im Einzelfall festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB verweigern könne,