Tag Nachforderung

Corona-Pandemie: Was Betreiber von Fitnessstudios in Bayern wissen sollten, wenn jetzt von ihnen Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert werden

Mit Beschluss vom 06.05.2020 – L 7 BA 58/20 – hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in einem Fall, in dem, 

  • nach einer Betriebsprüfung, 

der Rentenversicherungsträger von einem Fitnessstudio 

  • sofort vollziehbar 7.689,22 Euro Sozialversicherungsbeiträge 

nachgefordert hatte,  

  • die Vollziehung der Nachforderung ausgesetzt und 
  • angeordnet, dass bereits eingezogene Beiträge an das Studio zurückzuzahlen sind.

Begründet hat das LSG dies damit, dass nach den glaubhaften Angaben des Studiobetreibers, die derzeit bestehenden Liquiditätsprobleme 

  • allein auf die staatlich angeordnete sowie absehbar befristete Einstellung des Studiobetriebes zurückgehen und 

nicht mehr bestehen werden, 

  • sobald der Studiobetrieb wieder aufgenommen werden kann, 

die aktuelle Durchsetzung der Nachforderung deswegen unbillig erscheint und dem das berechtigte Interesse der Sozialversicherung, 

  • auch und insbesondere in Krisenzeiten mit den erforderlichen Beitragsmitteln ausgestattet zu sein, 

nicht entgegen steht, nachdem  

  • das Fortbestehen des Betriebs des Studiobetreibers mit mehreren Arbeitnehmern und monatlichen Beiträgen zur Sozialversicherung nicht zuletzt auch im Interesse der Solidargemeinschaft stehe (Quelle: Pressemitteilung des LSG München).

BGH entscheidet, wer was darlegen und beweisen muss, wenn von Wohnungsmietern die Heizkostenabrechnung bestritten wird und

…. wann bei von Wohnungsvermietern verweigerter Belegeinsicht im Zusammenhang mit der jährlichen Betriebskostenabrechnung Mieter eine geforderte Nachzahlung vorläufig verweigern dürfen.

Mit Urteil vom 07.02.2018 – VIII ZR 189/17 – hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass, wenn in einem Wohnraummietvertrag

  • gemäß § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart ist, dass der Mieter die Betriebskosten zu tragen sowie
  • hierauf bestimmte monatliche Vorauszahlung zu leisten hat und

der Vermieter bei der jährlichen Abrechnung eine Nachzahlung fordert, der Vermieter

  • die Darlegungs- und Beweislast für die erhobene Forderung,
  • also für die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter (in einem Mehrfamilienhaus)

trägt.

Danach sind Mieter, die beispielsweise bestreiten, dass die in einer vom Vermieter verlangten Nachzahlung auf die in den Betriebskosten enthaltenen Heizkosten nicht

  • richtig erfasst und/oder
  • verteilt worden sind,

nicht verpflichtet Anhaltspunkte vorzutragen, aus denen sich die Unrichtigkeit der ihnen in Rechnung gestellten Verbrauchswerte ergibt.

Vielmehr muss im Streitfall

  • der Vermieter die von ihm vorgenommene Verbrauchserfassung, Zusammenstellung und Verteilung darlegen und
  • unter Beweis stellen,

so dass das Gericht

  • die Zuverlässigkeit und Korrektheit beurteilen und
  • die dazu vom Vermieter angebotenen Beweise erheben kann.

Bei einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Heizkosten in einem gemeinsam versorgten Mietobjekt können, so der Senat, Mieter

  • auch die Einsichtnahme in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer hinsichtlich der Heizkosten verlangen, um sich Klarheit zu verschaffen,
    • ob der Gesamtverbrauchswert mit der Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnungen übereinstimmt,
    • ob deren Werte plausibel sind oder
    • ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit der Kostenverteilung bestehen

und besteht für Mieter

  • solange keine Verpflichtung zur Leistung der geforderten Nachzahlung,
  • solange Vermieter unberechtigt eine entsprechend begehrte Belegeinsicht verweigern (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 07.02.2018).

Was Vermieter einer Eigentumswohnung und deren Mieter wissen sollten

Der Vermieter einer Eigentumswohnung

  • hat dem Mieter gegenüber die Vorauszahlungen für Betriebskosten grundsätzlich auch dann innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzurechnen,
  • wenn der Beschluss nach § 28 Abs. 5 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) über die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft, die regelmäßig als Grundlage für die Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter genutzt wird, von den Wohnungseigentümern noch nicht gefasst wurde.

Nur wenn der Vermieter die Verspätung nach § 556 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB nicht zu vertreten hat,

  • wofür er darlegungs- und beweisbelastet ist,

kann er nach Ablauf der Frist noch eine Nachforderung gegen den Mieter geltend machen.

  • Eine hiervon abweichende Vereinbarung (im Mietvertrag) ist gemäß § 556 Abs. 4 BGB unwirksam.

Das hat der unter anderem für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 25.01.2017 – VIII ZR 249/15 – entschieden.

Will der Vermieter einer Eigentumswohnung, der nach Ablauf der Jahresfrist eine Nachforderung gegen den Mieter geltend macht,

  • sich erfolgreich darauf berufen, dass er die verspätete Abrechnung über die Vorauszahlungen nicht zu vertreten habe,
  • genügt es danach nicht, vorzutragen, dass die WEG-Abrechnung von der Hausverwaltung verspätet erstellt worden ist.

Vielmehr muss der Wohnungseigentümer konkret darlegen, was er selbst veranlasst hat, nachdem für ihn erkennbar wurde,

  • dass die Wohngeldabrechnung, die er als Grundlage für die von ihm selbst erstellte Betriebskostenabrechnung benötigt, nicht rechtzeitig vorliegen würde oder
  • die schließlich erstellte Abrechnung so fehlerhaft war, dass sie sich nicht als Grundlage für die Betriebskostenabrechnung eignet (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 25.01.2017 – Nr. 11/17 –).

Was Wohnungsmieter und Vermieter wissen sollten, wenn es nach Mietende um der Rückgabe der Mietsicherheit geht

Dem Mieter, der eine Mietsicherheit geleistet hat, steht (frühestens)

  • nach Beendigung des Mietverhältnisses und
  • Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist des Vermieters (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 24.03.1999 – XII ZR 124/97 – sowie vom 18.01.2006 – VIII ZR 71/05 –)

ein Anspruch auf Rückgabe bzw. Freigabe der Sicherheit zu.

Fällig wird der Anspruch des Mieters auf Freigabe bzw. Rückgabe der Mietsicherheit allerdings erst dann, wenn

  • auch das Sicherungsbedürfnis entfallen ist,

mithin zu dem Zeitpunkt,

  • in dem dem Vermieter keine Forderungen mehr aus dem Mietverhältnis zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen kann (BGH, Urteil vom 24.03.1999 – XII ZR 124/97 –).

Das bedeutet, stehen einem Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses beispielsweise noch berechtigte Betriebskostennachforderungen, die wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 216 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind, aus Abrechnungen für vergangene Jahre als unverjährte Forderungen zu,

  • ist der Anspruch des Mieters auf Freigabe der Kaution nicht fällig,
  • solange sich der Vermieter wegen dieser Forderungen (ihren Bestand vorausgesetzt) noch aus der Sicherheit befriedigen kann.

Sind die Betriebskostennachforderungen aus Jahresabrechnungen allerdings bereits verjährt, ist also die dreijährige (regelmäßige) Verjährungsfrist dieser Ansprüche bereits abgelaufen (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB), ist es, wenn der Mieter die Einrede der Verjährung erhebt, dem Vermieter verwehrt sich wegen dieser bereits verjährten Betriebskostennachforderungen aus der Mietsicherheit zu befriedigen.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 20.07.2016 – VIII ZR 263/14 – hingewiesen.