Tag Personalgespräch

Hess. LAG entscheidet: Einem Arbeitnehmer der ein Personalgespräch heimlich aufnimmt kann fristlos gekündigt werden

Mit Urteil vom 23.08.2017 – 6 Sa 137/17 – hat das Hessische Landesarbeitsgericht (Hess. LAG) in einem Fall, in dem von einem Arbeitnehmer

  • ein mit ihm geführtes Personalgespräch heimlich mit seinem mit aktivierter Aufnahmefunktion auf dem Tisch liegenden Smartphone aufgenommen worden war, ohne dies zu offenbaren und
  • dem der Arbeitgeber aufgrund dessen fristlos gekündigt hatte,

entschieden,

  • dass der Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war.

Begründet hat das Hess. LAG dies damit, dass das heimliche (durch den unterlassenen Hinweis auf die Aktivierung der Aufnahmefunktion seines Smartphones) Mitschneiden des Personalgesprächs das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 2 Grundgesetz (GG),

  • das auch das Recht auf Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Worts,
  • nämlich selbst zu bestimmen, ob Erklärungen nur den Gesprächspartnern, einem bestimmten Kreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen,

verletzt habe und dem Arbeitgeber angesichts dieser schwerwiegenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers,

  • auch unter Berücksichtigung seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren,

eine Weiterbeschäftigung auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar sei (Quelle: Pressemitteilung des Hess. LAG vom 02.01.2018).

Müssen Arbeitnehmer während einer Arbeitsunfähigkeit der Vorladung des Arbeitgebers zu einem Personalgespräch Folge leisten?

Wenn ein Arbeitnehmer infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist,

  • muss er grundsätzlich auch nicht auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb erscheinen,
  • um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit teilzunehmen.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn

  • das Erscheinen des Arbeitnehmers zu einem Personalgespräch ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen, die der Arbeitgeber darzulegen sowie ggf. zu beweisen hat, unverzichtbar und
  • der Arbeitnehmer zum Erscheinen gesundheitlich in der Lage ist.

Darauf hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 02.11.2016 – 10 AZR 596/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein Arbeitgeber einen arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer, weil dieser der Vorladung zu einem Personalgespräch „zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht nachgekommen war, abgemahnt hatte und
  • der Arbeitgeber Gründe für die Unverzichtbarkeit des Erscheinens des Arbeitnehmers im Betrieb nicht hatte aufzeigen können,

entschieden, dass

  • die Abmahnung zu Unrecht erfolgt war und
  • deshalb aus der Personalakte zu entfernen ist.

Nach dieser Entscheidung

  • ist ein erkrankter Arbeitnehmer, da er während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, grundsätzlich auch nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen und
  • muss der Arbeitgeber, wenn er während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit mit einem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt treten will, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern, hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigen (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 02.11.2016 – Nr. 59/16 –).