Tag Sachverständigen

Was Fahrzeugeigentümer, die die unfallbedingt anfallenden Reparaturkosten gegenüber dem Schädiger fiktiv abrechnen wollen, wissen

…. und beachten sollten.

Der Eigentümer eines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Pkws kann grundsätzlich vom Schädiger,

  • sofern die (weiteren) Voraussetzungen hierfür vorliegen.

als Schadensersatz verlangen,

  • entweder die tatsächlich angefallenen 
  • oder die ausweislich eines Sachverständigengutachtens erforderlichen (fiktiven) 

Reparaturkosten, wobei, wenn der Geschädigte die fiktive Schadensberechnung wählt, er dabei 

  • die von dem Sachverständigen nach den Preisen einer Fachwerkstatt geschätzten Reparaturkosten auch dann ansetzen kann, wenn 
    • die Reparatur von einer „freien“ Werkstatt, 
    • von Schwarzarbeitern, 
    • vom Geschädigten selbst oder 
    • überhaupt nicht ausgeführt worden sein sollte,

der Schädiger ihn jedoch auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder „freien“ Fachwerkstatt verweisen kann, wenn er 

  • darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und 
  • der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (dazu wann Unzumutbarkeit vorliegen kann und wann nicht vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16 –).

Hat der Geschädigte seinen Kraftfahrzeugsachschaden allerdings 

  • sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren lassen, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat und 
  • unterschreiten die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten,

so beläuft sich,

  • weil Geschädigte ansonsten an dem Schadensfall verdienen würde, was dem Verbot widerspräche, sich durch Schadensersatz zu bereichern,  

auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung 

  • der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) 

auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten und hat der Geschädigte keinen Anspruch auf Zahlung 

  • des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, 
  • soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt. 

Darauf und dass aufgrund dessen eine Klage des Geschädigten, 

  • mit der er Ersatz der ausweislich eines Sachverständigengutachtens erforderlichen (fiktiven) Reparaturkosten geltend gemacht und 

in der er selbst dargelegt hatte, die Möglichkeit einer 

  • vollständigen und fachgerechten, 
  • aber preiswerteren 

Reparatur wahrgenommen zu haben, 

  • unschlüssig

ist, ist vom VI. Zivilsenat des BGH 

hingewiesen worden.

Offen geblieben ist aber die Frage, ob ein Geschädigter, der 

  • seinen Kraftfahrzeugsachschaden sach- und fachgerecht in dem vom Sachverständigen festgestellten Umfang hat reparieren lassen, 

wenn 

  • er auf Gutachtenbasis abrechnet und
  • die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten unterschreiten.

im Schadensersatzprozess 

  • den tatsächlichen Aufwand darlegen muss

Diese Frage ist im Hinblick darauf, dass nach der Entscheidung des BGH (s.o.) ein Geschädigter in einem solchen Fall auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung 

  • keinen Anspruch 

hat auf Zahlung des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, 

  • soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt, 

jedenfalls dann zu bejahen, wenn 

  • die Reparatur bereits vor Klageerhebung durchgeführt wurde, 

da der Geschädigte ansonsten

  • sich nicht nur über tatsächliche Umstände nicht nach § 138 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) vollständig erklären,
  • sondern auch den objektiven Tatbestand des versuchten Betruges (§ 263 Abs. 1 und 2 Strafgesetzbuch (StGB)) verwirklichen würde.

Das Oberlandesgericht (OLG) München, 

übersieht dies und dass deswegen ein Geschädigter, wenn er den Kraftfahrzeugsachschaden bereits 

  • sach- und fachgerecht in dem vom Sachverständigen festgestellten Umfang 

hat reparieren lassen, den Schaden 

  • nur noch konkret und 
  • nicht mehr fiktiv 

abrechnen kann.

Wenn das gekaufte Brautkleid nach noch kurz vor der Hochzeit vorgenommener Änderung an der Passung nicht passt

Passt das schon länger vor der Hochzeit bei einem Geschäft für Brautmoden mit eigener Änderungsschneiderei gekaufte Brautkleid nach 

  • von der Schneiderin dieses Geschäfts kurz vor der Hochzeit 

vorgenommener Änderungen an der Passung nicht, muss dem Verkäufer des Kleides grundsätzlich zunächst die Chance gegeben werden, 

  • die aus Sicht der Braut dafür ursächlichen Mängel 

nachzubessern, bevor 

  • mit der Nachbesserung eine andere Schneiderei beauftragt wird und dadurch 

weitere Kosten verursacht werden.

Nur dann, wenn

  • der Verkäufer die Nachbesserung verweigert oder
  • die Nachbesserung durch den Verkäufer gescheitert oder
  • es unzumutbar ist, etwa mangels (ausreichender) Vertrauenswürdigkeit des Verkäufers, diesen die Möglichkeit einer Nachbesserung einzuräumen, 

darf,

  • ohne zuvor dem Verkäufer eine Chance zur Nachbesserung gegeben zu haben,

ein Dritter mit der Mängelbeseitigung beauftragt werden.

  • Wer dies nicht beachtet, kann auf den Kosten für die bei einem Dritten in Auftrag gegebene Nachbesserung sitzen bleiben.

Diese für sie bittere Erfahrung hat auch eine Braut machen müssen, die etwa sieben Monate vor ihrer geplanten Hochzeit für 2.548 Euro in einem Geschäft für Brautmoden mit eigener Änderungsschneiderei ein neues Brautkleid gekauft hatte und die,

  • weil das Kleid, nachdem von der Schneiderin des Verkäufers ca. zwei Wochen vor der Hochzeit Änderungen an der Passung vorgenommen worden waren, nicht passte,

ohne dem Verkäufer die Möglichkeit der Nachbesserung gegeben zu haben, 

  • mit den erforderlichen Änderungen eine andere Schneiderei beauftragt und 
  • im Hinblick auf einen möglichen Rechtsstreit ein Sachverständigengutachten über die bei dem gekauften Kleid vorhandenen Mängel eingeholt hatte. 

Ihre Klage

  • auf Ersatz dieser Nachbesserungs- und Sachverständigenkosten 

gegen den Verkäufer des Brautkleides hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 27.03.2020 – 16 O 8200/17 – abgewiesen (Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg).

Übrigens:
Das oben Ausgeführte gilt nicht nur beim Kauf von Brautkleidern, sondern auch beim Kauf von allen anderen Sachen, die sich als mangelhaft herausstellen.

Was Eigentümer eines bei einem Unfall beschädigten Autos, die den Weg der sog. fiktiven Abrechnung der Reparaturkosten

…. auf der Grundlage eines von ihnen eingeholten Sachverständigengutachtens wählen, wissen und gegebenenfalls beachten sollten.

Der Eigentümer eines bei einem Unfall beschädigten Autos, derden Ersatz fiktiver Reparaturkosten, kann sich im Allgemeinen zwar damit begnügen, den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens,

  • das hinreichend ausführlich ist und
  • das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden,

zu berechnen, muss sich aber gleichwohl,

  • unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

auf die günstigere Reparatur in einer für ihn mühelos und ohne weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen lassen muss, wenn der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer

  • darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und
  • vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.

Auf eine solche günstigere Werkstatt muss sich der Geschädigte auch dann verweisen lassen, wenn der Reparaturkostenkalkulation des von ihm beauftragten Sachverständigen bereits mittlere ortsübliche Stundensätze nicht markengebundener Fachwerkstätten zugrunde liegen.

Ebenfalls nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten entscheidet sich die Frage der „Ersatzfähigkeit der UPE-Aufschläge“.

Eine günstigere Reparaturabrechnungsmöglichkeit kann sich demzufolge,

  • auch wenn der Geschädigte, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen,
  • dieser grundsätzlich die üblichen Ersatzteilkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen darf, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat,

daraus ergeben, dass die Referenzwerkstatt günstigere Ersatzteilpreise,

  • beispielsweise ohne solche UPE-Aufschläge,

anbietet, so dass

BGH entscheidet, wann nach einem Verkehrsunfall die Abtretung des Anspruchs auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten

…. durch den Geschädigten, der die Erstellung des Schadensgutachtens in Auftrag gegeben hat,

  • an den Sachverständigen unwirksam ist und
  • damit auch eine Weiterabtretung an eine zu Inkassodienstleistungen berechtigte Verrechnungsstelle.

Mit Urteil vom 17.07.2018 – VI ZR 274/17 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass in den Fällen, in denen

  • ein Kraftfahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt wird, für den der Schädiger unstreitig zu 100% einstandspflichtig ist,
  • der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragt hat und

der dabei vom Geschädigten und vom Sachverständigen unterzeichnete, für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte „Gutachtensauftrag“ eine formularmäßige Klausel enthält,

  • nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch „zur Sicherung“ und „erfüllungshalber“ seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt,

diese Klausel (jedenfalls dann),

  • wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

insgesamt unwirksam ist, wenn sie zugleich die Regelung vorsieht,

  • „dass durch diese Abtretung die Ansprüche des Sachverständigen aus diesem Vertrag gegen den Auftraggeber nicht berührt werden,
  • diese nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung bei der gegnerischen Versicherung oder dem Schädiger zu jeder Zeit gegen den Auftraggeber geltend gemacht werden können,
  • im Gegenzug der Sachverständige dann jedoch Zug um Zug gegen Erfüllung auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern verzichtet“

und auf demselben Formular

  • eine Weiterabtretung des Schadensersatzanspruchs vom Sachverständigen an einen Dritten (hier: zu Inkassodienstleistungen berechtigte Verrechnungsstelle) vorgesehen ist.

Aus der Klausel wird nach Auffassung des Senats für den durchschnittlichen Unfallgeschädigten nämlich nicht hinreichend deutlich,

  • welche Rechte ihm gegenüber dem Sachverständigen zustehen sollen,
  • wenn der Sachverständige nach „zur Sicherung“ und „erfüllungshalber“ erfolgter (Erst-) Abtretung des Schadensersatzanspruchs den ihm nach der Klausel verbleibenden vertraglichen Honoraranspruch geltend macht,

so dass aufgrund dessen

  • bereits die (Erst-) Abtretung vom Geschädigten an den Sachverständigen unwirksam.

Wichtig zu wissen für Käufer und Verkäufer einer Ware, wenn der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft ist

Ist der Kauf einer Ware für

  • Käufer und Verkäufer ein Handelsgeschäft nach § 343 Handelsgesetzbuch (HGB)

muss der Käufer nach § 377 Abs. 1 HGB die Ware

  • unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer,

soweit dies einem ordentlichen Kaufmann

  • im Rahmen der eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen im konkreten Eizelfall und
  • auch unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers

zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zumutbar ist, zu untersuchen und,

  • wenn sich ein Mangel zeigt,

dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

  • Verstößt der Käufer gegen diese Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gilt die Ware hinsichtlich der Mängel, die bei einer Untersuchung erkennbar waren bzw. erkennbar gewesen wären gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt, mit der Folge, dass insoweit keine Gewährleistungsansprüche mehr geltend gemacht werden können.

Anhaltspunkte für die Grenzen dessen, was einem Käufer zur Erfüllung seiner Untersuchungsobliegenheit zuzumuten ist, bilden vor allem

  • der für eine Überprüfung erforderliche Kosten- und Zeitaufwand,
  • die dem Käufer zur Verfügung stehenden technischen Prüfungsmöglichkeiten,
  • das Erfordernis eigener technischer Kenntnisse für die Durchführung der Untersuchung beziehungsweise die Notwendigkeit, die Prüfung von Dritten vornehmen zu lassen.

Ist für bestimmte Bereiche des Handelsverkehrs eine besondere Art der Untersuchung des Kaufgegenstands auf etwa vorhandene Mängel

  • üblich und
  • besteht damit insoweit ein Handelsbrauch (§ 346 HGB),

kann dies die Art und den Umfang der Untersuchungsobliegenheit beeinflussen, wobei, wer einen Handelsbrauch schlüssig darlegen will,

  • sich nicht mit der bloßen Behauptung begnügen darf,
    • dass in einem bestimmten Geschäftsbereich üblicherweise etwas in einer bestimmten Weise gehandhabt wird,
  • sondern konkrete Anknüpfungstatsachen vortragen muss,
    • die den Schluss auf eine in räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht ausreichende einheitliche, auf Konsens der beteiligten Kreise hindeutende Verkehrsübung in Bezug auf einen bestimmten Vorgang zulassen.

Durch von ihm verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) kann ein Verkäufer

  • Art und Umfang einer gebotenen Untersuchung zwar in bestimmter Weise, etwa hinsichtlich der zu untersuchenden Eigenschaften und der dabei vorzugsweise anzuwendenden Methoden, konkretisieren und gegebenenfalls auch generalisieren, sofern
    • dies durch die Umstände veranlasst oder durch eine in dieser Richtung verlaufende Verkehrsübung vorgezeichnet ist und
    • die Konkretisierung oder Generalisierung eine hinreichende Rücksichtnahme auf die beiderseitigen Interessen erkennen lässt.

Unangemessen benachteiligend ist bzw. wäre es aber, wenn eine solche Klausel ohne nähere Differenzierung nach Anlass und Zumutbarkeit

  • stets eine vollständige Untersuchung der Ware auf ein Vorhandensein aller nicht sofort feststellbarer Mängel fordert und
  • keinen Raum für Abweichungen lässt, in denen eine Untersuchung vernünftigerweise unangemessen ist oder dem Käufer sonst billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann.

Auch kann,

  • mangels Vereinbarkeit mit dem Zweck der Untersuchungsobliegenheit,

der Verkäufer in seinen AGBs dem Käufer nicht die Untersuchung der Ware durch einen neutralen Sachverständigen vorschreiben.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 06.12.2017 – VIII ZR 246/16 – hingewiesen.