Tag Schadensfolgen

Was man wissen sollte, wenn man klageweise Schmerzensgeldansprüche wegen erlittener Verletzungen geltend macht

Verlangt ein Geschädigter vom Schädiger für erlittene Körperverletzungen

  • uneingeschränkt

ein Schmerzensgeld, so werden

  • durch den gerichtlich zuerkannten Betrag

alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die

  • entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder
  • deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte.

Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen.

Solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt

  • noch nicht eingetreten waren und
  • deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war,

mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Rechtsfolge nicht umfasst und

  • können deshalb Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein.

Ob Verletzungsfolgen im Zeitpunkt der Zuerkennung eines Schmerzensgeldes erkennbar waren, beurteilt sich

  • nicht nach der subjektiven Sicht der Parteien oder der Vollständigkeit der Erfassung des Streitstoffes durch das Gericht,
  • sondern nach objektiven Gesichtspunkten,
    • das heißt nach den Kenntnissen und Erfahrungen der einschlägigen medizinischen Fachkreise.

Maßgebend ist, ob sich bereits in jenem Verfahren eine Verletzungsfolge als derart nahe liegend darstellte, dass sie schon damals bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden konnte, wobei

Allerdings kann der Schmerzensgeldanspruch, wie jeder andere auf Zahlung einer Geldsumme lautende Anspruch,

  • auch nur teilweise geltend gemacht werden.

So kann ein Geschädigter

  • im Wege einer offenen Teilklage

insbesondere eine Beschränkung auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufgetretenen Verletzungsfolgen vornehmen (sog. zeitlich unbegrenztes Teilschmerzensgeld), vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.01.2004 – VI ZR 70/03 –.

Darauf hat der 10. Zivilsenat des OLG München mit Urteil vom 24.02.2017 – 10 U 3261/16 – hingewiesen.

Was mehrfach fehlerhaft operierte Patienten wissen sollten

Unterläuft bei der (ersten) Operation eines Patienten dem operierende Arzt

  • ein Behandlungsfehler, der eine nachfolgende Revisionsoperation erforderlich macht,
  • die in einem anderen Krankenhaus durchgeführt wird,

haftet der für die erste Operation verantwortliche Arzt bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus,

  • grundsätzlich auch für die Folgen von groben Behandlungsfehlern bei der nachfolgenden Revisionsoperation.

Lediglich dann, wenn der die Zweitschädigung herbeiführende Arzt die ärztliche Sorgfaltspflicht

  • nicht nur grob,
  • sondern in außergewöhnlich hohem Maße verletzt, d.h., einen besonders groben Behandlungsfehler begeht,

entfällt der Zurechnungszusammenhang zu dem früheren Behandlungsfehler (bei der ersten Operation) und

  • ist der nach der Revisionsoperation eingetretene Schaden im Rahmen einer haftungsrechtlichen Bewertung allein dem Handeln des die Revisionsoperation durchführenden Arztes zuzuordnen.

Darauf hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) mit Urteil vom 15.11.2016 – 26 U 37/14 – hingewiesen.

Für Patienten, die mehrfach fehlerhaft operiert worden sind, ist diese Entscheidung deshalb von erheblicher Bedeutung, weil,

  • wenn ein Fall vorliegt, in dem der Erstoperateur bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus für sämtliche Schadensfolgen haftet, die auf die behandlungsfehlerhafte Erstoperation zurückzuführen sind,

die geschädigten Patienten in solchen Fällen,

  • ihren gesamten Schaden von dem Erstoperateur bzw. dem für die erste Operation verantwortlichen Krankenhaus verlangen können und
  • demzufolge im Streitfall auch nur diesen Erstoperateur bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus verklagen müssen.