Tag Schätzung

Autofahrer sollten wissen, dass zum Nachweis eines Geschwindigkeitsverstoßes eine bloße polizeiliche Schätzung

…. ohne weitere tatsächliche Feststellungen,

  • insbesondere zu einem besonderen Fahrverhalten oder
  • dessen Auswirkung auf andere Verkehrsteilnehmer,

in der Regel nicht reicht.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Dortmund mit Urteil vom 06.02.2018 – 729 OWi 379/17 – hingewiesen und im Fall eines Autofahrer,

  • dem vorgeworfen worden war, in einer 30-Zone zu schnell gefahren zu sein und
  • der sich vor Ort gegenüber der Polizei auf Vorhalt dahingehend geäußert hatte, dass es stimme, dass er zu schnell gewesen sei,

entschieden, dass es für

  • den Nachweis einer Geschwindigkeitsüberschreitung und damit

eine Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht ausreicht, wenn

  • die von einem Autofahrer gefahrene Geschwindigkeit
    • nicht durch eine Messung festgestellt worden ist,
    • sondern lediglich auf der Schätzung eines Polizeibeamten beruht,
  • der Polizeibeamte weder sagen kann, aus welchen Umständen er auf die gefahrene Geschwindigkeit geschlossen hat, noch Anhaltspunkte wiedergeben kann, die irgend einen Schluss auf die gefahrene Geschwindigkeit erlauben und
  • der Autofahrer sein Geständnis, zu schnell gefahren zu sein, widerruft.

Vielmehr sei, so das AG, falls eine konkrete Geschwindigkeitsfeststellung fehle,

  • auch bei einem Geständnis zunächst vor Ort,

notwendig,

  • entweder ein besonders Fahrverhalten oder
  • ein hierdurch bedingtes Fahrverhalten anderer Verkehrsteilnehmer,

aus dem sich schließen lasse, dass der betroffene Autofahrer zu schnell gewesen ist.

Was ein bei einem Verkehrsunfall Geschädigter, der vom Schädiger die Kosten des Schadensgutachtens erstattet haben will, wissen sollte

Wer nach einem von einem anderen verursachten Verkehrsunfall bei dem sein PKW beschädigt wurde

  • über die Schadenshöhe ein Sachverständigengutachten anfertigen lässt und
  • vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherung die Kosten für das von ihm in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten erstattet haben möchte,

muss wissen, dass ihm,

  • weil er nur solche Kosten eines Schadensgutachtens erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in seiner Lage zur Behebung des Schadens zweckmäßig sowie notwendig erscheinen und
  • er im Rahmen des ihm Zumutbaren gehalten ist den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann,

im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten (bzw. später berechneten) Preise obliegt.

  • Zwar ist ein Geschädigter grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen und auch nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.
  • Allerdings verbleibt für ihn dabei dann das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist.

Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen nämlich als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erweisen, mit der Folge, dass der Geschädigte dann

  • nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen kann,
  • deren Höhe im Streitfall das Gericht gemäß § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) zu bemessen hat.

Die Plausibilitätskontrolle entsprechend den vorstehenden Grundsätzen durch den Geschädigten schließt auch eine gesonderte Überprüfbarkeit

  • einzelner Positionen von neben dem Grundhonorar geltend gemachten Nebenkosten (wie Fahrtkosten, Kosten für Fotografien und Kopien, Schreibgebühren sowie Porto- und Telefonkosten)

aus der Sachverständigenrechnung mit ein.

Eine solche Plausibilitätskontrolle hinsichtlich der Nebenkosten ist einem Geschädigten zumutbar, weil

für jeden Geschädigter somit unschwer erkennbar ist, ob die von seinem Sachverständigen berechnete Nebenkosten den tatsächlich erforderlichen Aufwand deutlich überschreiten oder nicht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 – und Landgericht (LG) Bremen, Urteil vom 02.09.2016 – 3 S 289/15 –).

Zur Vermeidung des Risikos, möglicherweise einen Teil der Sachverständigenkosten nicht erstattet zu bekommen, empfiehlt es sich daher,

  • sich vor der Beauftragung eines Sachverständigen über die Kosten zu informieren und
  • gegebenenfalls einen Sachverständigen zu wählen,
    • der auch Gerichtsgutachten erstellt oder
    • einer großen Sachverständigenorganisation (z.B. DEKRA, TÜV) angehört.

Nicht alle Kosten, die ein vom Unfallgegner mit der Schadensbegutachtung beauftragter Sachverständiger in Rechnung stellt, muss der Schädiger auch zahlen

Beauftragt nach einem Verkehrsunfall der Geschädigte einen Sachverständigen seiner Wahl mit der Begutachtung seines beschädigten Fahrzeugs gehören die Sachverständigenkosten zwar zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs

  • erforderlich und
  • zweckmäßig ist.

Für den Geschädigten verbleibt dabei allerdings,

  • wenn es nach Erstellung des Gutachtens zum Streit mit dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung darüber kommt,
  • ob die von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten angemessen oder überhöht sind,

das Risiko,

  • dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt hat, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 12.07.2005 – VI ZR 132/04 –; vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06 – und vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13 –).

Denn gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand

  • nur die Kosten erstattet verlangen,
  • die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen.

Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.

  • Im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots obliegt dem Geschädigten grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten oder später berechneten Preise.
  • Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss nämlich Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen.
    Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen.

Ob bzw. welche Kosten für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlich waren, hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen (vgl. BGH, Urteile vom 09.12.2014 – VI ZR 138/14 – und vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13 –).

Der von dem Sachverständigen erstellten Rechnung kann bei dieser richterlichen Schadensschätzung eine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten

  • nur beigemessen werden, wenn der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen bezahlt hat,
  • nicht dagegen, wenn die Rechnung des Sachverständigen vom Geschädigten nicht bezahlt wurde, sondern der Sachverständige Bezahlung seiner Rechnung aus abgetretenem Recht vom Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung verlangt, weil dem Geschädigten in diesem Fall insoweit kein Kostenaufwand entstanden ist.

Zur Schätzung der bei der Begutachtung angefallenen und erforderlichen Nebenkosten können als Orientierungshilfe die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) herangezogen werden.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 – hingewiesen.

Danach ist dem Geschädigten somit eine Plausibilitätskontrolle hinsichtlich der Nebenkosten zumutbar.
Denn, so der Senat, sowohl bei den Aufwendungen für Fahrten mit dem Auto als auch denen für Fotos, Kopien und Druck handelt es sich – auch wenn sie im Rahmen eines Geschäftsbetriebs angefallen sind – um Kosten des täglichen Lebens, mit denen ein Erwachsener üblicherweise im Alltag konfrontiert ist und deren Höhe er typischerweise auch ohne besondere Sachkunde abschätzen kann.
Er kann deshalb erkennen, dass beispielweise berechnete Nebenkosten für Fahrten von 1,05 € pro Kilometer, für Fotos von 2,05 € pro Foto und für Kopien von 1 € pro Seite den tatsächlich erforderlichen Aufwand deutlich überschreiten.

Zur Vermeidung des Risikos, möglicherweise einen Teil der Sachverständigenkosten nicht erstattet zu bekommen, empfiehlt es sich daher, sich vor der Beauftragung eines Sachverständigen über die Kosten zu informieren und gegebenenfalls einen Sachverständigen zu wählen, der auch Gerichtsgutachten erstellt oder einer großen Sachverständigenorganisation (z.B. DEKRA, TÜV) angehört.