Tag Spendersamen

Was Frauen, die eine gleichgeschlechtliche Ehe geschlossen haben, über die rechtliche Elternstellung wissen sollten, wenn

…. die Ehefrau durch künstliche Befruchtung Mutter wird.

Mit Beschluss vom 10.10.2018 – XII ZB 231/18 – hat der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn

  • zwei Frauen die Ehe geschlossen haben und

eine Ehegattin,

  • aufgrund gemeinsamen Entschlusses der beiden Frauen durch medizinisch assistierte künstliche Befruchtung mit Spendersamen einer Samenbank,

Mutter eines Kindes wird,

  • die andere nicht (allein) aufgrund der bestehenden Ehe „als weiteres Elternteil bzw. als weitere Mutter“ im Geburtenregister einzutragen ist.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • das deutsche bürgerliche Recht nur die Zuordnung einer einzigen Mutter kraft Gesetzes kennt, nämlich nach § 1591 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Frau, die das Kind geboren hat und
  • 1592 Nr. 1 BGB, der nach seinem klaren Wortlaut allein die Vaterschaft regelt und diese einem bestimmten Mann zuweist, nicht entsprechend anwendbar ist.

Somit kann, nach der derzeitigen Rechtslage, die Ehefrau der Kindesmutter eine rechtliche Elternstellung nur durch eine Adoption des Kindes nach § 1741 Abs. 2 Satz 3 BGB erlangen, wobei auf diesem Weg dann

  • sowohl die Rechte des betroffenen Kindes gewahrt werden,
  • als auch über die Vorschrift des § 1747 BGB die Rechte des in solchen Fallgestaltungen notwendigerweise zusätzlich zu den beiden Ehegatten existierenden biologischen Vaters (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 18.02.2015 – XII ZB 473/13 –).

Was durch Spendersamen gezeugte Kinder, deren Eltern und die Samenspender wissen sollten

Haben Eltern zur Realisierung ihres Kinderwunsches

  • bei der Kindsmutter eine künstliche heterologe Insemination durchführen lassen und
  • zu diesem Zweck mit einer Samenbank einen Vertrag geschlossen, nach dem die Samenbank verpflichtet war auf Anforderung des behandelnden Gynäkologen Spendersamen zu liefern,

kann ein Kind, das durch den von der Samenbank gelieferten Spendersamen gezeugt worden ist, von der Samenbank

  • Auskunft über die Identität des Samenspenders verlangen,
  • d.h. die Nennung alle relevanten Daten des Samenspenders wie Namen, Geburtsdatum, Personalausweisnummer und Anschrift zum Zeitpunkt der Samenspende

und zwar auch dann, wenn von den Eltern mit notarieller Vereinbarung gegenüber dem natürlichen Vater und dem behandelnden Arzt auf einen eventuellen Anspruch auf Preisgabe der Identität des natürlichen Vaters verzichtet worden ist.

Das hat das Amtsgericht (AG) Wedding mit Urteil vom 27.04.2017 – 13 C 259/16 – entschieden.

Nach Auffassung des AG

  • leitet sich dieser Auskunftsanspruch aus der durch den Vertrag der Eltern mit der den Spendersamen liefernden Samenbank ab, bei dem es sich – ebenso wie der Behandlungsvertrag zwischen Wunscheltern und einer Klinik für Reproduktionsmedizin – um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des zu zeugenden Kindes handelt, der mit der Geburt des Kindes eine die Auskunftspflicht nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) rechtfertigende rechtliche Sonderbeziehung zu dem Kind begründet

und

  • kommt dem verfassungsrechtlich geschützten Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung gegenüber dem ebenfalls dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterfallenden Recht des Samenspenders auf informationelle Selbstbestimmung vor dem Hintergrund, dass sich der Samenspender bewusst mit einem maßgeblichen Beitrag an der Zeugung menschlichen Lebens beteiligt hat und hierfür eine soziale und ethische Verantwortung trägt, regelmäßig ein höheres Gewicht zu.

Hingewiesen hat das AG ferner darauf, dass der Auskunftsanspruch durch die Eltern als die gesetzlichen Vertreter im Interesse eines noch minderjährigen Kindes geltend gemacht werden kann,