Tag Straßenbahn

Wer hat Vorrang, wenn bei einer über die Straßenbahnschienen führenden Fahrspur die Ampel sowohl

…. für Kraftfahrzeuge als auch für die Straßenbahn Grünlicht zeigt?

Mit Urteil vom 13.04.2018 – 7 U 36/17 – hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm darauf hingewiesen, dass bei einer Ampelphasenschaltung

  • mit Grünlicht für linksabbiegende Kraftfahrzeuge, die die Straßenbahnschienen kreuzen, und
  • ebenfalls Grünlicht für die Straßenbahn

die Straßenbahn Vorrang hat und dass bei einer Kollision zwischen einem PKW und einer Straßenbahn in einem solchen Fall,

  • sollte dem Straßenbahnfahrer weder eine für den Unfall (mit)ursächliche Geschwindigkeitsüberschreitung, noch eine verspätete Reaktion nachgewiesen werden können,

der PKW-Fahrer für die Unfallfolgen zu 100 % verantwortlich sein kann.

Autofahrer, die bei Grünlicht einer Ampel für sie, Straßenbahnschienen kreuzen möchten, sollten deshalb,

  • bevor sie auf die Schienen fahren, Straßenbahnen passieren lassen und
  • sich nicht darauf verlassen, dass die Ampel so geschaltet ist, dass ein gleichzeitiges Befahren der Straßenbahnschienen durch den Individualverkehr und durch eine Straßenbahn ausgeschlossen ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 13.06.2018).

Blockiert ein falsch geparktes Auto Straßenbahnschienen kann das für den Autofahrer unter Umständen teuer werden

Mit Urteil vom 17.08.2017 – 32 C 3586/16 (72) – hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem ein Autofahrer in einer Stadt mit öffentlichem Straßenbahnnetz sein Fahrzeug so geparkt hatte, dass

  • eine Straßenbahn nicht mehr fahrplanmäßig fahren konnte und
  • deswegen im Zeitraum bis das Fahrzeug abgeschleppt werden konnte von dem Betreiber des öffentlichen Straßenbahnnetzes ein Schienenersatzverkehr durch Taxis für die Fahrgäste eingerichtet worden war,

nämlich entschieden, dass

  • der Autofahrer dem Betreiber des öffentlichen Straßenbahnnetzes die durch den Schienenersatzverkehr angefallenen Taxikosten ersetzen muss.

Begründet hat das AG dies damit,

  • dass der Autofahrer durch sein Fehlverhalten die bestimmungsmäßige Nutzungsmöglichkeit der Straßenbahngleise vollständig aufgehoben,
  • dadurch das Eigentum des Betreibers des öffentlichen Straßenbahnnetzes verletzt hatte

und

  • der Betreiber des öffentlichen Straßenbahnnetzes, auf der Grundlage des Personenbeförderungsgesetzes in Verbindung mit seiner Beauftragung seitens der Stadt, die Schienenverkehrsleistungen zu erbringen, verpflichtet war für einen Schienenersatzverkehr zu sorgen.

Was man wissen sollte, wenn man sich in der Straßenbahn bei einem Bremsmanöver des Straßenbahnführers verletzt hat

Verletzt sich ein Fahrgast bei einem Bremsmanöver der Straßenbahn haftet der Straßenbahnbetreiber dem Fahrgast gegenüber auf Schadensersatz sowie Schmerzensgeld

  • aus §§ 823, 831, 249 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw. §§ 611 ff., 280, 278, 249 ff. BGB, wenn
    • eine schuldhafte Pflichtwidrigkeit des Straßenbahnführers vorgelegen hat,
    • also das Bremsmanöver verkehrsbedingt nicht zwingend erforderlich war,
  • aber auch aus – verschuldensunabhängiger – Gefährdungshaftung nach §§ 1 Abs. 1 Haftpflichtgesetz (HaftpflichtG), 249 ff. BGB
    • für die bei dem Betrieb der Straßenbahn erlittenen Verletzungen,
    • sofern der Unfall nicht durch höherer Gewalt verursacht worden ist (vgl. § 1 Abs. 2 HaftpflichtG).

Allerdings kann,

  • auch wenn danach eine Haftung des Straßenbahnbetreibers dem Grunde nach gegeben ist,

den Fahrgast ein bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes anspruchsminderndes Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) treffen und

Welche Anforderungen an Passagiere einer Straßenbahn im Rahmen des zu prüfenden Mitverschuldens zu stellen sind, ist stets eine Einzelfallfrage und anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Falles zu beurteilen.

Ein bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes Verschulden liegt aber beispielsweise dann vor, wenn ein Fahrgast sich, entgegen der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen, im Fahrzeug keinen festen Halt verschafft.

Ob stets ein Festhalten mit beiden Händen erforderlich ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich gesehen.
Erforderlich ist jedoch zumindest, dass der Fahrgast verkehrsangepasste Sicherheitsvorkehrungen zur Verschaffung eines sicheren Halts und zur Vermeidung von Sturzereignissen ergreift.
Insbesondere im Stadtverkehr muss ein Fahrgast dabei auch mit plötzlichen Bremsmanövern jederzeit rechnen und diese bei der Wahl der Sicherheitsvorkehrungen in Rechnung stellen.

  • Kommt ein Fahrgast bei einem Bremsmanöver der Straßenbahn zu Fall, spricht bereits der erste Anschein dafür, dass er sich nicht ausreichend festgehalten hatte.

Berücksichtigung finden kann im Rahmen des Mitverschuldens aber auch, ob ein vorhandener Sitzplatz ohne zwingende Notwendigkeit frühzeitig verlassen wurde (so LG Köln, Urteil vom 14.02.2017 – 25 O 160/16 –).