Tag Tagesmutter

Eltern, die einen Kita-Platz suchen, sollten wissen, dass für einjährige Kinder Kita-Plätze nach dem jeweiligen

…. konkreten zeitlichem Betreuungsbedarf der Eltern zur Verfügung gestellt bzw. geschaffen werden müssen.

Mit Beschluss vom 31.07.2018 – 8 L 700/18 – hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Aachen entschieden, dass einjährige Kinder Anspruch auf einen Kita-Platz haben,

  • dessen Umfang sich an dem zeitlichen Betreuungsbedarf der Eltern orientiert,

was bedeutet, dass,

  • wenn Eltern beispielsweise nachweisen, aufgrund ihrer Arbeits- und Wegezeiten eine werktägliche Betreuung in der Zeit von 8:00 bis 17:00 Uhr zu bedürfen,

der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet ist,

  • für das Kind nach diesem zeitlichen Betreuungsbedarf der Eltern einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung einzurichten und
  • diesen Anforderungen eine von der Stadt wochentags zur Verfügung gestellte Betreuung in der Kindertageseinrichtung in der Zeit von 7:30 bis 16:30 Uhr nicht genügt.

Denn, so die Kammer, der einklagbare Anspruch gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder der Kindertagespflege nach § 24 Abs. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII),

  • der Kindern in der Zeit zwischen Vollendung des ersten bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres zustehe,

stehe nicht unter einem Kapazitätsvorbehalt, d.h. der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat dafür Sorge zu tragen, dass

  • eine am konkreten Bedarf ausgerichtete ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen geschaffen oder durch geeignete Dritte (etwa freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen) bereitgestellt werden und
  • dabei sichergestellt ist, dass in zeitlicher Hinsicht – beispielsweise durch Veränderung oder Streckung der Öffnungszeiten – dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes und seiner Erziehungsberechtigten entsprochen wird.

Übrigens:
Haben Erziehungsberechtigte für ihr einjähriges Kind primär als Betreuungsform die Kindertagesstätte gewählt, darf der Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf eine Betreuung in der Kindertagespflege (etwa durch eine Tagesmutter) erst dann verweisen, wenn er nachgewiesen hat, dass die Kapazität in der primär gewählten Betreuungsform erschöpft ist (Quelle: Pressemitteilung des VG Aachen vom 01.08.2018).

Wichtig zu wissen für Eltern die einen Betreuungsplatz für ihr unter dreijähriges Kind suchen

Mit Beschluss vom 20.07.2017 – 6 L 1177/17 – hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angeordnet, dass die Stadt Münster einem im Februar 2016 geborenen und im Innenstadtbereich Münster wohnenden Kind

  • einen Betreuungsplatz zur frühkindlichen Förderung mit dem Betreuungsumfang von 45 Stunden wöchentlich in einer Kindertageseinrichtung,
  • die in nicht mehr als 15 Minuten von der elterlichen Wohnung erreichbar ist.

zur Verfügung stellen muss.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war von den beiden in Vollzeit erwerbstätigen Eltern des Kindes für ihr Kind gestellt worden, nachdem

  • sie ab April oder spätestens August 2017 einen Platz für ihr Kind in der Kindertagesbetreuung für 45 Stunden wöchentlich gesucht sowie
  • ihr Kind im sogenannten Kita-Navigator angemeldet,
  • dort das Kind bei insgesamt 14 Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen vorgemerkt hatten und

ihnen Ende Mai 2017 vom Jugendamt mitgeteilt worden war,

  • dass das aktuelle Platzangebot bedauerlicherweise nicht ausreiche, um für alle vorgemerkten Kinder Plätze zuzusagen und
  • in der Folgezeit von den Eltern insgesamt drei Stellen der Kindertagespflege („Tagesmutter“), die das Jugendamt angeboten hatte, abgelehnt worden waren.

Erfolg hatte der Antrag deshalb, weil

  • unter dreijährige Kinder einen Anspruch auf frühkindliche Förderung
    • in einer öffentlich geförderten Tageseinrichtung oder
    • in Tagespflege haben,
  • der Träger der Jugendhilfe seine Verpflichtung zur Förderung der Kinder zwar gleichermaßen
    • mit dem Nachweis eines zumutbaren Platzes in einer Kindertagesstätte und
    • mit dem Nachweis eines zumutbaren Platzes in der Kindertagespflege erfüllen kann,
  • er grundsätzlich aber verpflichtet ist, den Leistungsberechtigten auch die ihren Wünschen entsprechende Betreuungsform zu vermitteln,
  • dieses Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten nur dann seine Grenze findet, wenn keine Plätze in der gewünschten Betreuungsform vorhanden sind und

der Träger der Jugendhilfe, den ihm obliegenden Nachweis der Erschöpfung der Kapazitäten,

  • der voraussetzt, dass ein sachgerecht ausgestaltetes und durchgeführtes Verfahren zur Vergabe der städtischen Kindergartenplätze stattgefunden hat,

nicht hatte führen können.

Abgesehen davon war es auch so, dass die angebotenen Kindertagespflegestellen

  • entweder nicht die Arbeitszeiten der Eltern abdeckten oder
  • für sie nicht in zumutbarer Zeit erreichbar waren und

deshalb das Jugendamt die Eltern nicht auf diese hätte verweisen dürfen (Quelle: Pressemitteilung des VG Münster vom 21.07.2017).