Tag Tieraufseher

Wann haftet der Ponyhof-Betreiber, wenn ein Kind vom von der Mutter angemieteten und geführten Pferd stürzt?

Mit Urteil vom 26.11.2020 – 8 U 7/20 – hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem eine Mutter für ihre fünfjährige Tochter 

  • für einen Ausritt 

ein Pony gemietet hatte und die Tochter von dem 

  • von der Mutter geführten 

Tier gestürzt war, weil das Pony, 

  • als zwei andere vorausreitende Kinder schneller weiterritten, 

sich losgerissen hatte und hinterher gestürmt war, entschieden, dass für die Sturzfolgen der 

  • Betreiber des Ponyhofes 

haftet und ihn zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 10.000 Euro an das fünfjährige Mädchen verurteilt, 

  • das bei dem Sturz von dem Pony innere Verletzungen erlitten hatte und im Krankenhaus einmal reanimiert werden musste.

Begründet hat der Senat dies damit, dass der Betreiber des Ponyhofs, 

  • als der Halter des Ponys, 

nach § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich für den Schaden haftet, der, wie hier, durch die 

  • Verwirklichung der von dem Pony ausgehenden Tiergefahr 

entstanden ist.  

Die Mutter des Mädchens, 

  • die die Aufsichtspflicht über das Pony vertraglich übernommen habe und 
  • damit grundsätzlich als Tieraufseherin nach § 834 BGB auch verantwortlich für den Schaden sei, den das Tier verursacht, 

habe sich, so der Senat, entlasten können und hafte deshalb nicht.

Sie habe bewiesen, dass,  

  • nachdem sie davon ausgehen durfte, dass ein Pony, das zum Ausreiten vermietet werde, eine gewisse Routine bei Ausritten habe und 
  • im Gelände nicht nervös werde oder besonders gesichert werden müsse,

das Tier von ihr nach ihren Möglichkeiten beaufsichtigt worden sei und sie keine Möglichkeit gehabt habe, 

  • das Tier zu stoppen oder 
  • ihre Tochter rechtzeitig vom Sattel zu heben, 

so dass sie kein Mitverschulden treffe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

Pferdehalter, die mit anderen eine Reitbeteiligung abgeschlossen haben oder abschließen wollen, sollten

…. wenn die Reitbeteiligung nicht von ihrer Haftpflichtversicherung erfasst ist,

  • also Schäden auch im Hinblick auf die Reitbeteiligung nicht von ihrer Versicherung gedeckt sind,

einen ausdrücklichen Haftungsausschluss vereinbaren.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg hat nämlich mit Urteil vom 29.03.2017 – 4 U 1162/13 – darauf hingewiesen, dass, wenn ein Pferdehalter mit einem Reiter eine sog. Reitbeteiligung abschließt,

  • dies nichts an seiner Haltereigenschaft ändert und

er somit,

  • weil in einem solchen Fall auch nicht ohne weiteres von der Vereinbarung eines stillschweigenden Haftungsausschlusses ausgegangen werden kann,

als Tierhalter nach § 833 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch grundsätzlich für Unfälle des Reitbeteiligten haftet,

  • welche durch die Verwirklichung der spezifischen Tiergefahr des Pferdes verursacht werden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem der Reitbeteiligte,

  • der das Pferd an drei Tagen pro Woche gegen Bezahlung eines Betrages von 100 Euro pro Monat nach Belieben ausreiten durfte,

bei einem Ausritt auf der Koppel, als das Pferd ohne Grund plötzlich losrannte, vom Pferd gestürzt war, entschied der Senat, dass

  • der Pferdehalter in Höhe von 50% haftet und
  • sich der geschädigte Reitbeteiligte ein seinen Anspruch minderndes Mitverschulden in Höhe von 50% anrechnen lassen muss, weil
    • er zum Zeitpunkt des Unfalls Tieraufseher (§ 834 BGB) war,
    • bei diesem eine gesetzliche Vermutung dafür besteht, dass ihn ein für den Schaden ursächlich gewordener Sorgfaltsverstoß trifft und
    • der Geschädigten diese Vermutung nicht hatte widerlegen können (Quelle: Pressemitteilung des OLG Nürnberg vom 04.10.2017 – Nr. 29 –).