Tag Trunkenheit im Verkehr

Wichtig zu wissen für Benutzer von Pedelecs, denen vorgeworfen wird, mit einem Pedelec in alkoholbedingt

…. fahruntüchtigem Zustand gefahren zu sein.

Mit Beschluss vom 14.07.2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20 – hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe in einem Fall, in dem die Staatsanwaltschaft dem Fahrer eines Pedelecs, 

  • der auf öffentlicher Straße mit einer Alkoholkonzentration von 1,59 Promille im Blut mit dem Pedelec gefahren war, 

zur Last gelegt hat, sich der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr 

  • nach § 316 Abs. 1, Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) 

schuldig gemacht zu haben, darauf hingewiesen, dass es, 

  • nach vorläufiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage,

für Fahrer von handelsüblichen Elektrofahrrädern (Pedelecs) mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h, 

  • nicht den für Führer von Kraftfahrzeugen geltenden Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille, sondern 

den für Fahrradfahrer geltenden Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,6 Promille für anwendbar erachtet.

Für den – von der Staatsanwaltshaft – angeklagten Pedelec-Fahrer bedeutet das:

Der Pedelec-Fahrer war 

  • (noch) nicht unwiderlegbar absolut fahruntüchtig, 

so dass nur, 

  • wenn bei ihm (zusätzliche) alkoholtypische Ausfallerscheinungen vorgelegen haben sollten,

eine Bestrafung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr

  • unter dem Gesichtspunkt der relativen Fahruntüchtigkeit

erfolgen könnte.

Sind alkoholtypische Ausfallerscheinungen bei dem Pedelec-Fahrer nicht feststellbar, wäre er,  

  • trotz seiner Blutalkoholkonzentration von 1,59 Promille zum Fahrzeitpunkt, 

freizusprechen, da 

  • handelsübliche Pedelecs mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind (§ 1 Abs. 3 StVG) und somit

auch eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 Straßenverkehrs-Gesetz (StVG),

  • – Führen eines Kraftfahrzeugs mit mindestens 0,25 Milligramm/Liter Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut – 

nicht vorliegt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe). 

Übrigens:
Wie man seine Blutalkoholkonzentration ermitteln kann, wird in dem Blog

erläutert.

Was, wer mit einem „Segway“ fährt, wissen sollte

Ein „Segway“ gilt als Kraftfahrzeug im Sinne des § 316 Strafgesetzbuch (StGB),

so dass die absolute Fahrunsicherheit des Führers eines „Segways“ unter Anwendung des für alle Führer von Kraftfahrzeugen geltenden Beweisgrenzwertes von 1,1 Promille zu bestimmen ist.

Das hat der 1. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg mit Beschluss vom 19.12.2016 – 1 Rev 76/16 – entschieden.

Danach muss, wer mit einem „Segway“ auf öffentlichen Straßen oder Wegen fährt, obwohl er aufgrund vorausgegangenen Alkoholgenusses relativ oder absolut fahruntüchtig ist,

  • nicht nur mit der Verurteilung wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Trunkenheit nach § 316 StGB rechnen,
  • sondern,
    • wenn er einen Führerschein besitzt, auch mit dem Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB,
    • wenn er keine Fahrerlaubnis hat, mit der Anordnung einer isolierten Sperre für die Erteilung einer (neuen) Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB.

Übrigens:
Der Halter eines Segways ist nach § 1 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wenn das Segway auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet wird.

  • Daher ist weitere Voraussetzung für das Führen im öffentlichen Straßenverkehr stets auch das Vorhandensein eines entsprechenden Versicherungskennzeichens (§§ 26, 27 FZV; § 2 Abs. 1 Nr. 2 MobHV).

Der Fahrer eines Segways muss nach § 3 MobHV mindestens die Berechtigung zum Führen eines Mofas haben.

Wann ist ein auf Privatgrund gelegener Parkplatz als öffentlicher Verkehrsraum anzusehen und wann nicht?

Zum öffentlichen Straßenverkehr kann

  • neben dem öffentlichen Verkehrsraum mit seinen Straßen, Plätzen, Brücken und Fußwegen
  • auch ein Parkplatz auf einem Privatgrundstück gehören.

Allerdings muss der auf einem Privatgrundstück befindliche Parkplatz

  • entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten
  • für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen sein und
  • so auch tatsächlich genutzt werden.

Darauf hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 15.09.2016 – 4 RVs 107/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem ein Amtsgericht (AG) einen Angeklagten, weil er mit einem PKW in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand

  • auf einem nicht mit Einlasshindernissen versehenen Parkplatz,
  • der zu einem als solches nicht beworbenen Bordell in einer versteckt liegenden Immobilie gehört und
  • nur über eine schmale Zufahrt zu erreichen ist,

gefahren war, wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt hatte, das Urteil aufgehoben und

  • die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere strafrichterliche Abteilung des AG zurückverwiesen.

Begründet hat der Senat die Entscheidung damit,

  • dass eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB voraussetzt, dass ein Kraftfahrzeug in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand im öffentlichen Straßenverkehr geführt worden ist und
  • ob ein örtlich so angelegter Bordellparkplatz wie in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall als im vorstehenden Sinne öffentlicher Verkehrsraum anzusehen ist, davon abhänge, wozu vom AG noch keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden seien,
    • ob der Platz einem größeren Personenkreis überhaupt als Parkplatz bekannt gewesen ist oder
    • ob er tatsächlich nur wenigen „Eingeweihten“ wie z.B. dem Personal und/oder Stammkunden offen gestanden hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 05.09.2016).