Tag Unaufmerksamkeit

OLG Köln verurteilt Fahrgast eines Taxis, der beim Öffnen der Fahrzeugtür zum Aussteigen einen Unfall verursacht hat, zum

…. Schadensersatz in vollem Umfang.

Mit Urteil vom 07.11.2019 – 15 U 113/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem Fall, in dem von einem Fahrgast eines Taxis, 

  • nach dem Halt des Taxifahrers am linken Fahrbahnrand in einer Einbahnstraße, 

die rechte hintere Fahrzeugtür zum Aussteigen geöffnet und es dadurch zur Kollision mit einem anderen Fahrzeug 

  • sowie einem Schaden in Höhe von 10.128,96 Euro 

gekommen war, entschieden, dass der Taxifahrgast für den Schaden 

  • in vollem Umfang 

haftet.  

Begründet hat das OLG dies damit, dass, wer ein- oder aussteigt,

  • sich nach § 14 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) so verhalten muss, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist,
  • diese Sorgfaltsanforderung für die gesamte Dauer eines Ein- oder Aussteigevorgangs gilt, also für alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit stehen, wobei 
    • der Vorgang des Einsteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre, 
    • der Vorgang des Aussteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre und dem Verlassen der Fahrbahn beendet ist.

und gegenüber der von dem Fahrgast 

  • im Hinblick auf das Verkehrsgeschehen 

an den Tag gelegten schwerwiegenden Unaufmerksamkeit beim Aussteigen, 

  • ohne zunächst die Fahrzeugtür vorsichtig nur einen Spalt zu öffnen und einen Blick nach hinten auf den rückwärtigen Verkehr zu werfen, 

ein zu berücksichtigendes schuldhaftes Verhalten des Taxifahrers nicht ersichtlich ist,

  • zumal § 12 Abs. 4 S. 4 StVO in Einbahnstraßen das Halten am linken Straßenrand erlaubt. 

Ausdrücklich hingewiesen hat das OLG darauf, dass Taxifahrer,

  • sofern im Einzelfall keine besonderen Umstände vorliegen, 

grundsätzlich

  • nicht verpflichtet sind 

erwachsene Fahrgäste vor dem Aussteigen zur Vorsicht zu ermahnen, sondern 

  • Erwachsene in erster Linie allein für ihr Verhalten im Straßenverkehr verantwortlich sind.

Übrigens:
Hingewiesen wird auch auf unseren Blog

Autofahrer sollten wissen, wann wegen eines Augenblicksversagens ein Absehen von einem verwirkten Regelfahrverbot

…. in Betracht kommen kann.

Liegen die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) vor, in denen,

  • wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers,

die Anordnung eines Fahrverbots,

  • als Denkzettel- und Erziehungsmaßnahme,

in der Regel in Betracht kommt, wie bei Verwirklichung eines Tatbestands

  • der Nummern 9.1 bis 9.3, der Nummern 11.1 bis 11.3, jeweils in Verbindung mit Tabelle 1 des Anhangs,
  • der Nummern 12.6.3, 12.6.4, 12.6.5, 12.7.3, 12.7.4 oder 12.7.5 der Tabelle 2 des Anhangs,
  • der Nummern 19.1.1, 19.1.2, 21.1, 21.2, 50.1, 50.2, 50.3, 135, 135.1, 135.2, 83.3, 89b.2, 132.1, 132.2, 132.3, 132.3.1, 132.3.2, 152.1 oder
  • der Nummern 244, 246.2, 246.3 oder 250a

des Bußgeldkatalogs, kommt ein Absehen von einem Fahrverbot u.a. dann in Betracht, wenn

  • ein Augenblicksversagen offensichtlich gegeben ist und
  • deshalb erkennbar nicht der von § 4 Abs. 1 BKatV erfasste Normalfall vorliegt.

In Betracht kommt ein solches Augenblicksversagen, wenn die begangene Pflichtverletzung darauf zurückzuführen sein kann, dass

  • ein unübersichtliches Verkehrsgeschehen falsch gedeutet,
  • eine verwirrende Verkehrsregelung falsch verstanden,
  • auf eine überraschend eingetretene Verkehrslage falsch reagiert oder
  • ein Verkehrszeichen schlicht übersehen wurde und die sichtbaren äußeren Umstände auch nicht auf eine Beschränkung oder ein Ge- oder Verbot hingedeutet haben.

Nicht auf ein Augenblicksversagen berufen können sich Autofahrer,

  • die nicht nur einfache Fahrlässigkeit,
  • sondern eine grobe Nachlässigkeit und/oder Unaufmerksamkeit an den Tag gelegt haben, obwohl sie aufgrund vorhandener Umstände verpflichtet gewesen wären erhöhte Vorsicht und Aufmerksamkeit walten zu lassen (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Beschluss vom 24.01.2019 – 2 Rb 8 Ss 830/18 – zum Fall der Verwechslung eines Wechsellichtzeichens nach vorherigem Anhalten bei Rotlicht, auch als „Mitzieheffekt“ oder „Frühstart“ bezeichnet).