Tag Verbotsirrtum

Dass Unwissenheit nicht (sondern nur ausnahmsweise) vor Strafe schützt

…. zeigt ein Urteil des Amtsgerichts (AG) München vom 18.07.2017 – 1120 Cs 117 Js 147604/17 – mit dem ein 63-jähriger schwerbehinderter Rentner

  • wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe

zu einer Geldstrafe von 1600 Euro (80 Tagessätze zu je 20 Euro) verurteilt worden ist.

Der angeklagte Rentner, der nicht im Besitz eines Waffenscheins war und in einer Gaststätte eine Schreckschusspistole Walter P22 und sechs Kartuschen Munition mit dabei hatte, hatte sich damit verteidigt, dass er

  • die Gaspistole, nachdem bei ihm vor ca. 8 Monaten eingebrochen worden sei, im Internet bestellt und

nicht gewusst habe, dass er diese nicht mit sich führen darf.

Das AG wies ihn darauf hin, dass es sich dabei um einen ihn nicht entschuldigenden vermeidbaren Verbotsirrtum gemäß § 17 Strafgesetzbuch (StGB) handle, da er

Nach § 17 Satz 1 StGB handelt ein Täter nämlich nur dann ohne Schuld, wenn

  • ihm bei Begehung der Tat die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun und
  • er den Irrtum nicht vermeiden konnte.

Wenn wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein Regelfahrverbot droht

….. wird von einem bußgeldrechtlich verwirkten Fahrverbot abgesehen, wenn der Betroffene irrtümlich der Meinung war, die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung beziehe sich nicht auf ihn?

Wird von einem Kfz-Führer eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen, weil er

  • das Verkehrszeichen über die zulässige Höchstgeschwindigkeit (Zeichen 274) zwar optisch wahrgenommen hatte,
  • aber beispielsweise wegen eines darunter befindlichen Überholverbotszeichens (Zeichen 277) sowie hierzu angebrachter Zusatzschilder

irrtümlicher Weise der Meinung war, die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung beziehe sich nicht auf ihn, ist er

  • einem vermeidbaren Verbotsirrtum i.S.v. § 11 Abs. 2 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) unterlegen,

da er sich über den Bedeutungsgehalt verkehrsrechtlicher Anordnungen geirrt und ihm deshalb die Einsicht gefehlt hat, Unerlaubtes zu tun.

Ein solcher vermeidbarer Verbotsirrtum kann Anlass geben, von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot Abstand zu nehmen.

Dies gilt allerdings nicht bei jedem vermeidbaren Verbotsirrtum gleichsam zwangsläufig, sondern ist beschränkt auf solche (Verbots)Irrtümer,

  • die ihre Ursache in einem Augenblicksversagen haben,
  • die also als lediglich spontane Fehleinschätzung angesehen werden können, wie sie auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterlaufen kann.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg mit Beschluss vom 27.01.2017 – 3 Ss OWi 50/17 – hingewiesen.