Tag Vergleichsmiete

BGH entscheidet: Verbrauchern, die von einem gewerblichen Vermieter eine Wohnung gemietet haben, steht

…. kein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht nach Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu.

Mit Urteil vom 17.10.2018 – VIII ZR 94/17 – hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn Verbraucher,

  • die von einem gewerblichen Vermieter eine Wohnung gemietet und

einem, unter Bezugnahme auf den örtlichen Mietspiegel, brieflichen Verlangen des Vermieters nach §§ 558 Abs. 1, § 558a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), einer (näher erläuterten) Erhöhung der Miete zuzustimmen, gemäß § 558b Abs. 1 BGB brieflich zugestimmt haben,

  • diese Zustimmung vom Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufs bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) nicht erfasst ist und
  • dem Mieter ein dahingehendes Widerrufsrecht nicht zusteht.

Begründet hat der Senat dies damit, dass der Anwendungsbereich des § 312 Abs. 4 Satz 1 BGB,

  • der seinem Wortlaut nach das Widerrufsrecht auf „Verträge über die Vermietung von Wohnraum“ erstreckt,

nach dem Regelungszweck

  • sowohl der Bestimmungen über die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§§ 558 ff. BGB)
  • als auch den Bestimmungen über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen,

dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass

  • ein Widerrufsrecht des Mieters bei einer Zustimmungserklärung zu einer vom Vermieter verlangten Erhöhung der Miete nach den §§ 558 ff. BGB nicht gegeben ist.

Denn, so der Senat,

  • da gemäß § 558a Abs. 1 BGB das (in Textform zu erklärende) Mieterhöhungsverlangen vom Vermieter zu begründen ist, der Mieter aufgrund dessen die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens überprüfen sowie demzufolge seinen rechtsgeschäftlichen Willen ohne ein Informationsdefizit und außerhalb einer etwaigen Drucksituation bilden kann und
  • das Gesetz außerdem dadurch, dass der Vermieter frühestens nach Ablauf des zweiten Kalendermonats nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens auf Erteilung der Zustimmung klagen kann (§ 558b Abs. 2 BGB), dem Mieter eine angemessene Überlegungsfrist einräumt, innerhalb derer er sich entscheiden kann, ob und gegebenenfalls inwieweit er der Mieterhöhung zustimmt,

sei sichergestellt, dass der Sinn und Zweck der verbraucherschützenden Regelungen für Vertragsabschlüsse im Fernabsatz,

  • die Mieter einer Wohnung davor schützen sollen, Fehlentscheidungen aufgrund der Gefahr psychischen Drucks sowie einem typischerweise bestehenden Informationsdefizit zu treffen,

erfüllt ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 17.10.2018).

Unberührt von dieser Entscheidung bleibt,

  • worauf der Senat ebenfalls hingewiesen hat,

die Rechtsprechung zum Widerrufsrecht des Mieters bei außerhalb von Geschäftsräumen (früher: in einer Haustürsituation) geschlossenen Verbraucherverträgen zwischen einem Vermieter und einem Mieter (vgl. BGH, Urteil vom 17.05.2017 – VIII ZR 29/16 –).

Gibt ein Mieter die Wohnung bei Mietende nicht zurück kann der Vermieter die übliche Neuvermietungsmiete verlangen

Wird eine gemietete Wohnung oder ein gemietetes Wohnhaus nach Beendigung des Mietverhältnisses vom Mieter nicht zurückgegeben, kann der Vermieter nach § 546a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • auch wenn er keine Neuvermietung beabsichtigt, sondern die Mietsache – wie im Fall einer erklärten Eigenbedarfskündigung – selbst nutzen will,

für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung

  • entweder die vereinbarte Miete verlangen
  • oder, sofern diese höher ist, die Miete, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist.

Verlangt der Vermieter gemäß § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB als Entschädigung die „für vergleichbare Sachen ortübliche Miete“, ist diese Miete

  • nicht nach Maßgabe der auf laufende Mietverhältnisse zugeschnittenen Regelung über Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) zu bestimmen,
  • sondern anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrages über die Wohnung ortsüblichen Miete (Marktmiete).

Das hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 17/16 – entschieden.

Dass es im Rahmen von § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB auch im Wohnraummietrecht darauf ankommt, was bei einer Neuvermietung der Wohnung ortsüblich erzielbar gewesen wäre, hat der Senat damit begründet, dass

  • im Wohnraummietrecht zwischen Wirksamwerden der Kündigung und endgültiger Räumung der Wohnung durch den Mieter unter Umständen ein längerer Zeitraum liegen könne, über den hinweg die Wohnung dem Vermieter vorenthalten wird und der deshalb gehindert ist, durch eine Neuvermietung eine (höhere) ortsübliche Vergleichsmiete zu erzielen und
  • es unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Risikoverteilung nicht einzusehen sei, dass ein Vermieter sich mit der vereinbarten (geringeren) Miete begnügen müsse, wenn sich später im Rahmen eines Rechtsstreits herausstelle, dass die Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt gewesen sei, da dieses Risiko in der Sphäre des Mieters liege, der trotz Kündigung in der Wohnung verbleibe.