Tag Vertretung

Von wem wird eine GmbH im Prozess mit einem ihrer (ausgeschiedenen) Geschäftsführer vertreten?

Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) muss einen oder mehrere Geschäftsführer haben (§ 6 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)), der bzw. die die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG).

  • Hat die Gesellschaft ihrerseits Prozesse gegen ihre Geschäftsführer zu führen, unterliegt die Vertretung der Gesellschaft nach § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG der Bestimmung der Gesellschafterversammlung.

§ 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG gilt

  • sowohl für Aktiv- als auch für Passivprozesse der Gesellschaft (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 06.03.2012 – II ZR 76/11 – und vom 16.12.1991 – II ZR 31/91 –) sowie
  • für Prozesse mit ausgeschiedenen Geschäftsführern,
    • also auch wenn ein Geschäftsführer gegen die Kündigung seines der Geschäftsführerstellung bei der GmbH zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses klagt.

Die Vorschrift soll die unvoreingenommene Prozessführung für die Gesellschaft in Rechtsstreitigkeiten sicherstellen, in denen regelmäßig die Gefahr besteht, dass die nach § 35 GmbHG an sich zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Geschäftsführer befangen sind.

Solange die Gesellschafterversammlung von ihrer Befugnis nach § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG,

  • einen besonderen Vertreter zu bestellen,

keinen Gebrauch macht, also untätig bleibt, wird die GmbH

  • vorbehaltlich einer die Vertretungsbefugnis anders regelnden Satzungsbestimmung

im Prozess mit ihren gegenwärtigen oder ausgeschiedenen Geschäftsführern durch einen oder mehrere bereits zuvor oder neu bestellte (weitere) Geschäftsführer vertreten.

  • Eines entsprechenden (zumindest stillschweigend gefassten) Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf es für die Fortdauer der Vertretungsbefugnis der (anderen) Geschäftsführer nicht (BGH, Beschluss vom 02.02.2016 – II ZB 2/15 –).

46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG überlässt es der Entscheidung der Gesellschafterversammlung, ob sie die Gesellschaft durch die bestellten Geschäftsführer als ausreichend vertreten ansieht oder die Bestellung eines geeigneten besonderen Vertreters für erforderlich hält.
Sieht sie davon ab, dann bleibt es bei der Vertretungsbefugnis der (anderen) Geschäftsführer.

Darauf hat der II. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 22.03.2016 – II ZR 253/15 – hingewiesen.

Kann ein Erblasser verfügen, dass Eltern das Vermögen, das ihr minderjähriges Kind von ihm erbt, nicht verwalten dürfen?

Grundsätzlich obliegt die Verwaltung des Vermögens ihrer minderjährigen Kinder den Eltern. Sie haben gemäß § 1626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Pflicht und das Recht, für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen (elterliche Sorge), wobei die elterliche Sorge

  • die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und
  • das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge)

umfasst.

Allerdings erstreckt sich die Vermögenssorge nach § 1638 Abs. 1 BGB nicht auf das Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt, wenn

  • der Erblasser durch letztwillige Verfügung bestimmt hat,
  • dass die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen.

Deshalb erhält ein minderjähriger Erbe gemäß § 1909 Abs. 1 Satz 2 BGB dann einen Pfleger zur Verwaltung des Vermögens, das er von Todes wegen erworben hat, wenn der Erblasser in seinem Testament beispielsweise bestimmt hat,

  • dass die Eltern oder der Vormund des von ihm eingesetzten minderjährigen Erben von der Verwaltung sämtlicher Vermögensgegenstände, die dieser aufgrund des Testaments an dem Nachlass des Erblassers erwirbt, ausgeschlossen wird, falls er beim Tod des Erblassers noch nicht volljährig sein sollte.

Hat ein Erblasser von dieser sich aus § 1638 Abs. 1 BGB ergebenden Befugnis, das elterliche Vermögenssorgerecht zu beschränken, Gebrauch gemacht,

  • ist den Eltern auch die gesetzliche Vertretung des Kindes
  • bei der Ausschlagung der Erbschaft verwehrt.

Denn gesetzliche Folge einer solchen Beschränkung der elterlichen Sorge ist,

  • dass die Vermögenssorge einschließlich der gesetzlichen Vertretung für das von Todes wegen erworbene Vermögen insgesamt ausgeschlossen ist.

Dementsprechend fehlt es im Fall des § 1638 Abs. 1 BGB bei jeglichen auf das ererbte Vermögen bezogenen Willenserklärungen an der elterlichen Vertretungsmacht, so dass auch eine von den Eltern im Namen des Kindes erklärte Ausschlagung der Erbschaft unwirksam ist.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 29.06.2016 – XII ZB 300/15 – hingewiesen.