Tag Volkswagen-AG

Dieselgate: Für Schadensersatzklagen der vom VW-Abgasskandal betroffenen Autokäufer gegen die Volkswagen-AG müssen Rechtsschutzversicherungen Deckungsschutz gewähren

Mit Beschluss vom 21.09.2017 – I-4 U 87/17 – hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf darauf hingewiesen, dass für auf Rückabwicklung der Kaufverträge gerichtete Schadensersatzklagen von vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffenen Autokäufern gegen die Volkswagen-AG

  • hinreichende Erfolgsaussichten bestehen und

Rechtsschutzversicherer für solche Klagen eine Deckungszusage erteilen müssen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • bereits mehrere Landgerichte (LG) in erster Instanz einen Schadensersatzanspruch eines Kraftfahrzeugkäufers gegen die Volkswagen-AG wegen des Inverkehrbringens von Dieselfahrzeugen mit manipulierter Abgassoftware, unter anderem gemäß § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (wegen sittenwidriger vorsätzlichen Schädigung) bejaht haben (vgl. LG Krefeld, Urteile vom 04.10.2017 – 2 O 19/17 – und vom 19.07.2017 – 7 O 147/16 –; LG Osnabrück, Urteil vom 28.06.2017 – 1 O 29/17 –; LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017 – 1 O 25/17 –; LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 –; LG Baden-Baden, Urteil vom 27.04.2017 – 3 O 163/16 –; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 – 2 O 118/16 –; LG Kleve, Urteil vom 31.03.2017 – 3 O 252/16 – sowie LG Karlsruhe, Urteil vom 22.03.2017 – 4 O 118/16 –),
  • nach dem bisherigen Verhalten der Volkswagen-AG nichts dafür spreche, dass sie freiwillig Schadensersatzanspruch leisten werde und eine streitige Auseinandersetzung vermeidbar wäre und
  • es den vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffenen Autokäufern nicht zuzumuten sei, trotz hinreichender Erfolgsaussichten mit rechtlichen Schritten gegen die Volkswagen-AG zuzuwarten (Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 26.10.2017).

LG Braunschweig weist die Klage eines Käufers eines manipulierten VW-Dieselautos gegen die Volkswagen-AG ab

…. die von einer amerikanischen Anwaltskanzlei und dem Dienstleister Myright, der nach eigenen Angaben mehr als 100.000 VW-Kunden vertritt, zu einer Art Musterklage im VW-Skandal bestimmt worden war.

Mit Urteil vom 31.08.2017 hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Braunschweig die Schadensersatzklage eines PKW-Käufers abgewiesen,

  • der im Jahr 2010 einen VW Eos 2.0 TDI mit einem Motor der Baureihe EA 189 EU 5 bei einem Autohändler erworben

und

  • nicht den Autohändler auf Gewährleistung in Anspruch genommen hatte,
  • sondern von der Volkswagen-AG Schadensersatz in Form der Rückzahlung des Kaufpreises, gegen Rückgabe des Fahrzeugs, deshalb wollte,

weil

  • von dieser, ohne Wissen des Käufers, der Motor des Fahrzeugs mit einer Software ausgestattet worden war, welche die Stickstoff-Emissionswerte auf dem technischen Prüfstand optimierte.

Begründet hat die Kammer die Klageabweisung damit, dass

  • die von der Volkswagen-AG eingebaute Software, weil es sich bei dieser um eine unzulässige Abschalteinrichtung handle, zwar gegen Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verstoße und
  • mangels Offenlegung dieser Software gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt bei der Anmeldung des Fahrzeugtyps das Fahrzeug somit nicht vollständig mit der erteilten Typgenehmigung übereinstimme,

jedoch aus diesem Verstoß,

  • da er nicht zwangsläufig zum Erlöschen der Typgenehmigung führe,
  • sondern die Typgenehmigung und damit die Zulassung des Fahrzeugs für den öffentlichen Verkehr weiterhin Bestand habe,

kein Schadensersatzanspruch resultiere.

Abgesehen davon, so die Kammer weiter,

  • seien die einschlägigen Rechtsnormen nicht als Schutzgesetze anzusehen, die einen Käufer vor Vermögensschäden bewahren sollen,
  • sondern dienten u. a. der Harmonisierung und Spezifizierung der technischen Anforderung sowie dem Gesundheits- und Umweltschutz.

Ob das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, Bestand haben wird, bleibt abzuwarten (Quelle: Pressemitteilung des LG Braunschweig vom 31.08.2017).

Übrigens:
Die Klageabweisung bedeutet nicht,

  • dass von Käufern manipulierter Dieselautos gegen die Volkswagen-AG keine Ansprüche geltend gemacht werden können,
  • sondern nur, dass Klagen gegen die Volkswagen-AG mit dem Antrag auf Rücknahme des Fahrzeugs und Rückerstattung des Kaufpreises möglicherweise keinen Erfolg haben und
  • sie zeigt auch, dass eine individuelle Vorgehensweise angebracht und wichtig ist.