Tag VVG

Wichtig zu wissen für Autobesitzer, wenn sie ihren Pkw kaskoversichert haben und der Versicherungsvertrag

…. vorsieht, dass

  • das Fahrzeug nachts in einer Garage abgestellt wird bzw.
  • der Versicherer auf dieser Grundlage die Höhe der Versicherungsprämie kalkuliert hat.

Wird in so einem Fall

  • die Garage nicht als nächtlicher Abstellort für den Pkw genutzt, sondern

das Fahrzeug vor der Garage stehen gelassen,

  • etwa weil schlicht vergessen worden ist es noch in die Garage zu fahren,

ist der Versicherer,

  • wenn das Fahrzeug in der Nacht gestohlen werden sollte,

berechtigt,

  • wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadensfalles

die Leistung aus der Kaskoversicherung

  • §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG)

zu kürzen.

Denn durch den Verstoß gegen die Obliegenheit,

  • die Garage als nächtlichen Einstellplatz für das Auto zu nutzen,

wird die Gefahr eines Diebstahls,

  • da der Täter, um das Fahrzeug zu entwenden, nicht mehr in die Garage eindringen muss,

deutlich erhöht.

Darauf hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg mit Urteil vom 11.09.2018 – 11 O 217/18 – hingewiesen und in dem dieser Entscheidung zugrunde liegendem Fall eine Kürzung des Anspruchs des Versicherungsnehmers

  • in Höhe von 30 %

für gerechtfertigt erachtet.

Hinweis:
Nach § 23 Abs. 1 VVG darf der Versicherungsnehmer nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn

  • der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 VVG vorsätzlich verletzt hat (§ 26 Abs. 1 S. 1 VVG).

Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistungen

  • in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis

zu kürzen, wobei die Beweislast für das

  • Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit

der Versicherungsnehmer trägt (§ 26 Abs. 1 S. 2 VVG).

Abweichend davon ist der Versicherer jedoch zur Leistung verpflichtet, soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich war für

  • den Eintritt des Versicherungsfalls oder
  • den Umfang der Leitungspflicht (§ 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG).

Was privat Unfallversicherte wissen sollten

Unterhält Jemand eine private Unfallversicherung ist der Versicherer nach § 178 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

  • bei einem Unfall des Versicherten, also wenn dieser durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet, oder
  • bei einem vertraglich dem Unfall gleichgestellten Ereignis,

verpflichtet die im Versicherungsvertrag vereinbarten Leistungen zu erbringen.

Der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang zwischen

  • Unfallereignis und
  • Gesundheitsbeeinträchtigung

besteht nach der Äquivalenz- sowie der Adäquanztheorie, wenn

  • der Unfall im Sinne einer conditio sine qua non nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele,
    • das Unfallereignis also an der eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigung mitgewirkt hat,
    • wobei Mitursächlichkeit ausreichend ist und
  • die Mitwirkung des Unfallereignisses an der eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigung nicht gänzlich außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt, also zur Herbeiführung der eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigung geeignet ist.

Eine wesentliche oder richtungsgebende Mitwirkung ist – anders als im Sozialversicherungsrecht – nicht zu verlangen.

  • Daher schließt das Vorhandensein von Vorschäden bei dem Versicherten für sich genommen die Kausalität nicht aus.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.10.2016 – IV ZR 521/14 – hingewiesen und in einem Fall, in dem bei der privat unfallversicherten Klägerin nach einem Sturzunfall, bei dem sie sich mit den Händen abgefangen hatte, festgestellt worden war,

  • dass die bei ihr aufgetretenen Beeinträchtigen nicht auf den Sturz, sondern eine Facettengelenksarthrose zurückzuführen waren, für die der Sturz keine richtungsweisende Verschlimmerung dargestellt hatte, sondern die dadurch nur aktiviert worden war,

entschieden, dass die Kausalität des Unfallgeschehens für die Gesundheitsbeeinträchtigung der Klägerin dann zu bejahen ist, wenn

  • die bei dem Sturz auf die Klägerin einwirkenden Kräfte – mögen sie auch gering gewesen sein – die Aktivierung der zuvor klinisch stummen Facettengelenksarthrose bewirkt und damit die Beschwerden ausgelöst haben.

Warum man die Inhalte von Versicherungsantrag und –schein immer vergleichen sollte

Liegt nämlich eine

  • den Versicherungsnehmer benachteiligende Abweichung zwischen den Inhalten des Versicherungsantrags und dem Versicherungsschein vor,

hängt es vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ab, ob und falls ja, mit welchem Inhalt der Versicherungsvertrag als geschlossen gilt,

  • ob nach § 5 Abs. 1 VVG mit der Abweichung oder
  • nach § 5 Abs. 3 VVG mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers.

Weicht der

  • Inhalt des Versicherungsscheins dagegen zugunsten des Versicherungsnehmers vom Inhalt des zugrunde liegenden Antrags ab,

so kommt der Versicherungsvertrag,

  • auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 VVG,

mit dem Inhalt des Versicherungsscheins zustande,

  • wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen eines Monats widerspricht.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.06.2016 – IV ZR 431/14 – hingewiesen und damit eine bislang strittige Rechtsfrage geklärt.

Begründet hat der Senat die Entscheidung damit,

  • dass § 5 Abs. 2 VVG, weil es sich dabei um eine Schutzvorschrift für den Versicherungsnehmer handelt, nur im Falle einer den Versicherungsnehmer benachteiligenden Abweichung anzuwenden ist,
  • also im Falle einer dem Versicherungsnehmer günstigen Abweichung für das Zustandekommen des Versicherungsvertrages ausschließlich die Genehmigungsfiktion des § 5 Abs. 1 VVG gilt.

Die Genehmigungsfiktion hat insoweit konstitutive vertragsgestaltende Wirkung. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass alle Bedingungen eines Versicherungsvertrages in einer einheitlichen Urkunde niedergelegt werden und damit im Streitfall leicht beweisbar sind.

Eine Ausnahme von der Genehmigungsfiktion nach § 5 Abs. 1 VVG ist, so der Senat weiter, nur dann zu machen, wenn

  • der Erklärende – also der Versicherer – in Wahrheit etwas anderes wollte und
  • der Erklärungsempfänger – also der Versicherungsnehmer – dies erkannt hat,

mithin der übereinstimmende Wille beider Parteien auf einen anderen Regelungsinhalt gerichtet war.
In diesen Fällen,

  • also wenn ein übereinstimmendes abweichendes Verständnis vorliegt,

ist unabhängig von der Regelung des § 5 VVG der wahre Wille des Erklärenden maßgebend (BGH, Urteil vom 22.02.1995 – IV ZR 58/94 –).