Wichtig zu wissen für Bauherrn und Bauunternehmer, wenn Bauherrn gebotene Mitwirkungspflichten unterlassen

…. deswegen vom Bauunternehmer (vorübergehend) nicht (weiter)gearbeitet werden kann und der Bauunternehmer den Vertrag

  • nicht gemäß § 643 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kündigt,
  • sondern nach Beendigung des Annahmeverzugs (weiter) ausführt.

Ist bei der Herstellung eines Werkes (beispielweise bei der Errichtung eines Bauvorhabens) eine Handlung des Auftraggebers erforderlich

  • – beispielsweise die Erstellung von Plänen, die Beschaffung von Genehmigungen, die Zurverfügungstellung eines baureifen Grundstücks –

so steht, wenn der Auftraggeber durch das Unterlassen einer solchen

  • – ihm obliegenden und zur Herstellung des Werkes erforderlichen Mitwirkungs- –

Handlung in Verzug der (Leistungs)Annahme kommt,

  • – was kein Verschulden des Auftraggebers voraussetzt –

dem Unternehmer, der

  • zur Leistung bereit und imstande ist (§ 297 BGB),
  • seine Leistung wie geschuldet dem Besteller angeboten (§§ 294 – 296 BGB) und,
  • sofern die Parteien die Einbeziehung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B (VOB/B) vereinbart haben, ordnungsgemäß die Behinderung, wenn diese nicht offenkundig ist, nach § 6 Abs. 1 VOB/B angezeigt hat,

neben der Vergütung für die erbrachte Leistung,

  • also neben seinem vollen Vergütungsanspruch, den er durch Ausführung der Werkleistung nach Beendigung des Annahmeverzugs verdient,

dafür, dass er

  • – während der Dauer des Annahmeverzugs des Auftraggebers infolge Unterlassens der diesem obliegenden Mitwirkungshandlung –

Personal, Geräte und Kapital,

  • also die Produktionsmittel zur Herstellung der Werkleistung,

bereitgehalten hat, nach § 642 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein

  • verschuldensunabhängiger

Anspruch auf eine angemessene Entschädigung zu, dessen Höhe sich bestimmt,

  • einerseits nach
    • der Dauer des Verzugs und
    • der Höhe der vereinbarten Vergütung,
  • andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer
    • infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder
    • durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.

Da diese Entschädigung der Unternehmer,

  • der seine Produktionsmittel während des Annahmeverzugs weder anderweitig – produktiv – eingesetzt hat, noch einsetzen konnte,

erhalten soll für den Zeitraum, in dem nicht geleistet werden konnte,

  • ohne dass ihm damit jegliche Nachteile ausgeglichen werden, die ihm dadurch entstanden sind, dass er seine Leistung während des Annahmeverzugs nicht gewinnbringend ausführen konnte,

muss er zur Berechnung dieser Entschädigung

  • darlegen und ggf. beweisen

welche Anteile

  • der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich Wagnis, Gewinn und allgemeinen Geschäftskosten

auf die von ihm während des Annahmeverzugs des Auftraggebers

  • unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel

entfallen.

Darauf hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 30.01.2020 – VII ZR 33/19 – hingewiesen.

Übrigens:
Mehrkosten, die dadurch anfallen, dass sich die Ausführung der Leistung des Unternehmers – etwa aufgrund von Lohn- oder Materialkostensteigerungen – verteuert, weil sie wegen des Annahmeverzugs des Auftraggebers infolge Unterlassens einer ihm obliegenden Mitwirkungshandlung zu einem späteren Zeitraum ausgeführt wird, sind nicht Gegenstand der nach § 642 BGB vom Unternehmer zu beanspruchenden Entschädigung (BGH, Urteil vom 26.10.2017 – VII ZR 16/17 –).

  • Jedoch kann der Unternehmer, wenn die Mitwirkungsverpflichtung des Auftraggebers als selbständige Nebenpflicht auszulegen ist, derartige ihm entstehenden Mehrkosten nach §§ 280, 286 BGB ersetzt verlangen.
  • Liegen die Voraussetzungen für einen solchen Schadensersatzanspruch nicht vor, kann der Unternehmer, wenn ihm das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist, verlangen, dass die Vergütung nach § 313 BGB angepasst wird.
  • Darüber hinaus steht es den Vertragsparteien grundsätzlich frei, eine Lohn- und Stoffpreisgleitklausel in den Vertrag aufzunehmen, um das Risiko von Lohn- und Materialkostensteigerungen auf den Besteller zu verlagern.
  • Im Übrigen kann der Unternehmer den Vertrag, falls der Besteller die ihm obliegende Mitwirkungshandlung binnen einer ihm gesetzten Frist nicht nachholt, gemäß § 643 BGB wegen des Annahmeverzugs kündigen, und damit die sich aus einer erwarteten Lohn- oder Materialpreissteigerung ergebenden Nachteile vermeiden.