Tag Zwang

Wann kann gegen den Willen eines Betreuten seine geschlossene Unterbringung erfolgen

… zur Durchführung einer Heilbehandlung.

Gegen seinen Willen kann ein Betreuter geschlossen, d.h., mit Freiheitsentzug verbunden, unterbracht werden nur

  • mit gerichtlicher Genehmigung,
  • die vom Betreuer beantragt werden muss,

außer, mit dem Aufschub der Unterbringung ist Gefahr verbunden. In diesem Fall ist von dem Betreuer nachträglich unverzüglich die Genehmigung beim Betreuungsgericht beantragen (§ 1906 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

Erteilen darf das Betreuungsgericht die Genehmigung für eine solche geschlossene Unterbringung nur

  • wenn und solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist,

weil

  • auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten
    • die (akute) Gefahr besteht,
    • dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder
  • zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens
    • eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist,
    • die bzw. der ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und
    • der Betreute auf Grund seiner psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann (§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Genehmigungsfähig nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB

  • zur Durchführung einer Heilbehandlung

ist eine Unterbringung allerdings nur dann, wenn

  • eine erfolgversprechende Heilbehandlung durchgeführt werden kann.

Dies setzt, neben der Erfolgsaussicht der Heilbehandlung,

  • entweder einen die Heilbehandlung deckenden entsprechenden natürlichen Willen des Betroffenen
  • oder die rechtlich zulässige Überwindung seines entgegenstehenden natürlichen Willens mittels ärztlicher Zwangsbehandlung

voraus.

Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist daher möglich, wenn

  • von vornherein zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Betreute in der Unterbringung behandeln lassen wird,
    • sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegensteht,
    • er aber die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsieht,
  • Davon kann solange ausgegangen werden, wie sich die Weigerung des Betreuten, sich behandeln zu lassen, nicht manifestiert hat.

Ist hingegen auszuschließen, dass der Betreute

  • eine Behandlung ohne Zwang vornehmen lassen wird,
  • sich also bei einer geschlossenen Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik freiwillig behandeln lassen und insbesondere die erforderlichen Medikamente einnehmen wird,
    • beispielsweise, weil er bei seiner richterlichen Anhörung deutlich zum Ausdruck gebracht hat, eine Behandlung abzulehnen bzw.
    • dem eingeholten Sachverständigengutachten zu entnehmen ist, dass es dem Betreuten an jeglicher Behandlungsbereitschaft fehlt,

liegt der Unterbringungsgrund des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur vor und ist demzufolge auch die Genehmigung der Unterbringung zur Durchführung der Heilbehandlung nur zulässig, wenn

  • die Voraussetzungen für die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme (Zwangsbehandlung) im Sinn des § 1906 Abs. 3 BGB vorliegen

und

  • diese nach § 1906 Abs. 3a BGB rechtswirksam genehmigt wird bzw. ist,

weil nur dann für die eine Freiheitsentziehung rechtfertigende Heilbehandlung auch gegen den Willen des Betreuten eine rechtliche Grundlage besteht.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 31.05.2017 – XII ZB 342/16 – hingewiesen.

Schwerlastverkehr in Ortsdurchfahrt kann für Anwohner unzumutbar sein

Das Verwaltungsgericht (VG) Cottbus hat mit Urteil vom 15.12.2016 – 5 K 983/14 – entschieden, dass, wenn

  • täglich seit Jahren unverändert rund 11.000 Kfz., darunter ca. 11% Lkw, auf einer Bundesstraße, eine von Wohnhäusern gesäumten Ortsdurchfahrt passieren und
  • sich anhand der dort höchstzulässigen Geschwindigkeit von 30 km/h, ein Lärmpegel von etwa 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts, errechnet,

durch eine derart starke Verkehrsbelastung aus Sicht des Grundrechtschutzes die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschritten ist und

  • in einem solchen Fall der Antrag einer Anwohnerin auf Beschränkung des Schwerlastverkehrs von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde nicht mit der Begründung abgelehnt werden darf,
  • dass der Schwerlastverkehr andernfalls nur über die Autobahnen gelenkt werden könnte, ein Autobahnzwang aber unmöglich sei.

Denn, so das VG, dass der Verkehr in bestimmten Fällen auf den Autobahnen gehalten werden soll, würden gerade die Vorschriften zur Bekämpfung des Mautausweichverkehrs zeigen.

Die Straßenverkehrsbehörde wurde deshalb in dem der Entscheidung des VG zugrunde liegendem Fall dazu verurteilt, über den Antrag der Anwohnerin auf Lärmschutz erneut zu entscheiden.
Zu berücksichtigen wird von der Straßenverkehrsbehörde dabei auch sein, ob,

  • weil nach Feststellungen der zuständigen Bußgeldstelle das Tempolimit von 30 km/h in 91% der Fälle überschritten wird und die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit im Durchschnitt eher 36 km/h beträgt,

die tatsächliche Belastung nicht weit höher liegt, als die anhand der dortigen höchstzulässigen Geschwindigkeit von 30 km/h errechnete (Quelle: Pressemitteilung des VG Cottbus vom 30.01.2017).