Tag Abmahnkosten

LG Frankfurt entscheidet: 11-Jähriger ist für Urheberrechtsverletzung durch Filesharing wegen fehlender Einsichtsfähigkeit

…. nicht verantwortlich im Sinne des § 828 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und haftet deshalb weder auf Schadensersatz noch für Abmahnkosten.

Mit Urteil vom 29.10.2020 – 2-03 O 15/19 – hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem ein 11-Jähriger, 

  • während eines Wochenendaufenthalts bei seinem Großvater 

über den Internetzugang des Großvaters eine Urheberrechtsverletzung durch die Nutzung eines „Filesharing“- Netzwerkes begangen hatte, indem von ihm 

  • ein Computerspiel unentgeltlich aus dem Internet heruntergeladen und 
  • aufgrund der Funktionsweise des „Filesharing“-Netzwerkes damit zugleich auch vom Internetanschluss seines Großvaters aus zum „Download“ anderen Nutzern angeboten

worden war, die Klage 

  • des Inhabers der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel 

auf Ersatz des Schadens aus § 97 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzgesetze (UrhG)) sowie der Abmahnkosten 

  • sowohl gegen den 11-jährigen 
  • als auch gegen dessen Großvater 

abgewiesen.

Dass dem Rechteinhaber weder ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den 11- Jährigen, noch gegen dessen Großvater zusteht, hat das LG wie folgt begründet:

Der 11-jährige Täter der Urheberrechtsverletzung sei für diese, weil   

  • einem Kind in seinem Alter – auch einem überdurchschnittlich intelligenten, dem von den Eltern die Nutzung einer Internet-Tauschbörse untersagt worden ist – wegen der Komplexität einer Urheberrechtsverletzung im Wege des Filesharing regelmäßig noch das Verständnis für die Rechtswidrigkeit des „Hochladens“ eines Computerspiels in das Netz fehle, 

mangels entsprechender Einsichtsfähigkeit nicht verantwortlich im Sinne des § 828 Abs. 3 BGB und der Großvater, 

  • der nicht Täter der Urheberrechtsverletzung war,

haftet 

  • weder gemäß § 832 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der gesetzlichen 
  • noch nach § 832 Abs. 2 BGB wegen Verletzung der vertraglich übernommenen Aufsichtspflicht

auf Schadensersatz, weil 

  • die gesetzliche Aufsichtspflicht nicht ihn, sondern die Eltern des 11-Jährigen trifft

und 

  • allein ein Wochenendaufenthalt eines 11-Jährigen bei seinem Großvater noch keine stillschweigende vertragliche Übernahme der Aufsichtspflicht begründet.

AG Frankfurt entscheidet wann der Inhaber eines Internet(familien)anschlusses für Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing haftet

Mit Urteil vom 18.01.2019 – 29 C 2227/18 (85) – hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt in einem Fall, in dem

  • ein Film über eine Tauschbörse illegal zum Download über eine IP-Adresse angeboten worden war und

die von dem Rechteinhaber

  • auf Schadensersatz und Abmahnkosten

in Anspruch genommene Internetanschlussinhaberin, sich dahingehend eingelassen hatte, dass

  • sie den Film nicht heruntergeladen habe sowie
  • aufgrund der Verschlüsselung Zugriff zu ihrem Internetzugang außer ihr nur ihr Mann und ihr Sohn habe, die aber nach ihrem Wissen Tauschbörsen im Internet nicht benutzen,

die Internetanschlussinhaberin zur Zahlung von Schadensersatz i.H. eines Betrages, der einer entsprechenden Nutzungslizenz entspricht sowie von Abmahnkosten verurteilt.

Begründet hat das AG dies damit, dass,

ein Inhaber eines Familienanschlusses, der auf Familienmitglieder als mögliche Täter der Urheberrechtsverletzung verweist, nachvollziehbar vorzutragen habe,

  • welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die Verletzungshandlung ohne sein Wissen und Zutun zu begehen,

die Anschlussinhaberin

  • hier zwar vorgetragen habe, dass neben ihr auch ihr Ehemann und ihr Sohn im Verletzungszeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss hatten,
  • jedoch nicht ersichtlich sei, dass diese als Täter der Urheberrechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen, nachdem die Anschlussinhaberin selbst die Einschätzung vertritt, dass diese keine Tauschbörsen benutzen,

so dass weiter zu vermuten sei, dass die Anschlussinhaberin selbst den Film zum Download angeboten habe.

Nach dieser – noch nicht rechtskräftigen – Entscheidung soll der Inhaber eines Internetanschlusses für Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing auch dann haften, wenn

  • nicht sicher ist, dass der Anschlussinhaber selbst der Täter ist und
  • es sich um einen „Familienanschluss“ handelt.