Tag Absicht

Wann liegt eine Ansammlung vor, wenn nach einer Corona-Bekämpfungs-Verordnung Ansammlungen

…. bußgeldbewehrt verboten sind?

Mit Urteil vom 08.03.2021 – 3 OWi 6 SsRs 395/20 – hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz darauf hingewiesen, dass  

  • ein kurzes Zusammentreffen mehrerer Personen zum Austausch von Begrüßungen oder Ähnlichem, 
  • bei dem von vornherein durch die Wahrung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes eine Übertragung der Virusinfektion ausgeschlossen ist,

keine bußgeldbewehrte verbotene „Ansammlung“ 

  • im Sinne einer Corona-Bekämpfungs-Verordnung 

darstellt und in einem Fall einen Betroffenen freigesprochen, dem deswegen ein 

  • Verstoß gegen das in einer Corona-Bekämpfungs-Verordnung angeordnete Ansammlungsverbot 

vorgeworfen worden war, weil er,  

  • als er in Begleitung eines Freundes einen Geldautomaten aufgesucht hatte und 
  • zufällig auf einen Bekannten getroffen war, der seinerseits in Begleitung eines Freundes unterwegs war, 

mit seinem Begleiter und dem anderen Personenpaar, 

  • bei Einhaltung eines Abstandes von 1,5 bis 2 Meter, 

ungefähr ein bis zwei Minuten im Halbkreis 

  • zusammen gestanden war und 
  • sich, um einem dieser Bekannten wegen des Todes der Großmutter zu kondolieren, unterhalten hatte. 

Dass in einem solchen Fall 

  • keine verbotene „Ansammlung“ 

vorliegt, hat der Bußgeldsenat damit begründet, dass, wenn eine Corona-Bekämpfungs-Verordnung 

  • „Ansammlungen“ verbietet und 
  • bei einem Verstoß dagegen ein Bußgeld vorsieht, 

der Begriff der „Ansammlung“ 

  • zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz)

einer einschränkenden verfassungskonformen Auslegung bedarf, die das öffentliche Interesse daran, 

  • eine weitere Ausbreitung des Infektionsgeschehens zu verhindern, 

in einen angemessenen und vernünftigen Bezug zu den Bedürfnissen und unantastbaren Rechten der Bürger setzt und hiervon ausgehend, 

  • damit nicht die rein zufällige gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Personen, wie sie beispielsweise beim Einkaufen des täglichen Lebensbedarfs oder bei einem Spaziergang entstehen kann, zur Ordnungswidrigkeit wird, 

maßgebend für die Beurteilung, ob eine „Ansammlung“ vorliegt, zum einen ist, 

  • ob dem Zusammentreffen die Absicht zugrunde liegt, sich für einen längeren als nur flüchtigen Moment gemeinsam an einem bestimmten Ort aufzuhalten

sowie zum anderen, 

  • ob bei dem Zusammentreffen der durch die Verordnung vorgegebene Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Personen eingehalten wird (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz). 

Kann man sich bei (zu) schnellem Fahren mit nur einem Kraftfahrzeug allein wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens

…. strafbar machen?   

Man kann, sofern 

  • bei dem zu schnellen Fahren bestimmte Verhaltensweisen feststellbar sind und 
  • mit dem zu schnellen Fahren bestimmte Absichten verfolgt werden. 

Wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens nach § 315d Strafgesetzbuch (StGB) macht sich nämlich nicht nur strafbar, wer im Straßenverkehr 

  • ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt (§ 315d Abs. 1 Nr. 1 StGB) und
  • als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt (§ 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB)

sondern nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB auch, wer im Straßenverkehr sich als Kraftfahrzeugführer

  • mit nicht angepasster Geschwindigkeit und 
  • grob verkehrswidrig und 
  • rücksichtslos 

fortbewegt, 

  • um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

Die Tatbestandsalternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB soll

  • neben den Rennen mit mehreren Kraftfahrzeugen 

auch Fälle des schnellen Fahrens mit nur einem einzigen Kraftfahrzeug strafrechtlich erfassen, die über den 

  • Kreis alltäglich vorkommender, wenn auch erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitungen 

hinausragen, weil der Fahrer mit einem Kraftfahrzeug 

  • in objektiver und subjektiver Hinsicht 

ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt.

Voraussetzung für die Verwirklichung dieser Tatbestandsalternative ist, 

  • ein schnelleres Fahren als dies nach § 3 Abs. 1 Straßen-Verkehrsordnung (StVO) geboten ist oder 
  • ein Überschreiten der in § 3 Abs. 3 StVO geregelten allgemeinen Höchstgeschwindigkeit,

dass sich das Fahren mit einer solchen nicht angepassten Geschwindigkeit darstellt sowohl als grob verkehrswidrig, 

  • was sich ergeben kann, 
    • schon aus der besonderen Massivität des Geschwindigkeitsverstoßes oder 
    • aus begleitenden anderweitigen Verkehrsverstößen, die in einem inneren Zusammenhang mit der nicht angepassten Geschwindigkeit stehen

als auch als rücksichtslos,

  • beispielsweise durch das aus eigensüchtigen Motiven bewusste Hinwegsetzen über die berechtigten Belange anderer Verkehrsteilnehmer  

und dass die 

  • grob verkehrswidrige und rücksichtslose, mit nicht angepasster Geschwindigkeit, unternommene 

Fahrt von der Absicht getragen wird, nach den Vorstellungen des Fahrers, 

  • über eine unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten nicht ganz unerhebliche Wegstrecke, 
  • die unter den konkreten situativen Gegebenheiten – wie Motorisierung, Verkehrslage, Streckenverlauf, Witterungs- und Sichtverhältnisse etc. – maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen, durch Beschleunigung des Fahrzeugs bis zur relativen Grenzgeschwindigkeit. 

Für die Absicht des Fahrers, 

  • nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke die nach den situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen, 

reicht es aus, dass er 

  • das Erreichen der situativen Grenzgeschwindigkeit 

als aus seiner Sicht 

  • notwendiges Zwischenziel 

anstrebt, um ein 

  • weiteres Handlungsziel,

zu erreichen.

Somit werden von der Strafvorschrift des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB auch 

  • sogenannte Polizeifluchtfälle 

erfasst, wenn festgestellt werden kann, dass es dem Fahrzeugführer darauf ankam,    

  • als notwendiges Zwischenziel für eine erfolgreiche Flucht 

über 

  • eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke 

die gefahrene Geschwindigkeit 

  • bis zur Grenze der situativ möglichen Höchstgeschwindigkeit 

zu steigern (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 17.02.2021– 4 StR 225/20 –).