Tag Abstammung

Was Mütter über ihr Recht auf Anfechtung der Vaterschaft wissen sollten, wenn rechtliche und leibliche Vaterschaft auseinanderfallen

Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haben Mütter 

  • ein eigenes Recht 

auf Anfechtung der Vaterschaft.

Sie können die Vaterschaft der Männer, die rechtlich besteht, weil 

  • sie zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit dem Mann verheiratet waren (§ 1592 Nr. 1 BGB) oder
  • das Kind innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung der Ehe durch Tod des Mannes geboren wurde (§ 1593 BGB) oder
  • der Mann die Vaterschaft anerkannt hat (§ 1592 Nr. 2 BGB), 

binnen einer Frist von zwei Jahren (§ 1600b BGB),

  • mit der Begründung, dass dieser rechtliche Vater nicht der leibliche Vater des Kindes ist,  

gerichtlich anfechten und dadurch, dass sie die Vermutung nach § 1600c BGB, 

  • dass das Kind von dem rechtlichen Mann abstammt,

mittels eines Abstammungsgutachtens widerlegen, das 

  • Nichtbestehen der Vaterschaft 

feststellen lassen. 

Von weiteren Voraussetzungen, 

  • insbesondere einer Kindeswohldienlichkeit,

ist das Recht der Mütter auf Anfechtung der Vaterschaft nicht abhängig. 

  • Rechtsgeschäftlich ausgeschlossen werden kann das Recht auf Anfechtung der Vaterschaft nicht und 
  • ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht ist wirkungslos.

Auch ist, wenn eine Ehe in dem beiderseitigen Wissen, 

  • dass die Braut von einem anderen Mann schwanger ist, 
  • mit dem Ziel, dem Bräutigam den Status als rechtlicher Vater zu verschaffen, 

geschlossen worden ist, die Kindsmutter nicht nach Treu und Glauben an der Anfechtung der durch die Ehe gemäß § 1592 Nr. 1 BGB begründeten Vaterschaft gehindert. 

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 18.03.2020 – XII ZB 321/19 – hingewiesen. 

Was durch Spendersamen gezeugte Kinder, deren Eltern und die Samenspender wissen sollten

Haben Eltern zur Realisierung ihres Kinderwunsches

  • bei der Kindsmutter eine künstliche heterologe Insemination durchführen lassen und
  • zu diesem Zweck mit einer Samenbank einen Vertrag geschlossen, nach dem die Samenbank verpflichtet war auf Anforderung des behandelnden Gynäkologen Spendersamen zu liefern,

kann ein Kind, das durch den von der Samenbank gelieferten Spendersamen gezeugt worden ist, von der Samenbank

  • Auskunft über die Identität des Samenspenders verlangen,
  • d.h. die Nennung alle relevanten Daten des Samenspenders wie Namen, Geburtsdatum, Personalausweisnummer und Anschrift zum Zeitpunkt der Samenspende

und zwar auch dann, wenn von den Eltern mit notarieller Vereinbarung gegenüber dem natürlichen Vater und dem behandelnden Arzt auf einen eventuellen Anspruch auf Preisgabe der Identität des natürlichen Vaters verzichtet worden ist.

Das hat das Amtsgericht (AG) Wedding mit Urteil vom 27.04.2017 – 13 C 259/16 – entschieden.

Nach Auffassung des AG

  • leitet sich dieser Auskunftsanspruch aus der durch den Vertrag der Eltern mit der den Spendersamen liefernden Samenbank ab, bei dem es sich – ebenso wie der Behandlungsvertrag zwischen Wunscheltern und einer Klinik für Reproduktionsmedizin – um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des zu zeugenden Kindes handelt, der mit der Geburt des Kindes eine die Auskunftspflicht nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) rechtfertigende rechtliche Sonderbeziehung zu dem Kind begründet

und

  • kommt dem verfassungsrechtlich geschützten Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung gegenüber dem ebenfalls dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterfallenden Recht des Samenspenders auf informationelle Selbstbestimmung vor dem Hintergrund, dass sich der Samenspender bewusst mit einem maßgeblichen Beitrag an der Zeugung menschlichen Lebens beteiligt hat und hierfür eine soziale und ethische Verantwortung trägt, regelmäßig ein höheres Gewicht zu.

Hingewiesen hat das AG ferner darauf, dass der Auskunftsanspruch durch die Eltern als die gesetzlichen Vertreter im Interesse eines noch minderjährigen Kindes geltend gemacht werden kann,