Tag Anordnung

Nicht immer ist im Erbschein eine angeordnete Testamentsvollstreckung zu vermerken

Mit Beschluss vom 03.04.2017 – 2 Wx 72/17 – hat der für Nachlasssachen zuständige 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln darauf hingewiesen, dass

  • eine vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung dann nicht im Erbschein zu vermerken ist,

wenn

  • die Erben durch die Testamentsvollstreckung nicht in ihrer Verwaltungs- und Verfügungsmacht über den Nachlass beschränkt werden sollen bzw. sind,

der Erblasser also beispielsweise in seinem Testament Testamentsvollstreckung angeordnet und bestimmt hatte, dass

  • die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers in der „Überwachung“ seiner letztwilligen Anordnung,
  • nicht aber in der laufenden Verwaltung des Nachlasses bestehen soll.

Danach ist im Falle einer solchen nur „beaufsichtigenden Testamentsvollstreckung“ gemäß § 2208 Abs. 2 BGB,

  • bei der es Aufgabe des Testamentsvollstreckers lediglich ist, die Einhaltung der Anordnungen des Erblassers zu kontrollieren,

der Zusatz im Erbschein „Es ist Testamentsvollstreckung angeordnet“ nicht aufzunehmen (Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15.09.2017).

Wenn wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein Regelfahrverbot droht

….. wird von einem bußgeldrechtlich verwirkten Fahrverbot abgesehen, wenn der Betroffene irrtümlich der Meinung war, die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung beziehe sich nicht auf ihn?

Wird von einem Kfz-Führer eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen, weil er

  • das Verkehrszeichen über die zulässige Höchstgeschwindigkeit (Zeichen 274) zwar optisch wahrgenommen hatte,
  • aber beispielsweise wegen eines darunter befindlichen Überholverbotszeichens (Zeichen 277) sowie hierzu angebrachter Zusatzschilder

irrtümlicher Weise der Meinung war, die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung beziehe sich nicht auf ihn, ist er

  • einem vermeidbaren Verbotsirrtum i.S.v. § 11 Abs. 2 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) unterlegen,

da er sich über den Bedeutungsgehalt verkehrsrechtlicher Anordnungen geirrt und ihm deshalb die Einsicht gefehlt hat, Unerlaubtes zu tun.

Ein solcher vermeidbarer Verbotsirrtum kann Anlass geben, von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot Abstand zu nehmen.

Dies gilt allerdings nicht bei jedem vermeidbaren Verbotsirrtum gleichsam zwangsläufig, sondern ist beschränkt auf solche (Verbots)Irrtümer,

  • die ihre Ursache in einem Augenblicksversagen haben,
  • die also als lediglich spontane Fehleinschätzung angesehen werden können, wie sie auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterlaufen kann.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg mit Beschluss vom 27.01.2017 – 3 Ss OWi 50/17 – hingewiesen.

Was ist Voraussetzung für eine strafrechtliche Verurteilung wegen Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung nach § 1 GewSchG?

Eine strafgerichtliche Verurteilung nach § 4 Satz 1 des Gesetzes zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz – GewSchG)

  • wegen Zuwiderhandlungen gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG

setzt voraus, dass

  • das Strafgericht die materielle Rechtmäßigkeit der Schutzanordnung überprüft und
  • dabei die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GewSchG eigenständig feststellt und im Urteil darstellt,
    • wobei es an die Entscheidung des Familiengerichts insoweit nicht gebunden ist.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg mit Urteil vom 31.01.2017 – 3 OLG 6 Ss 4/17 – im Anschluss an die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.11.2013 – 3 StR 40/13 – und vom 28.01.2016 – 3 StR 521/15 – hingewiesen.

Das bedeutet,

  • dass nicht lediglich der in dem formalen Verstoß gegen § 1 GewSchG liegende Ungehorsam gegenüber staatlichen Entscheidungen strafrechtlich geahndet werden kann,
  • sondern eine strafrechtliche Sanktion lediglich dann in Betracht kommt, wenn das Strafgericht die Rechtmäßigkeit der Anordnung einschließlich des Verhaltens, auf dem die Anordnung beruht, selbst überprüft sowie festgestellt hat und
  • demzufolge der Tatbestand des § 4 Satz 1 GewSchG nicht erfüllt ist, wenn sich bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung durch das Strafgericht herausstellt, dass sie nicht hätte ergehen dürfen, etwa weil der Täter die der Anordnung zugrunde gelegte Tat nicht begangen hat (BGH, Beschluss vom 28.11.2013 – 3 StR 40/13 –).

Betroffene sollten wissen, wann ein im Bußgeldbescheid festgesetztes Regelfahrverbot wegfallen kann

Ist in einem Fall,

  • in dem gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) oder gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV bei begangenen Ordnungswidrigkeiten nach § 24 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) die Anordnung eines Fahrverbots (§ 25 Abs. 1 S. 1 StVG) in der Regel in Betracht kommt,
  • von der Bußgeldbehörde im Bußgeldbescheid ein Fahrverbot festgesetzt und
  • gegen den Bußgeldbescheid vom Betroffenen Einspruch eingelegt worden,

darf der Bußgeldrichter, falls er den Betroffenen wegen der entsprechenden Ordnungswidrigkeit verurteilt, das Fahrverbot nur dann wegfallen lassen,

  • wenn entweder die Würdigung der Tat und der Persönlichkeit des Betroffenen ergibt, dass bestimmte besondere Umstände vorliegen nach denen es ausnahmsweise der Warn- und Denkzettelfunktion eines Fahrverbots bei dem Betroffenen nicht bedarf, wie beispielsweise bei einem sog. „Augenblicksversagen“, wie es auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterlaufen kann oder
  • wenn die Anordnung eines Fahrverbots eine für den Betroffenen – durch andere Maßnahmen nicht kompensierbare – Härte ganz außergewöhnlicher Art bedeuten würde und demzufolge unverhältnismäßig wäre.

Eine Härte ganz außergewöhnlicher Art kann beispielsweise vorliegen,

  • oder wenn ein Betroffener krankheitsbedingt auf die Kfz-Nutzung angewiesen ist.

Beruft sich ein Betroffener auf das Vorliegen einer solchen Härte ganz außergewöhnlicher Art, muss er entsprechende Tatsachen dafür vortragen und Beweismittel hierfür anbieten (OLG Bamberg, Beschluss vom 29.10.2012 – 3 Ss OWi 1374/12 – und Beschluss vom 17.01.2017 – 3 Ss OWi 1620/16 – zum Absehen vom Fahrverbot wegen krankheitsbedingter Angewiesenheit auf Kfz-Nutzung).