Tag BDSG

Was, wer eine Videokamera auf seinem Grundstück installieren möchte, wissen und beachten sollte

Grundstückseigentümern ist es gestattet,

  • zum Schutz vor unberechtigten Übergriffen auf ihr Eigentum,

ihren Grundbesitz (auch den eigenen nur für sie und ggf. für ihre Familienangehörigen zugänglichen Hauseingangsbereich) mit Videokameras zu überwachen.

Jedoch muss, da schon allein die Herstellung von Filmaufzeichnungen einer Person mit einer Videokamera,

  • auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen,
  • etwa auf einem öffentlichen Weg,

einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dieser Person darstellen

  • und einen Anspruch der betroffenen Person auf Unterlassung bzw. Beseitigung der Überwachungsanlage begründen

kann, bei der Installation sichergestellt werden, dass die Kamera

  • weder auf den angrenzenden öffentlichen Bereich,
  • noch auf benachbarte Privatgrundstücke oder
  • den gemeinsame Zugang zu diesen

gerichtet ist und von der Kamera

  • ausschließlich Bereiche des eigenen Grundstücks

erfasst werden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 265/10 –), außer

  • das berechtigte Überwachungsinteresse überwiegt das Interesse der betroffenen Personen (Nachbarn, Passanten oder Dritten), deren Verhalten mit überwacht wird und
  • die Ausgestaltung der Überwachung trägt unter Berücksichtigung von § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis dieser einzelnen Personen ausreichend Rechnung (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 24.05.2013 – V ZR 220/12 – sowie Amtsgericht (AG) München, Urteil vom 20.03.2015 – 191 C 23903/14 – dazu wann ausnahmsweise bei Erstreckung des Erfassungswinkels auf einen schmalen Streifen des öffentlichen Gehwegs ein überwiegendes Interesse des Betreibers der Videoanlage bejaht werden kann).

Beachtet werden sollte ferner, dass auch dann, wenn

  • die Überwachungskamera allein auf das eigene Grundstück gerichtet ist,

durch die Installation für Dritte aber

  • ein unzulässiger Überwachungsdruck aufgebaut wird,

weil

  • nicht nur die hypothetische Möglichkeit einer Erfassung bzw. Überwachung besteht, sondern

diese

  • aufgrund nachvollziehbarer und verständlich erscheinender konkreter Anhaltspunkte

eine Überwachung durch die Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen,

  • etwa aufgrund eines eskalierenden Nachbarstreits oder objektiv Verdacht erregender Umstände,

das Persönlichkeitsrecht dieser Dritten auch

  • bei einer Ausrichtung der Überwachungskamera allein auf das eigene Grundstück

beeinträchtigt sein kann (AG München, Urteile vom 17.04.2018 – 172 C 14702/17 – sowie vom 22.11.2018 – 213 C 15498/18 –).

Übrigens:
Für Wohnungseigentümer gilt das oben Ausgeführte entsprechend. Das bedeutet, die Kamera darf ausschließlich

  • auf Bereiche ausgerichtet sein und
  • Bereiche erfassen,

die dem Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers zugehören (vgl. AG München, Urteil vom 28.02.2019 – 484 C 18186/18 WEG –

  • zur Unzulässigkeit der Videoüberwachung einer Wohnungseigentumsanlage mit einer auf Gemeinschaftsflächen gerichteten Wildcam

sowie BGH, Urteil vom 24.05.2013 – V ZR 220/12 –

  • dazu wann die Überwachung des Eingangsbereichs einer Wohnanlage mittels Videokamera durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zulässig ist.

In Internetbewertungsportalen bewertete Betroffene sollten wissen, dass sie die Löschung ihrer veröffentlichten Daten dann verlangen können, wenn

…. der Bewertungsportalbetreiber mit der mit dem Bewertungsportal verbundenen Praxis seine Stellung als „neutraler“ Informationsmittler verlässt.

Darauf und dass der Betreiber eines Arztsuche- und Arztbewertungsportals im Internet

  • seine Rolle als „neutraler“ Informationsmittler zugunsten eines Werbeangebots dann verlässt,

wenn er Ärzten, gegen Zahlung eines Entgelts, anbietet, ihr Profil auf dem Portal,

  • auf dem, neben den sogenannten „Basisdaten“ eines Arztes, wie akademischer Grad, Name, Fachrichtung, Praxisanschrift, weitere Kontaktdaten sowie Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen,
  • auch Bewertungen abgerufen werden können, die von Nutzern in Form eines Notenschemas, aber auch von Freitextkommentaren, abgegeben worden sind,

anders als das Basisprofil der nichtzahlenden Ärzte, mit einem Foto sowie zusätzlichen Informationen zu versehen und daneben

  • beim Aufruf des Profils eines nichtzahlenden Arztes – als „Anzeige“ gekennzeichnet – die Profilbilder unmittelbarer Konkurrenten gleicher Fachrichtung im örtlichen Umfeld mit Entfernungsangaben und Noten eingeblendet werden,
  • während eine solche Einblendung beim Aufruf des Profils der zahlenden Ärzte unterbleibt,

hat der Sechste Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.02.2018 – VI ZR 30/17 – hingewiesen.

Denn, so der Senat, nimmt ein Portalbetreiber sich in einer solchen Weise zugunsten eines Werbeangebots in seiner Rolle als „neutraler“ Informationsmittler zurück, überwiegt,

  • gegenüber seinem Grundrecht auf Meinungs- und Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG), Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)),

das Recht der im Portal gegen ihren Willen mit ihrem akademischen Grad, ihren Namen, ihrer Fachrichtung und ihrer Praxisanschrift geführten nichtzahlenden Ärzte auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK),

  • so dass ihnen ein „schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung“ ihrer Daten (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)) zuzubilligen und
  • ihre Daten damit nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG zu löschen sind (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 20.02.2018).

Betreiber von Online-Portalen können schnell in Konflikt mit dem Bundesdatenschutzgesetz kommen

… und sollten sich deshalb bei der Ausgestaltung des Portals von einem Rechtsanwalt beraten lassen, am Besten einem Anwalt der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für IT-Recht“ hat.

Beispielsweise verstößt, wer im Internet ein Online-Portal betreibt,

  • mit dem das Fahrverhalten von Verkehrsteilnehmern und -teilnehmerinnen unter Angabe des Kfz-Kennzeichens im Wesentlichen anhand eines Ampelschemas (grün = positiv, gelb = neutral, rot = negativ) bewertet werden kann,

dann gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), wenn

  • die abgegebenen Bewertungen von jedermann ohne Registrierung eingesehen werden können.

Darauf hat der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 19.10.2017 – 16 A 770/17 – hingewiesen und

  • wegen der nach § 29 BDSG datenschutzrechtlich unzulässigen Ausgestaltung des Fahrerbewertungsportals,

dem Betreiber aufgegeben, die Plattform so umzugestalten,

  • dass nur noch der jeweilige Halter oder die jeweilige Halterin eines Fahrzeugs die dafür abgegebenen Bewertungen einsehen kann und
  • sich zu diesem Zweck zuvor registrieren muss.

Denn, so der Senat,

  • da die zu einzelnen Kfz-Kennzeichen abgegebenen und gespeicherten Bewertungen personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG seien und
  • an einer unbegrenzten öffentlichen Einsehbarkeit der vollständig anonymen Bewertungen von in der Regel privat motiviertem Verhalten hier keine gewichtigen Interessen bestehen,

überwiege im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung