Tag Bundesgerichtshof (BGH)

Vertragsstrafenregelungen in Allgemeine Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags – Wann benachteiligen sie den Auftragnehmer unangemessen?

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB ) des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafenklausel in einem Bauvertrag benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist demzufolge gemäß § 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) unwirksam, wenn sie eine Höchstgrenze von über 5% der Auftragssumme vorsieht (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 23.01.2003 – VII ZR 210/01 –).

Mit Urteil vom 06.12.2012 – VII ZR 133/11 – hat der BGH jetzt darauf hingewiesen, dass diese Wertung auch die Beurteilung beeinflussen muss, welche in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Höhe einer Vertragsstrafe nicht mehr hingenommen werden kann,

  • wenn es um die Sicherung von Zwischenterminen geht und
  • hierzu entschieden, dass eine Vertragsstrafenregelung in einem solchen Fall unwirksam ist, wenn sie die Obergrenze der für eine schuldhafte Überschreitung eines Zwischentermins zu zahlende Vertragsstrafe an die Gesamtauftragssumme knüpft.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren in den vom BGH für unwirksam erklärten Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers als Vertragsstrafe vorgesehen, ein bestimmter Betrag für jeden Werktag des Verzugs sowohl bei Überschreitung der Ausführungsfrist als auch bei Überschreitung der Einzelfristen sowie eine Begrenzung der Vertragsstrafe auf insgesamt 5 % der Auftragssumme.
Der BGH hat in diesem Urteil abschließend darauf hingewiesen, dass, wenn im Einzelfall bei Nichteinhaltung einer Zwischenfrist ein ebenso hoher oder noch höherer Schaden wie bei Überschreitung einer Fertigstellungsfrist entstehen kann, der Auftraggeber ausreichend durch die Möglichkeit geschützt ist, seinen Schadensersatz gesondert gegen den Auftragnehmer zu verfolgen und es ihm darüber hinaus auch unbenommen ist, eine Vertragsstrafe individuell zu vereinbaren.

 

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Wann haften Eltern für File-Sharing ihrer Kinder?

Mit Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen im Falle von File-Sharing von Eltern Schadenersatz wegen Verletzung der Aufsichtspflicht verlangt werden kann.

Danach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kindes, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern – so der BGH – erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.

 

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Siehe auch:
http://www.focus.de/digital/internet/illegale-musik-downloads-eltern-haften-nicht-fuer-filesharing-des-kindes_aid_861702.html
http://www.stern.de/digital/online/bgh-urteil-zu-illegalen-musikdownloads-das-muessen-eltern-ueber-filesharing-wissen-1927018.html

 

Expo Guide, andere „Branchenbücher“ und Abofallen – Der BGH hat entschieden.

Expo Guide, ähnliche „Branchenbücher“ und verschiedene Abofallen haben lange Zeit mir ihren Rechnungen viele Vereine, Kaufleute und Gewerbetreibende verunsichert.
Expo Guide hat Unterlagen übersendet die man ausfüllen sollte. Im „Kleingedruckten“ war dann vermerkt, dass hierfür erhebliche Kosten anfallen sollen.
Der BGH hat sich zwischenzeitlich mit dieser Thematik befasst und bei einem derartigen Vorgehen einen kostenpflichtigen Vertragsschluss verneint.

Der BGH führt aus:
„Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.“ BGH, Urteil vom 26.07.2012, Az.: VII ZR 262/11.

Die Entscheidung ist aus mehreren Gründen interessant. Zum einen steht damit fest dass sich „Kunden“ von Expo-Guide und anderen Branchenbüchern keine größeren Sorgen mehr machen müssen. Zum anderen dürfte die Entscheidung aber auf eine Vielzahl anderer Fälle zu übertragen sein. So erscheint die Entscheidung auch ohne weiteres auf solche Anbieter übertragbar die auf Grund einer Anmeldung irgendwelche andere vermeintliche Leistungen anbieten. Eine aktuelle Liste über derartige „Abofallen“ findet man beispielsweise auf der Seite der Computerbild unter http://www.computerbild.de/internet-abzocke/.

In rein rechtlicher Hinsicht ist ebenfalls interessant, dass der BGH damit noch einmal klargestellt hat, dass auch Vereinbarungen im Bezug auf Hauptleistungspflichten (hier Zahlungspflicht) einer AGB-Kontrolle unterzogen werden können. Dies wurde vereinzelt immer wieder verneint.

 

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BGH: Umzug kein Grund für DSL-Kündigung?

DSL-Verträge haben meist eine lange Laufzeit. Müssen Sie während der Laufzeit umziehen, so können Sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes den Vertrag mit dem Telefonanbieter aber selbst dann nicht kündigen, wenn DSL an ihrem neuen Wohnort gar nicht verfügbar ist (BGH, Urteil vom 11.11.2010, Az.: III ZR 57/10).

Leitsatz des Bundesgerichtshofs (BGH):
„Der Inhaber eines DSL-Anschlusses hat kein Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, wenn er an einen Ort umzieht, an dem keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSL-Technik zulassen.“

Ein Umzug stellt nach Meinung des Bundesgerichtshofes keinen wichtigen Grund dar, der ein Sonderkündigungsrecht begründet. Das wirtschaftliche Risiko, dass der Anschluss nach dem Umzug nicht mehr zur Verfügung gestellt werden kann trägt grundsätzlich der Kunde.

In Einzelfällen mag der Sachverhalt anders zu bewerten sein. So hätte im Fall des BGH die Möglichkeit bestanden, einen Vertrag mit kürzerer Laufzeit zu höheren Koten zu wählen. Die Begründung des Bundesgerichtshofes lässt jedoch nur eingeschränkten Spielraum für eine andere Beurteilung.

 

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BGH: Wie kauft man eigentlich Benzin?

Rechtsprobleme beim Tanken. Benzinkauf ist rechtlich komplizierter als man im ersten Moment vielleicht denkt. Bisher war nicht eindeutig geklärt, wann und wie es überhaupt zu einem Vertragsschluss mit der Tankstelle kommt. Was passiert eigentlich wenn man aus versehen ohne zu zahlen losfährt (vorsätzliches Losfahren ist eine Straftat). Der Bundesgerichtshof hat sich jetzt geäußert und folgendes entschieden:

„Ein Kunde, der an einer Selbstbedienungstankstelle Kraftstoff in seinen Tank füllt, schließt bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Tankstellenbetreiber oder – je nach der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Tankstellenbetreiber und Mineralölunternehmen – durch Vermittlung des Tankstellenbetreibers mit dem Mineralölunternehmen einen Kaufvertrag über die entnommene Menge Kraftstoff.“

Das bedeutet, dass der Vertrag bereits mit dem Einfüllen des Benzins abgeschlossen wird. Im Ergebnis ist damit der Zahlungsanspruch der Tankstelle auch mit dem Befüllen abgeschlossen. Fährt man nun versehentlich los und engagiert der Tankstellenbetreiber einen Anwalt und/oder eine Detektei, so kann der die Kosten als Verzugsschaden verlangen:

„Beim Tanken an einer Selbstbedienungstankstelle handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft. Deshalb ist dem Tankstellenbetreiber eine Mahnung des Kunden, sobald dieser das Tankstellengelände verlassen hat, ohne erheblichen Aufwand nicht mehr möglich, da die Personalien des Kunden und dessen Anschrift dem Tankstellenbetreiber in aller Regel unbekannt sind. Damit ist auf Seiten des Tankstellenbetreibers ein gewichtiges Interesse gegeben, dass der Verzug ohne Mahnung eintritt „ (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2011, Az.: VIII ZR 171/10)

 

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Haftung bei Leasingfahrzeugen – Wer muss zahlen?

Wenn ein Leasingfahrzeug bei einem Unfall beschädigt wird gibt es meist Ärger. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte zu entscheiden, ob der Leasinggeber vom Leasingnehmer auch dann Ersatz des Schadens an seinem Kraftfahrzeug verlangen kann, wenn den Leasingnehmer an dem Unfall gar kein Verschulden trifft.

Nach Auffassung des BGH steht dem Leasinggeber in diesem Fall kein Schadensersatzanspruch gegen den Leasingnehmer zu. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht im Rahmen der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG. Nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Halter Grundsätzlich zum Schadenersatz verpflichtet wenn:
-bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers (der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden),

  • ein Mensch getötet,
  • der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder
  • eine Sache beschädigt wird.

Der BGH hat seine ablehnende Entscheidung damit begründet, dass sich die Haftung des Halters (in unserem Fall des Leasingnehmers) nach dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG nicht auf das von ihm gehaltene Fahrzeug selbst erstreckt, sondern nur bezweckt, Dritte vor den ihnen aufgezwungenen Gefahren des Kraftfahrzeugbetriebs zu schützen. Dies wäre mit einer eine Haftung des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber allein aufgrund dessen Eigentums nicht zu vereinbaren.

BGH, Urteil vom 07.12.2010 – Az.: VI ZR 288/09 –

 

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BGH stärkt die Rechte der Männer

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 09.11.2011, Aktenzeichen XII ZR 136/09, entschieden, dass der Anspruch des Scheinvaters auf die Wahrheit über die echte Vaterschaft Vorrang gegenüber der Privatsphäre der Mutter hat.

Geklagt hatte ein Mann, der sich vor der Geburt des Kindes von seiner Partnerin trennte von der er sodann als Vater angegeben wurde. Aufgrund eines Vaterschaftstests stellte sich später jedoch heraus, dass der Mann nicht Vater des Kindes ist. Der Mann wollte deshalb das Geld für die Babyausstattung und bereits gezahlten Unterhalt in Höhe von insgesamt 4.500,– € vom leiblichen Vater zurück. Die Frau weigerte sich jedoch die Identität des leiblichen Vaters, der zwischenzeitlich seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen war, bekannt zu geben und berief sich hierbei auf ihr Recht auf Informationelle Selbstbestimmung.

Bereits die vorangegangenen Gerichte hatten entschieden, dass die Einschränkung des Persönlichkeitsrechts der Frau gerechtfertigt sei. Hiernach schulde die Frau nach Treu und Glauben die Auskunft über die Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Der Mann habe somit das Recht gemäß § 242 BGB den Namen des Vaters zu erfahren. Anderenfalls wäre dem Scheinvater die Durchsetzung des Regressanspruches nicht möglich.

Auch das Bundesverfassungsgericht hatte den Kindern das Recht zugestanden, die Wahrheit über ihre Väter zu erfahren. Der Anspruch des Kindes wurde insoweit höher bewertet, als das Recht der Mutter, das Wissen für sich zu behalten.

 

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Brennender Adventskranz – Regressanspruch des Versicherers?

Pünktlich zur Weihnachtszeit stellt sich die Frage wie das eigentlich ist wenn bei einem Mieter neben dem Adventskranz plötzlich das ganze Haus brennt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits im Jahre 2006 entschieden, dass dem Gebäudeversicherer des Vermieters ein Regressanspruch gegen die Haftpflichtversicherung des Mieters bei einem aufgrund einfacher Fahrlässigkeit verursachten Brandes nicht zusteht. Ein entsprechender Anspruch wurde nur bei grober Fahrlässigkeit aufgrund ergänzender Vertragsauslegung bejaht.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall entstand zwei Tage vor Weihnachten aufgrund eines brennenden Adventskranzes in einer Mietwohnung ein Schaden in Höhe von 25.751,– €. Die Gebäudeversicherung des Vermieters kam für den Schaden auf und forderte sodann von der Haftpflichtversicherung des Mieters die Erstattung des Betrages zurück. Die Gebäudeversicherung war der Ansicht, dass es die Mieterin grob fahrlässig unterlassen habe, die Kerzen am Adventskranz vor dem zu Bett gehen zu löschen oder entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Die Mieterin wies den Vorwurf zurück und berief sich im Übrigen auf einen konkludenten Regressverzicht aus dem Versicherungsvertrag des Gebäudeversicherers.

Das OLG Düsseldorf entschied, dass die Mieterin den Brand fahrlässig verursacht habe und daher grundsätzlich dem Vermieter ein Schadensersatzanspruch zustünde, der jedoch auf den Gebäudeversicherer übergegangen sei. Für einen Regressverzicht sei kein Raum, wenn eine Haftpflichtversicherung des Mieters bestehe.

Der BGH hatte sodann entschieden, dass bei einfacher Fahrlässigkeit ein Regressanspruch gerade nicht besteht. Wann von grober oder einfacher Fahrlässigkeit auszugehen sei, habe das Berufungsgericht zu entscheiden. Die Sache wurde vom BGH zurückverwiesen (BGH, Urteil v. 20.12.2006, VIII ZR 67/06).

 

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