Tag Bundesgerichtshof (BGH)

Revisionshauptverhandlung in Strafsachen beim Bundesgerichtshof darf nicht (mehr) ohne Verteidiger stattfinden.

Nach Ansicht des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) ist die bisherige Praxis, in Hauptverhandlungen vor den Strafsenaten des BGH über Revisionen von Angeklagten, Staatsanwaltschaften oder Nebenklägern, ohne jede Beteiligung des Angeklagten zu verhandeln, wenn

  • dieser persönlich an der Hauptverhandlung nicht teilnimmt,
  • sein Wahlverteidiger zur Hauptverhandlung nicht erscheint und
  • auch kein Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers für die Revisionshauptverhandlung gestellt worden ist,

mit der Regelung des Art. 6 Abs. 3 Buchstabe c der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar.
Diese Vorschrift garantiert jedem Beschuldigten das Recht,

  • sich selbst zu verteidigen oder
  • durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen oder
  • den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist.

Der Vorsitzende des 2. Strafsenats des BGH hat deshalb durch Verfügung vom 25.09.2014 – 2 StR 163/14 – entschieden, dass in allen Hauptverhandlungen vor dem Revisionsgericht, wenn

  • der Wahlverteidiger des Angeklagten nicht erscheint oder
  • dies ankündigt,

er zum Pflichtverteidiger zu bestellen ist.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 06.10.2014 – Nr. 140/2014 – mitgeteilt.

 

Metrosex.de – Vorbeugender Unterlassungsanspruch und Kennzeichenverletzung im Internet

Ein Unterlassungsanspruch gegen eine unzulässige Nutzung eines Kennzeichens ergibt sich grundsätzlich dann, wenn das Zeichen im geschäftlichen Verkehr genutzt wird. Auch die Registrierung einer Domain kann eine entsprechende Nutzung eines Zeichens darstellen. Die spannende Frage ist, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen unter Umständen ein vorbeugender Unterlassungsanspruch in Betracht kommt.

Mit Urteil vom 13.03.2008, Az.: I ZR 151/05 hat sich der BGH mit der Frage befasst, on die Registrierung einer Domain bereits eine Nutzung darstellt, durch welche die Schutzrechte eines Dritten gegebenenfalls verletzt werden. Geklagt hatte ein Tochterunternehmen der Metro AG. Die Klagepartei sah in der Registreitung der Domain „metrosex.de“ ihre Kennzeichnungs- und Namensrechte verletzt und verlange Unterlassung der Nutzung und Löschung der Domains.

Die Beklagte hatte insgesamt über 10.000 Domains registriert. Darunter befanden sich seit 09.07.2003 auch die Domains metrosex.de, metrosexuality.de und metro-sex.de. Diese wiesen jedoch keinerlei Inhalte auf. Gleichzeitig bot die Beklagte jedoch unter einer anderen Adresse pornografisches Material und Sexartikel an. Dabei hatte die Beklagte zwischendurch auch die Marke “Metrosex” angemeldet. Diese war fürdie Klassen 3, 14 und 18 eingetragen. Umfasst waren unter anderem auch Körperpflegeartikel, Schmuck und Reiseartikel wie Taschen und Regenschirme. Auf diese Marke hat die Beklagte jedoch ein halbes Jahr nach Eintragung verzichtet.

Vor dem Landgericht Hamburg (Urteil vom 16.07.2004, Az.: 416 O 300/03) und dem Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 28.07.2005, Az.: 5 U 141/04) war die Klägerin erfolgreich. das OLG Hamburg hatte im wesentlichen damit argumentiert, dass zwar die Registrierung für sich genommen noch keine hinreichende Gefahr für eine Schutzrechtsverletzung begründet, um einen vorsroglichen Unterlassungsanspruch begründet, im konrketen Fall aber wegen besonderer Umstände bereits eine hinreichend konkrete Gefahr sag, dass die Domain im konkreten Verkehr genutzt werden soll.

Der BGH hat dies jedoch anders gewürdigt. Nach Ansicht des BGH kommt ein auf eine Erstbegehungsgefahr gestützter „vorbeugender Unterlassungsansprüche“, nur in Betracht, soweit sich die Erstbegehungsgefahr auf eine ganz konkrete Verletzungshandlung bezieht. Die drohende Verletzungshandlung muss sich dabei derart konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind.

Nach Ansicht des BGH war dies vorliegend nicht der Fall. Wie auch das OLG Hamburg, stellte der BGH auf den Begriff “Metrosex” und dessen Bekanntheit ab. Zwar erschließt sich nach dem BGH die tatsächliche Bedeutung des Begriffs Metrosex dem angesprochenen Verkehr nicht unmittelbar. Auch kann der Begriff von den angesprochenen Verkehrskreisen beschreibend – anhand des Begriffes “Metrosex” – verstanden werden. Der Begriff wird jedoch nach Ansicht des BGH nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise nicht in Verbindung mit den Kennzeichen der Klägerin gebracht. Die Erstbegehungsgefahr wurde vom BGH daher verneint.

 

Aber die An- und Abmeldung der Marke “metrosex” rechtfertig nach Meinung des BGH keine andere Betrachtungsweise. Die Anmeldung, die Eintragung und der spätere Verzicht auf die Marke durch die Beklagte begründe keinen hinreichenden Anspruch auf Unterlassung. Alleine die Markenanmeldung begründet keine kennzeichenmäßige Benutzung. In der Markenanmeldung und -eintragung liegt nach Ansicht des BGH auch keine Benutzung der Marke als Unternehmenskennzeichen (§ 15 Abs. 2 MarkenG). Darüber war nach Ansicht des BGH die Erstbegehungsgefahr auch deshalb beseitigt, das die Marke nicht mehr eingetragen war.

 

Auch ein namensrechlicher Anspruch der Klagepartei ergab sich nach Ansicht des BGH nicht. Die Klägerin konnte und kann man unter der Domain „metro.de“ finden. Dabei stellt das bloße Halten einer Domainn nach Ansicht des BGH für sich genommen keine Rechtsverletzung dar. Dass jede Verwendung der drei Domains eine Verletzung der Kennzeichenrechte der Klägerin mit sich bringe, kann nach Ansicht des BGH ebenfalls nicht angenommen werden.

Die Anmeldung und die Eintragung eines Zeichens als Marke stellen als solche noch keine kennzeichenmäßige Benutzung des Zeichens für die in Anspruch genommenen Waren oder Dienstleistungen dar, so dass darin noch keine Ver- letzung eines prioritätsälteren Kennzeichens i.S. von § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2 und 3 MarkenG liegt. Sie können jedoch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch des Inhabers des älteren Zeichenrechts begründen.

BGH, Urteil vom 13.03.2008, Az.: I ZR 151/05

wetteronlin.de – Sind „Tippfehler-Domains“ wettbewerbswidrig?

Verschiedene Betreiber von Internetseiten versuchen mit so genannten Tippfehler-Domains von der Popularität anderer Domains zu profitieren. Sie spekulieren bewussst darauf, dass sich Nutzer bei der Eingabe von Domains „vertippen“ und dann auf einer anderen Seite als gewollt landen. Auf diesen Tippfehler-Seiten wird dann oftmals Werbung geschaltet, mit welcher Geld verdient werden soll.

Mit Entscheidung vom 22.01.2014, Az.: I ZR 614/12 hat der BGH entschieden, dass Tippfehler-Domains zulässig sind, solange sie nicht bewusst in einer fehlerhaften Schreibweise eines bereits registrierten Domainnamens angemeldet sind und somit gegen Wettbewerbsrecht verstoßen.

Die Beklagte hatte sich die Domain „wetteronlin.de“ registrieren lassen. Nutzer, die nun eigentlich den Wetterbericht auf „wetteronline.de“ aufrufen wollten, landeten nun auf der Internetseite der Beklagten. Durch Werbeeinnahmen erhielt die Beklagte dann für jeden Seitenaufruf eine Vergütung.

 

Die Klägerin, als Betreiberin der Seite „wetteronline.de“ verlangte nun die Löschung der Domain sowie Auskunft und Schadenersatz. Der BGH hat die Klage abgewiesen. Im wesentlichen stellte er fest, dass die Bezeichnung „wetteronline“ schon keine hinreichende Unterscheidungskraft besitzen würde. Nach Ansicht des BGH handelt es sich um einen rein beschreibenden Begriff. Es wrid lediglich erleutert, dass „Wetter“-Informationen „online“ bereitgestellt werden. Im Ergebnis liegt daher nur eine Beschreibung des Geschäftsgegenstandes der Klägerin vor.

Eine unlautere Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG ist nicht deshalb zu verneinen, weil der Domainname, an den sich die beanstandete „Tippfehler-Domain“ anlehnt, aus einem rein beschreibenden Begriff besteht. 

Der BGH stellte, dass alleine die Registrierung der Domain einen Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 10 UWG auslösen kann. Hierfür sind jedoch zusätzliche Merkmale erforderlich.

Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen 

 

Eine wettbewerbsrechtliche Beeinträchtigung entfällt nach Ansicht des BGH jedoch jedenfalls dann, wenn der Nutzer unverzüglich nach Öffnen der Seite darauf hingewiesen wird, dass er sich nicht auf der „richtigen“ Seite befindet.

Das Verwenden eines Domainnamens (hier: „wetteronlin.de“), der aus der fehlerhaften Schreibweise einer bereits zuvor registrierten Internetadresse (hier: „wetteronline.de“) gebildet ist (sog. „Tippfehler-Domain“), verstößt unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden gegen das Verbot unlauterer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG, wenn der Internetnutzer auf eine Internetseite geleitet wird, auf der er nicht die zu erwartende Dienstleistung (hier: Wetterinformationen), sondern lediglich Werbung (hier: Werbung für Krankenversicherungen) vorfindet. 

b) Wird der Internetnutzer auf der Internetseite, die er bei versehentlicher Eingabe der „Tippfehler-Domain“ erreicht, sogleich und unübersehbar auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass er sich nicht auf der Internetseite befindet, die er aufrufen wollte, wird eine unlautere Behinderung regelmäßig zu verneinen sein.

Gleichzeitig ergibt sich jedoch auch kein Löschungsanspruch, da eine rechtlich zulässige Nutzung der Seite ohne weiteres denkbar ist (vgl. auch „ahd“-Entscheidung des BGH).

ahd.de – Unerlaubte Wettbewerbsbehinderung durch Domainregistrierung?

Domains werden für Unternehemn immer wichtiger. Problematisch wird es immer dann, wenn ein Unternehmen eine Domain registriert und sich daraufhin ein anderes Unternehmen im Wettbewerb behindert fühlt.

Mit der „ahd.de“-Entscheidung hat der BGH (Urteil vom 19.02.2009, Az.: I ZR 135/06) wesentliche Prüfkriterien definiert, wann in der Registrierung einer Domain eine Behinderung des Wettbewerbs liegt.

Geklagt hatt ein Unternehmen welches Hard- und Software anbot. Seit Oktober 2001 nutzte es die Abkürzung „ahd“ als Firmenbezeichnung. Im Juli 2013 hatte das Unternehmen eine Wort-Bild-Marke „ahd“ eingetragen erhalten.

Die Beklagte hatte mehrere tausend Domains registiert. Die streitgegenständliche Domain „ahd.de“ war bereits im Mai 1997 dregistriert worden. Genutzt wurde die Domain aber erst ab Februar 2004. Unter der Domain wurden Dienstleistungen wie eMail-Services und Homepage-Erstellungen angeboten. Die Klägerin verlangte nun die Unterlassung dieses Angebots und die Freigabe der Domain.

Vor dem Landgericht Hamburg (Urteil vom 26.05.2005, Az.: 315 O 136/04) und dem Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 05.07.2006, Az.: 5 U 87/05) hatte die Klägerin obsiegt.

Der Beklagten war in den Vorinstanzen unterstagt worden, unter der Domain „ahd.de“ Webspace, eMail-Services, die Erstellung von Homepages und Werbung für Unternehmen, welche derartige Leistungen erbringen, anzubieten. Darüber hinaus verurteilte das OLG Hamburg die Beklagte, zur Löschung der Domain sowie zur Auskunft. Es wurde festgestellt, dass die Beklagte schadensersatzpflichtig ist.

Auf die Revision hat hat der BGH das erstinstanzliche Urteil betreffend die Löschung des Domain-Namens stattgegeben. Zwar kam auch der BGH zu dem Ergebnis, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Firmennamen der Klägerin und der Domain bestehe, hieraus ergibt sich nach Ansicht des BGH jedoch kein Löschungsanspruch. Zwar darf die Beklagte die Domain nicht mehr für Leistungen nutzen welche denen, die die Klagepartei anbietet, ähnlich sind. Eine Pflicht zur Löschung der Domain bestehe jedoch weder aus namensrechtlicher noch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht. Nach Auffassung des BGH ist nicht jede Nutzung der Domain unzulässig. Eine Nutzung der Domain ist denkbar, ohne dass die Rechte der Klagepartei beeinträchtigt werden. Alleine das Halten der Domain ist dabei nach der Rechtsprechung des BGH keine Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klagepartei. Eine gezielte unlautere Behinderung der Klägerin hat der BGH ebenfalls nicht angenommen, da die Domain zu einem Zeitpunkt registriert worde war, als die Klägerin noch keine Rechte an der Bezeichnung “ahd” hatte. Der BGH verwies dabei auf den Prioritätsgrundsatz. Der Handel mit Domains ist damit im Ergebnis jedenfalls dann zulässig, wenn keine Rechte Dritter verletzt werden.

Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht hat der BGH bestätigt.

 

„Die Registrierung eines Domainnamens kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände den Tatbestand einer unlauteren Mitbewerberbehinderung erfüllen und einen Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens be- gründen.

Solche Umstände liegen nicht schon vor, wenn der Domaininhaber eine Viel- zahl von Domainnamen auf sich registrieren lässt, um sie potentiellen Interes- senten zum Kauf oder zur entgeltlichen Nutzung anzubieten, und ein einem dieser Domainnamen entsprechendes Unternehmenskennzeichen eines Dritten erst nach der Registrierung des Domainnamens in Gebrauch genommen wird, wenn für den Domaininhaber zum Registrierungszeitpunkt kein besonderes In- teresse eines bestimmten Unternehmens erkennbar war, gerade einen dieser Geschäftsbezeichnung entsprechenden Domainnamen zu verwenden.“

BGH, Urteil vom 19.02.2009, Az.: I ZR 135/06

Aufruf einer Verbraucherzentrale an ein Bankinstitut zur Kündigung des Girokontos eines Unternehmens kann zulässig sein.

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 06.02.2014 – I ZR 75/13 – entschieden, dass der Aufruf einer Verbraucherzentrale an ein Bankinstitut zur Kündigung eines Girokontos eines Unternehmens ausnahmsweise zulässig ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war Beklagte die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Sie hatte die Sparkasse H. in einem Schreiben zur Kündigung und Sperrung des Girokontos der Klägerin aufgefordert.

Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen, das unter anderem für die W. GmbH tätig war.

Im Februar 2011 bot die W. GmbH auf ihrer Internetseite einen „Routenplaner-Service“ an.

Dabei wurde der Nutzer nach Ansicht der Beklagten über die Kostenpflichtigkeit des Angebots getäuscht.

Nachdem ein Verbraucher aufgrund eines Aufrufs des Angebots der W. GmbH von dieser eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 96 Euro für einen Routenplaner-Service erhalten hatte, focht die Beklagte im Namen des Verbrauchers den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an.

Gleichwohl erhielt der Verbraucher von der nunmehr mit der Einziehung der Forderung beauftragten Klägerin wiederholt Mahnungen, obwohl die Beklagte auch gegenüber der Klägerin Einwendungen gegen die Forderung erhoben hatte.

Die Beklagte wandte sich daraufhin mit einem Schreiben an die Sparkasse H., in dem sie unter Hinweis auf ein offenkundig wettbewerbswidriges und betrügerisches Verhalten des Betreibers der Internetseite die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos aufrief.

Gegen die Aufforderung zur Kündigung und Sperrung des Girokontos hat die Klägerin Unterlassungsklage erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat die beklagte Verbraucherzentrale antragsgemäß verurteilt.

Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der BGH hat angenommen, dass die Beklagte mit dem Aufruf zur Kündigung des Girokontos in den durch § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen hat.

Dieser Eingriff war jedoch unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht rechtswidrig.

Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung war zu berücksichtigen, dass die beklagte Verbraucherzentrale sich auf die in Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Meinungsfreiheit berufen konnte.

Der Aufruf zur Kündigung des Girokontos war auch nicht unverhältnismäßig.

Zwar hätte die Beklagte grundsätzlich den Rechtsweg beschreiten müssen, um ein etwaig rechtswidriges Verhalten der Klägerin zu unterbinden.

Im vorliegenden Fall brauchte die Beklagte aber nicht zunächst Klage zu erheben. Sie konnte vielmehr unmittelbar die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos des Inkassounternehmens auffordern, weil dieses sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bewusst an der Durchsetzung eines auf systematische Täuschung von Verbrauchern angelegten Geschäftsmodells der W. GmbH beteiligt hatte.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 06.02.2014 – Nr. 24/2014 – mitgeteilt.

Strafrecht – Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet über Strafbarkeit wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport

Der Bundesgerichthof (BGH) hat mit Urteilen jeweils vom 18.09.2013 – 2 StR 535/12 – und – 2 StR 365/12 – in zwei Fällen über die Revisionen zweier Angeklagter gegen ihre Verurteilung wegen Vertriebs von Anabolika an Bodybuilder und Kraftsportler entschieden.

Im ersten Fall (2 StR 535/12) hatte der Angeklagte von Bulgarien aus nach Bestellungen im Internet Ampullen und Tabletten gegen Vorkasse an Besteller in Deutschland verschickt. Diese Präparate enthielten zum Teil die der Aufmachung entsprechenden anabol-androgenen Steroide, zum Teil andere, zum Teil aber auch gar keine Wirkstoffe (sogenannte Placebos). Die Sendungen wurden jeweils am inländischen Zielflughafen von der Zollbehörde sichergestellt.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens falsch gekennzeichneter Arzneimittel gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 3a i.V.m. § 8a des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) verurteilt, soweit die Ampullen oder Tabletten keinen Wirkstoff enthielten. Im Übrigen hat es vor allem Taten des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a AMG angenommen.
Der Bundesgerichtshof hat die Einordnung der wirkstofflosen Ampullen und Tabletten (Placebos) als Arzneimittel nicht beanstandet. Er hat das Urteil aufgehoben, weil das Inverkehrbringen nicht vollendet war, da die Arzneimittel nicht in den Zugriffsbereich der Besteller gelangt waren. Insoweit komme nach den bisherigen Feststellungen nur ein versuchtes Vergehen in Betracht.

Im zweiten Fall (2 StR 365/12) hatte ein internationales Unternehmen aufgrund von Internetwerbung im Tatzeitraum unter anderem Anabolika an über 100.000 Besteller in mehreren Kontinenten vertrieben und dabei einen Umsatz von mehr als 8,5 Millionen Euro erzielt. Der Angeklagte war in leitender Position im Vertriebsbereich des Unternehmens beteiligt.

Das Landgericht hat ihm den organisierten Vertrieb der Anabolika als einheitliche Tat des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport zugerechnet.

Der Bundesgerichtshof hat seine Revision verworfen.

Die Verwendung von Anabolika zur Leistungssteigerung beim Bodybuilding sei auch als Doping im Sport anzusehen. Der Bundesgerichtshof hat die Bezugnahme in § 6a Abs. 2 Satz 1 AMG auf den zur Tatzeit geltenden Anhang des Übereinkommens gegen Doping vom 16.11.1989, in dem die verbotenen Wirkstoffe aufgeführt sind, gebilligt und sieht darin keinen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG).

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 18.09.2013 – Nr. 152/2013 mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet erneut zu Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einem Urteil vom 17.09.2013 – XI ZR 332/12 – erneut mit der Schadensersatzklage eines Anlegers im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. befasst.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger im Dezember 2007 von der beklagten Bank für einen Anlagebetrag in Höhe von 102.000 € 100 Stück „Bonus Express Defensiv Zertifikate II“ zum Nennwert von je 1.000 € zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 2% erworben.
Hierbei handelte es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung der Zertifikate sowie mögliche Bonuszahlungen an die Anleger sollten nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen von der Wertentwicklung des Dow Jones EuroSTOXX 50 Index abhängig sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war.
Die Beklagte erwarb die Zertifikate von der Emittentin zum Stückpreis von 972,50 €; ob sie den Kläger in dem Beratungsgespräch über diesen – von ihr vereinnahmten – Einkaufsrabatt von 27,50 € je Zertifikat aufgeklärt hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Daneben erhielt sie den Ausgabeaufschlag, worauf in der vom Kläger unterschriebenen Kauforder hingewiesen wurde.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos.

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Anlagebetrages gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Für den Fall eines Festpreisgeschäfts hat der XI. Zivilsenat durch seine Urteile vom 27.09.2011 – XI ZR 178/10 – und XI ZR 182/10 – und vom 26.06.2012 – XI ZR 316/11 – entschieden, dass die beratende Bank den Kunden auf der Grundlage der insoweit gebotenen typisierenden Betrachtungsweise weder über ihre Gewinnmarge noch darüber aufklären muss, dass der Zertifikaterwerb im Wege eines Eigengeschäfts (Kaufvertrag) erfolgt.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
Daran hat sich auch durch die zum 01.11.2007 in Kraft getretene und damit für den vorliegenden Fall maßgebliche Neufassung der §§ 31 ff. des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) vom 16.07.2007 (BGBl. I S. 1330) nichts geändert. Durch dieses Gesetz wurden die Richtlinien 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 (Finanzmarktrichtlinie) und 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 (Durchführungsrichtlinie) in nationales Recht umgesetzt, die jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 30. Mai 2013 – C-604/11, ZIP 2013, 1417) bei Verstößen gegen die gemäß diesen Richtlinien erlassenen Vorschriften lediglich Verwaltungsmaßnahmen oder Verwaltungssanktionen gegen die verantwortlichen Personen fordern, die Festlegung etwaiger vertraglicher Folgen aber den innerstaatlichen Rechtsordnungen überlassen.
Ob die Richtlinien oder §§ 31 ff. WpHG, insbesondere § 31d WpHG, den Banken in aufsichtsrechtlicher Hinsicht eine Pflicht zur Offenlegung von Gewinnmargen oder Einkaufsrabatten auferlegen, hat der Senat offengelassen. Denn dies würde auch unter Beachtung der europarechtlich geprägten Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität keine zivilrechtliche Haftung der Banken begründen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 17.09.2013 – Nr. 149/2013 – mitgeteilt.

 

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Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet erneut über Ausgleichszahlung bei verpasstem Anschlussflug.

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 17.09.2013 – X ZR 123/10 – erneut über Ausgleichsansprüche von Flugreisenden nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) wegen einer Flugverspätung entschieden.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall beanspruchten die Kläger jeweils eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 €. Sie buchten bei der beklagten Iberia S.A. eine Flugreise von Miami über Madrid nach Düsseldorf. Der Abflug von Miami nach Madrid verzögerte sich um 1 Stunde 20 Minuten. Die bereits bei Flugantritt in Miami mit Bordkarten für die gesamte Reise versehenen Kläger erreichten Madrid entsprechend mit Verspätung. Der Weiterflug der Kläger sollte an einem ausgelagerten Terminal des Flughafens erfolgen, den die Kläger nicht mehr rechtzeitig erreichen konnten. Sie kamen infolgedessen mit einem anderen Flug 7 ½ Stunden später als vorgesehen in Düsseldorf an.

Das Amtsgericht (AG) hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.

Der BGH hat das Revisionsverfahren zunächst ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob dem Fluggast eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung auch dann zusteht, wenn sich der Abflug um eine Zeitspanne verzögert hat, die unterhalb der in Art. 6 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung definierten Grenzen liegt, die Ankunft am letzten Zielort aber mindestens drei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erfolgt.
Nach dem Urteil des Unionsgerichtshofs vom 26.02.2013 (C-11/11 – Air France/Folkerts) hat er sodann das Vorabentscheidungsersuchen mit Rücksicht auf dieses Urteil wieder zurückgenommen.

Nunmehr hat der BGH die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Wie bereits in seinem Urteil vom 07.05.2013 – X ZR 127/11 – hat er die Klageforderung für begründet erachtet, weil nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union den Fluggästen eines verspäteten, wie im Streitfall in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fallenden Flugs ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 zusteht, soweit sie wie die Kläger infolge der Flugverspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen.
Dies gilt auch, wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruht, dass infolge der Flugverspätung ein selbst nicht verspäteter Anschlussflug verpasst wird.
Bedenken gegen diese Auslegung der Fluggastrechteverordnung ergeben sich weder aus dem Primärrecht der Europäischen Union noch aus dem Grundgesetz.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 17.09.2013 – Nr. 150/2013 – mitgeteilt.

Vgl. hierzu auch Blog „Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) – Ausgleichszahlung für verpassten Anschlussflug“.

 

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Ausfall des Internetzugangs – ersatzfähiger Vermögensschaden?

Mit Urteil vom 24.01.2013 – III ZR 98/12 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Internetzugangs bestehen kann, wenn dieser wegen einer Unterbrechung für längere Zeit nicht genutzt werden kann.
In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof u. a. ausgeführt,

  • dass Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts nur in Betracht kommt für einen der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwendung des Wirtschaftsgut vergleichbaren eigenwirtschaftlichen, vermögensmäßig erfassbaren Einsatz der betreffenden Sache, denn der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch einer Sache muss grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt, da andernfalls die Gefahr bestünde, unter Verletzung des § 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen,
  • sich deshalb der Nutzungsausfallersatz auf Sachen beschränkt, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist und bei denen die Nutzungseinbußen an objektiven Maßstäben gemessen werden können und
  • dass bei der Prüfung, ob nach der Verkehrsauffassung der vorübergehende Verlust des Nutzungsmöglichkeit eines Gegenstands als wirtschaftlicher Schaden gewertet werden kann oder sich nur als individuelle Genussschmälerung und damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden darstellt, ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Gemessen an diesen Kriterien kann, wenn über den Internetzugang auch der Telefon- und Telefaxverkehr abgewickelt wird, für die entfallene Möglichkeit im privaten Bereich das Telefaxgerät zu nutzen, nach Auffassung des BGH kein Ersatz beansprucht werden, weil ein Telefaxgerät zumindest im privaten Bereich kein Wirtschaftsgut ist, dessen ständige Verfügbarkeit für den Einzelnen bei seiner eigenwirtschaftlichen Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und dessen Funktionsstörung sich als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt.
Der BGH begründet dies damit, dass die Übermittlung per Telefax die Versendung von Ausdrucken oder Datenträgern auf dem herkömmlichen Post- oder Kurierweg nur ersetzt, die Vorteile des Telefaxverkehrs gegenüber der Inanspruchnahme der klassischen Transportwege somit lediglich Erleichterungen darstellen, die sich in einem höheren Komfort für die Versender und einer Beschleunigung der Übermittlung erschöpfen, so dass, wenn der Fernkopierer ausfällt, damit für den Nutzer lediglich ein vergleichsweise geringes Maß an Umständlichkeit verbunden ist, das sich nicht signifikant auf seine Lebensgestaltung auswirkt.

Im Gegensatz dazu sieht der BGH sowohl die Nutzungsmöglichkeiten eines Telefons, als auch die eines Internetzugangs für weitere Zwecke als für den Telefon- und Telefaxverkehr, als Wirtschaftsgüter an, deren ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Bedeutung ist.
Denn, wie der BGH ausführt, wirkt sich auch beim Internet eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant aus.
Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung, deckt thematisch nahezu alle Bereiche ab und ersetzt wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt (von der unübersehbaren Vielfalt z.B. nur: Fernabsatzkäufe, Hotel-, Bahn- und Flugbuchungen, Erteilung von Überweisungsaufträgen, Abgabe von Steuererklärungen, An- und Abmeldung der Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie der Müllabfuhr, Verifikation von Bescheinigungen). Das Internet hat sich zwischenzeitlich zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht. Die Unterbrechung des Internetzugangs hat typischerweise Auswirkungen, die in ihrer Intensität mit dem Fortfall der Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug zu nutzen, ohne weiteres vergleichbar sind.
Eine Ersatzpflicht für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile aus diesen Wirtschaftsgütern zu ziehen, besteht damit zwar grundsätzlich.

Allerdings entfällt eine Ersatzpflicht dann, wenn dem Geschädigten ein im Wesentlichen gleichwertiger Ersatz für die Unterbrechung der Festnetztelefon- und Internetverbindung zur Verfügung steht. In Betracht kommen, wenn es nur um einen Ausfall für das Festnetztelefon geht, beispielsweise ein Mobilfunkgerät bzw. wenn es um den Ausfall von Festnetztelefon und Internet geht, ein internetfähiges so genanntes Smartphone, das den unterbrochenen Festnetzzugang ersetzen kann, weil mit ihm auch eine einigermaßen komfortable Internetnutzung möglich ist und wenn dem Geschädigten die jeweils gegebenenfalls entstehenden Kosten für die Anmietung ersetzt werden. Dann fehlt es nämlich an der notwendigen fühlbaren Beeinträchtigung während des maßgeblichen Unterbrechungszeitraums.

Besteht eine Ersatzpflicht, kann als ersatzfähiger Vermögensschaden für den Ausfall des Internetzugangs ein Betrag verlangt werden,

  • der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die für die Bereitstellung eines solchen Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität – ohne Fax- und Telefonnutzung, sofern ein Mobiltelefon als Ersatz für den Ausfall der Festnetztelefonverbindung zur Verfügung steht – für den betreffenden Zeitraum angefallen wären,
  • abzüglich aller auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren.

Gegenzurechnen ist das Entgelt, das während des Ausfalls des Anschlusses gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht geleistet werden muss.
Bei der Berechnung der Differenz wird zu beachten sein, dass die Tarife für einen lediglich kurzzeitig bereit gestellten DSL-Anschluss pro Tag regelmäßig erheblich über denjenigen liegen, die bei einer langfristigen Vertragsbindung, wie sie die Parteien eingegangen sind, vereinbart werden.

 

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Gebrauchtwagenverkauf von Verbraucher an Verbraucher – Was heißt „für das Fahrzeug besteht keine Garantie“?

Heißt es in einem Kaufvertrag zwischen zwei als Verbraucher handelnden Parteien, mit dem ein privater Verkäufer ein von ihm gebraucht erworbenes Fahrzeug an einen privaten Käufer weiterveräußert u. a.,

  • „Für das Fahrzeug besteht keine Garantie“,

ist diese von juristischen Laien gewählte Formulierung bei verständiger Würdigung als Gewährleistungsausschluss zu verstehen.

Darauf, und dass eine Beschaffenheitsvereinbarung dann nicht vorliegt, wenn sich der Verkäufer im Rahmen von Verkaufsverhandlungen für eine Aussage – etwa durch den Zusatz „laut Vorbesitzer“ oder „laut Kfz-Brief“ – ausdrücklich auf eine bestimmte Quelle bezieht und so hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, dass es sich dabei nicht um eigenes Wissen handelt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 13.03.2013 – VIII ZR 186/12 – hingewiesen.

Das hat die Pressestelle des BGH am 13.03.2013 – Nr. 41/2013 – mitgeteilt.

 

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