Tag Echtheit

Wichtig für Kunstsammler zu wissen, wenn sich nach dem Erwerb eines Kunstwerks herausstellt, dass

…. die angegebene Urheberschaft nicht zutrifft.

Mit Urteil vom 03.05.2018 – 19 U 188/15 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschieden, dass ein Kunstsammler, der von einem Kunsthändler eine Federzeichnung erworben hat, vom Kaufvertrag zurücktreten

  • und die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgewähr der Zeichnung verlangen

kann, wenn die Zeichnung,

  • entgegen der Katalogbeschreibung,

nicht der Hand des dort angegebenen Künstlers zuzuschreiben ist.

Begründet hat das OLG dies damit, dass in einem solchen Fall die Zeichnung mangelhaft ist, da die Echtheit eines Kunstwerks im Sinne seiner Herkunft aus der Hand eines konkreten Künstlers maßgeblich die Eignung eines Kunstwerks als Sammlerstück und Wertanlage bestimme.

Abgesehen davon, könnte, so das OLG weiter, bei einer unrichtigen Zuordnung der Zeichnung dem Kunsthändler auch ein arglistiges Handeln vorzuwerfen sein, weil Arglist bereits dann anzunehmen sei, wenn

  • ein Verkäufer ohne tatsächliche Grundlage unrichtige Angaben über die Mängelfreiheit oder über wesentliche Eigenschaften der Kaufsache mache,
  • die geeignet seien, den Kaufentschluss des Käufers mit zu beeinflussen,

Was man wissen sollte, wenn die Echtheit einer Privaturkunde im Zivilprozess streitig ist

…. also beispielsweise strittig ist, ob die Unterschrift unter einer Vereinbarung gefälscht ist oder nicht.

Wird die Echtheit einer Unterschrift auf einer Urkunde von dem Beklagten bestritten auf die der Kläger seinen Anspruch stützt,

  • ist entscheidungserheblich ob die Echtheit der Urkunde festgestellt werden kann.

Da für die Echtheit einer Unterschrift keine gesetzliche Vermutung existiert und der Kläger für die tatsächlichen Voraussetzungen des Klageanspruches beweisbelastet ist, muss er den Vollbeweis für die Echtheit der Unterschrift erbringen.

Der Beweis für die Echtheit einer Unterschrift kann

  • durch ein Schriftvergleichsgutachten erbracht,
  • aber auch nach § 441 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) durch Schriftvergleichung geführt werden.

Das Gericht kann

  • den Schriftvergleich selbst durchführen,
  • dann handelt es sich um einen Beweis durch Augenschein im Sinne von § 371 ZPO,

aber auch, was in seinem pflichtgemäßen Ermessen liegt und wozu ein Parteiantrag nicht erforderlich ist,

  • bei der Schriftvergleichung einen Schriftsachverständigen hinzuziehen (§ 442 ZPO),
  • dann handelt es sich um eine Beweiserhebung nach den §§ 402 ff. ZPO.

Nach § 441 Abs. 2 ZPO hat der Beweisführer bei einer Beweiserhebung über die Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde nach § 441 Abs. 1 ZPO

  • zum Vergleich geeignete Schriften vorzulegen oder
  • ihre Mitteilung nach der Vorschrift des § 432 ZPO zu beantragen und erforderlichenfalls den Beweis ihrer Echtheit anzutreten.

Befinden sich zur Vergleichung geeignete Schriften

  • in den Händen des Gegners,
  • so ist dieser auf Antrag des Beweisführers

zur Vorlegung verpflichtet (§ 441 Abs. 3 Satz 1 ZPO), wenn

  • die Voraussetzungen der §§ 421 bis 426 ZPO auf die § 441 Abs. 3 Satz 2 ZPO verweist, gegeben sind, also
    • ein zivilrechtlicher Anspruch der beweisbelasteten Partei auf Urkundenvorlage besteht oder
    • sich der Gegner der beweisbelasteten Partei auf die entsprechenden Urkunden zur Beweisführung bezieht.

Kommt in einem solchen Fall der Gegner der gerichtlichen Anordnung, die Schriften vorzulegen,

  • nicht nach oder
  • gelangt das Gericht im Falle des nach § 441 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprechend anwendbaren § 426 ZPO zu der Überzeugung, dass der Gegner nach dem Verbleib der Schriften nicht sorgfältig geforscht hat,

so kann die Urkunde als echt angesehen werden (§ 441 Abs. 3 Satz 3 ZPO).

Dadurch,

  • dass die Voraussetzungen für einen Herausgabe- oder Vorlegungsanspruch des Beweisführers nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch selten vorliegen werden,
  • also eine Vorlageanordnung nach § 441 Abs. 3 Satz 2 ZPO regelmäßig am Fehlen der Voraussetzungen des § 422 ZPO scheitern wird,

wird der beweisbelasteten Partei der Beweis der Echtheit einer Urkunde durch Schriftvergleichung nicht unmöglich gemacht.

  • Denn der Gegner der beweisbelasteten Partei kann, wenn es um die Echtheit der eigenen Unterschrift oder derjenigen seiner organschaftlichen Vertreterin geht, diese nicht lediglich einfach bestreiten.
  • Ihm obliegt insoweit gemäß § 138 Abs. 2 ZPO eine prozessuale Erklärungspflicht.

Diese kann sich

  • auf die Unterschiede zwischen der eigenen Unterschrift und der zu vergleichenden Unterschrift beziehen und
  • die Vorlage von Vergleichsunterschriften erforderlich machen.

Nimmt der Gegner der beweisbelasteten Partei dabei auf Urkunden in seinem Besitz Bezug, liegen die Voraussetzungen des § 423 ZPO vor, so dass insoweit eine Vorlageanordnung ergehen kann.

  • Im Übrigen besteht die Möglichkeit, dass das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 142 Abs. 1 ZPO eine Vorlageanordnung erlässt, die weniger strengen Anforderungen als diejenige nach § 441 Abs. 3 ZPO unterliegt, weil sie
    • keinen materiell-rechtlichen Herausgabeanspruch der beweisbelasteten Partei voraussetzt,
    • sondern wofür die Bezugnahme der beweisbelasteten Partei auf eine im Besitz des Prozessgegners befindliche Urkunde ausreicht.

Darin liegt kein Wertungswiderspruch, weil die Nichtbefolgung einer Anordnung nach § 142 Abs. 1 ZPO nicht mit einer speziellen Sanktion wie § 441 Abs. 3 Satz 3 ZPO bewehrt, sondern lediglich gemäß §§ 286, 427 Satz 2 ZPO frei zu würdigen ist.

Übrigens:
Für die gerichtliche Anordnung einer Beweiserhebung von Amts wegen nach § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist kein Raum, soweit es um die Vorlage von Vergleichsurkunden geht, die für den Beweis der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde nach § 441 Abs. 1 ZPO benötigt werden,

  • weil insoweit die Regelungen in § 441 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO der Vorschrift des § 144 ZPO vorgehen.

Erlässt das Gericht ohne gesetzliche Grundlage eine Anordnung, nach der der Gegner der beweisbelasteten Partei zur Vergleichung geeignete Schriften vorzulegen hat, darf der Umstand, dass dieser der Anordnung nicht Folge geleistet hat, im Rahmen der Beweiswürdigung nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden.

Darauf hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 205/15 – hingewiesen.

OLG Frankfurt entscheidet: Bank muss einem Kunden den Kontobelastungsbetrag erstatten

…. wenn sie einen ihr per Telefax übermittelten Überweisungsauftrag ausführt, der nicht nachweislich von ihrem Kunden stammt.

Mit Urteil vom 11.05.2017 – 1 U 224/15 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden,

  • dass im Verhältnis zu ihrem Kunden die Bank beweisen muss,
  • dass ein per Telefax erteilter Überweisungsauftrag von dem Kunden stammt.

Das bedeutet, überweist die Bank aufgrund eines ihr per Telefaxschreiben übermittelten Überweisungsauftrags vom Konto ihres Kunden den im Auftragsschreiben genannten Betrag an den bezeichneten Empfänger trägt sie das Risiko,

  • dass der Überweisungsauftrag nicht von ihrem Kunden stammt,
  • sondern gefälscht ist.

Somit hat, wenn

  • die Unterschrift des Kunden auf dem Überweisungsauftrag gefälscht war oder
  • die Bank die Echtheit der Unterschrift auf dem Überweisungsauftrag nicht beweisen kann,

der Kunde, da dann ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang vorgelegen hat bzw. hiervon auszugehen (vgl. § 675j Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und die Belastung seines Kontos folglich zu Unrecht erfolgt ist, aus § 675 u Satz 2 BGB

  • grundsätzlich Anspruch auf Wertstellung in Höhe der nicht autorisierten Zahlung bzw.
  • dann einen Anspruch auf Auszahlung des zu Unrecht belasteten Betrages, wenn
    • die Kontobeziehung inzwischen unter Ausgleich des Saldos aufgelöst worden ist oder
    • das Konto auch ohne Rückbuchung einen Habensaldo aufweist oder
    • eine nicht ausgeschöpfte Kreditlinie besteht.

Was man wissen sollte wenn darüber gestritten wird ob ein geschuldeter Geldbetrag zurückgezahlt worden ist

Streiten die Parteien darüber,

  • ob der Beklagte dem Kläger einen von diesem unstreitig erhalten Geldbetrag bereits zurückgezahlt hat oder nicht,

trägt die Beweislast für die erfolgte Rückzahlung der Beklagte.

Wird vom Beklagten zum Beweis dafür, dass er den erhalten Betrag, z.B. den Betrag von 75.000 Euro, bereits zurückgezahlt hat,

  • eine vom Kläger unterzeichnete Quittung über 75.000 Euro vorgelegt,

erbringt diese Quittung als Privaturkunde den „vollen Beweis“ gemäß § 416 Zivilprozessordnung (ZPO)

  • für die Abgabe der in der Urkunde enthaltenen Erklärung nur dann,
  • wenn sie echt ist.

Bestreitet der Kläger

  • die Echtheit der Quittung indem er substantiiert behauptet, dass es sich bei der Namensunterschrift auf der Quittung nicht um seine Unterschrift handelt,

muss der Beklagte wiederum beweisen,

  • entweder die Echtheit der Quittung, also dass die Namensunterschrift auf der Quittung vom Kläger stammt, mit der Folge der Beweiskraft des § 416 ZPO
  • oder aber die tatsächliche Rückzahlung des geschuldeten Geldbetrages.

Räumt der Kläger allerdings ein, dass die Namensunterschrift auf der Quittung von ihm stammt oder steht dies fest und bestreitet er

  • die Echtheit der Urkunde indem er beispielsweise behauptet, der Beklagte habe lediglich 750 Euro zurückgezahlt und auf der von ihm unterschriebenen Quittung über 750 Euro nachträglich an die Zahl „750“ zwei Nullen sowie an die ausgeschriebenen Zahlwörter „sieben/fünf/null“ zweimal das Wort „Null“ angefügt,

greift die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO ein, nämlich die Vermutung der Echtheit der über der Unterschrift stehenden Erklärung.

Diese Vermutung führt dazu,

  • dass der Kläger in diesem Punkt beweispflichtig ist,
  • nicht aber, dass die Echtheit der Urkunde und damit der darin enthaltenen Erklärung feststeht.

Somit trägt der Kläger in diesem Fall die Beweislast dafür, dass es sich bei der Quittung um eine Fälschung handelt, wofür er

  • nicht nur äußere Mängel der Urkunde im Sinne von § 419 ZPO anführen,
  • sondern auch den Beweis der Fälschung antreten kann durch Antrag auf Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 27.07.2016 – XII ZR 125/14 – hingewiesen.