Tag Elternzeit

Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten wissen, dass und wie Urlaubsansprüche für den Zeitraum einer Elternzeit

…. gekürzt werden können.

Mit Urteil vom 19.03.2019 – 9 AZR 362/18 – hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) darauf hingewiesen, dass

  • der gesetzliche Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern nach § 1, 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) auch für den Zeitraum der Elternzeit besteht,
  • er jedoch vom Arbeitgeber nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt werden kann, sofern kein Fall des § 17 Abs. 1 Satz 2 BEEG vorliegt,
  • das Kürzungsrecht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG auch vertraglichen Mehrurlaub erfasst, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung vereinbart haben,

dass Arbeitgeber,

  • die von der ihnen durch 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG eingeräumten Kürzungsbefugnis Gebrauch machen möchten,

eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben müssen und es dazu ausreicht, dass

Elternteile, die ab der Geburt des Kindes Elternzeit für zwei Jahre von ihrem Arbeitgeber verlangt haben, sollten

…. wissen, dass sie im Anschluss daran, Elternzeit auch (noch) für das dritte Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen können und

  • diese Verlängerung der Elternzeit nicht von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig ist.

Mit Urteil vom 20.09.2018 – 21 Sa 390/18 – hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg entschieden, dass Arbeitnehmerinnen oder Arbeitgeber,

  • die Elternzeit für zwei Jahre ab der Geburt ihres Kindes von ihrem Arbeitgeber verlangt haben und
  • sich bereits in Elternzeit befinden,

die Elternzeit um ein drittes, sich direkt anschließendes Jahr verlängern können,

  • ohne dass es hierzu der Zustimmung ihres Arbeitgebers bedarf und
  • sie sich bei der Verlängerungsanzeige lediglich an die Anzeigefristen in § 16 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) halten müssen.

Danach ist

  • innerhalb der ersten drei Lebensjahre eines Kindes

nicht nur die erstmalige Inanspruchnahme von Elternzeit zustimmungsfrei, sondern können beschäftigte Elternteile, im Anschluss an die auf zwei Jahre beschränkte Bindungsfrist in § 16 Abs. 1 Satz 2 BEEG,

  • nach der bei beanspruchter Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes von beschäftigten Elternteilen gleichzeitig erklärt werden muss,
  • für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll,

im Anschluss an diese Bindungsfrist wieder frei disponieren und müssen sich dann lediglich an die Anzeigefristen in § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG halten (Quelle: Pressemitteilung des LArbG Berlin-Brandenburg vom 19.12.2018).

Was, wer Elternzeit beanspruchen will, wissen muss

Den Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) genießt nur, wer wirksam Elternzeit verlangt hat.

Verlangt werden muss Elternzeit nach § 16 Abs. 1 BEEG vom Arbeitgeber

  • schriftlich und
  • zwar
    • für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit unter gleichzeitiger Erklärung für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll sowie
    • für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes spätestens 13 Wochen vor Beginn der Elternzeit.

Bei dem Verlangen von Elternzeit handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit – vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung – zum Ruhen gebracht wird.
Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht.

  • Das Elternzeitverlangen erfordert die strenge Schriftform i. S. v. § 126 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
  • Es muss deshalb von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
  • Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung.
  • Allerdings kann sich ein Arbeitgeber aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten, indem er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt (§ 242 BGB).

Darauf hat der Neunte Senat des Bundearbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 10.05.2016 – 9 AZR 145/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem eine Angestellte nach der Geburt ihrer Tochter ihrem Arbeitgeber per Telefax mitgeteilt hatte, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme,

entschieden, dass

  • dieses Verlangen nicht wirksam und
  • deshalb das Arbeitsverhältnis infolge der nachfolgend erfolgten Kündigung durch den Arbeitgeber aufgelöst worden war.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 10.05.2016 – Nr. 23/16 – mitgeteilt.