Tag Europarecht

Teures Parken in Kroatien

Kroatien ist ein schönes Land. Aber auch dort gibt es juristische Fallstricke. Seit einiger Zeit machen deutsche Anwaltskanzleien teils Ansprüche wegen angeblicher Parkverstöße in Kroatien geltend (z.B. in den Städten Opatija, Pula oder Zagreb).

Was kosten Parkverstöße in Kroatien?

Verstöße gegen die Kroatische Straßenverkehrsordnung ziehen in der Regel ein Bußgeld von ca. 40,00 € nach sich. Es handelt sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Strafe.

Parkverstöße werden in der Regel mit 10,00 bis 40,00 € geahndet. Teils wurde in Kroatien die Überprüfung der Einhaltung der Parkvorschriften an private Unternehmen übertragen. Unter anderem die Unternehmen Zagrebparking, Pula Parking sowie „Parkdienste“ aus Dubrovnik, Opatija, Osijek und Omis  versuchen nun teils Kosten einzutreiben.

Parken in Kroatien

Wann verjähren die Ansprüche?

Soweit derartige Ansprüche geltend gemacht werden, handelt es sich um eine zivilrechtliche Vertragsstrafe. Anspruchsvoraussetzung ist grundsätzlich – auch in Kroatien – eine Anspruchsgrundlage. Streitig ist nach der Auskunft kroatischer Juristen, ob es sich um eine Forderung gemäß Art. 225 des kroatischen Obligationsgesetzes oder eine Miet- und Pachtforderung gemäß Art. 229 des kroatischen Obligationsgesetzes handelt. Im ersten Fall würde die Verjährungsfrist 5 Jahre, im zweiten Fall unter Umständen 3 Jahre betragen.

Was ist mit den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten?

Grundsätzlich sind außergerichtliche Rechtsanwaltskosten dann zu erstatten, wenn eine Mahnung mit Fristsetzung erfolglose geblieben ist. Dies dürfte auch bei gegenständlicher Problematik gelten. Die derzeit geltend gemachten Kosten wirken auch erheblich überhöht.

Wo kann ich in Anspruch genommen werden?

Unabhängig von der Frage ob ein Anspruch besteht, ist zu klären, wo eine Rechtsstreitigkeit anhängig gemacht werden könnte. Eine Rechtsprechung deutscher Gerichte ist zu dieser Problematik bisher nicht bekannt. Geht man von einer Mietrechtlichen Forderung aus, so könnte ein Gerichtsstand in Kroatien gegeben sein. Dann liegt jedoch nahe, auch die kürzere Verjährungsfrist zu Grunde zu legen (siehe oben). Geht man von einer Anwendung von Art. 18 Abs. 2 Brüssel la-VO aus, so wäre ein Gerichtsstand in Deutschland gegeben. Überlegen könnte man auch, ob ein Gerichtsstand in Kroatien möglicherweise europarechtswidrig wäre.

Ein Verfahren in Deutschland hätte unter Umständen zur Folge, dass das kroatische Recht nicht zugrunde gelegt werden kann. Eine privatrechtliche Halterhaftung für Parkverstöße gibt es in Deutschland nicht. Es könnte damit ein Verstoß gegen den Grundsatz des so genannten „Ordre Public“, also die grundsätzlichen inländischen (in diesem Fall dann Deutschen) Wertevorstellungen vorliegen. Hier sind aber viele Varianten und Rechtsmeinungen denkbar.

Was ist wenn ein kroatischer Notar sich meldet?

Wenn sich ein kroatischer Notar mit einem so genannten Vollstreckungsbeschluss meldet, dann sollte man hellhörig werden. Im kroatischen Recht kann ein Vollstreckungsbeschluss bei einem Notar beantragt werden. Reagiert man nicht, so droht, dass eine Vollstreckung erfolgen kann. Es ist daher zu empfehlen, einen Einspruch gegen den Vollstreckungsbeschluss einzulegen.

Grundvoraussetzung für einen Vollstreckungsbeschluss durch einen Notar ist in Kroatien grundsätzlich, dass der Schuldner dort vollstreckbares Eigentum oder einen angemeldeten Wohnsitz hat.

Gegen den notariellen Vollstreckungsbeschluss muss unbedingt innerhalb von acht Tagen Einspruch eingelegt werden.

Der Einspruch muss als Beweis für die Fristwahrung unbedingt per Einschreiben mit Rückschein abgeschickt werden. Für die Fristwahrung ist nach kroatischem Recht entscheidend, wann die Einreichung bei der Post erfolgte. Abzustellen ist auf den Poststempel. Wird kein Einspruch eingelegt, so droht die Vollstreckung.

Einspruch? – Aber wie?

Idealerweise sollte man den Einspruch gleich begründen. Soweit zutreffend bietet sich folgende kurze Begründung an:

  • Falls der angeschriebene nicht gefahren ist, so sollte dies dargelegt werden. Zu Überlegen ist, ob gleich belegt werden kann, dass man nicht gefahren ist. Beweisbelastet ist jedoch die Partei, die sich auf den Parkverstoß beruft. Zu bedenken ist, dass dann, wenn ein anderer Fahrer benannt wird, unter Umstände eine Inanspruchnahme dieses „neuen“ Fahrers im Raum stehen kann.
  • Es sollte die Einrede der Verjährung erhoben werden, soweit eine solche in Betracht kommt (nach derzeitiger Einschätzung ab 3 Jahren)
  • Es sollte eingewendet werden, dass die Voraussetzungen für einen Vollstreckungsantrag beim Notar nicht vorlagen, da kein Wohnsitz und kein Eigentum in Kroatien besteht. Zu beantragen ist in diesem Zusammenhang, denn Vollstreckungsbeschluss abzuweisen.

Folgen eines Einspruchs?

Nach dem Einspruch ist eine Aufhebung des Vollstreckungsbeschlusses zu erwarten. Offen ist jedoch, ob es dann noch zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Geht das Gericht von einer Unzuständigkeit des Notars aus, so ist ein Verfahren nicht zu erwarten. Anderenfalls kann ein Urteil eines kroatischen Gerichts folgen. Gegen diese ist das Rechtsmittel der Berufung denkbar, wobei auch hier sehr kurze Fristen zu beachten sind.

Was ist mit Vollstreckungen in Deutschland?

Ob kroatische Titel wegen Parkverstößen in Deutschland vollstreckt werden können ist offen. Rechtsprechung hierzu liegt noch nicht vor. Einer Vollstreckung könnte ein Verstoß gegen das Ordre Public entgegen stehen. Es wäre dann denkbar einen Antrag auf Versagung der Vollstreckung zu stellen.

Darüber hinaus ist zu überlegen ob ein Vollstreckungsbeschluss eines sachlich unzuständigen Notars in Deutschland vollstreckt werden kann. Hier besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit für beide Seiten.

Vollstreckung Parkverstoß Kroatien

Was tun?

Anwaltlicher Rat ist sinnvoll, wenn es hier zu Streitigkeiten kommt. Zu empfehlen ist es auch, einen kroatischen Kollegen mit einzubeziehen. Wir arbeiten in diesem Zusammenhang mit dem Netzwerk „advounion“ zusammen. Auch über Rechtsschutzversicherungen kann uns ein entsprechender Kontakt zu kroatischen Kollegen vermittelt werden. Gerne beraten wir Sie hinsichtlich des jeweiligen Vorgehens.

Nehmen Sie daher Kontakt mit uns auf.

 

Zur Auskunftspflicht von Bankinstituten über Kontodaten bei Markenfälschungen – Bundesgerichtshof legt die Frage dem Europäischem Gerichtshof vor.

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Beschluss vom 17.10.2013 – I ZR 51/12 – dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, ob ein Bankinstitut eine Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern darf, wenn über das Konto die Zahlung des Kaufpreises für ein gefälschtes Markenprodukt abgewickelt worden ist.

In dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Fall ist die Klägerin Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von Davidoff-Parfüms. 
Im Januar 2011 bot ein Verkäufer auf der Internetplattform eBay ein Parfüm unter der Marke „Davidoff Hot Water“ an, bei dem es sich um eine Produktfälschung handelte. Als Konto, auf das die Zahlung des Kaufpreises erfolgen sollte, war bei eBay ein bei der beklagten Sparkasse geführtes Konto angegeben. Die Klägerin ersteigerte das Parfüm und zahlte den Kaufpreis auf das angegebene Konto. 
Nach Darstellung der Klägerin konnte sie nicht in Erfahrung bringen, wer Verkäufer des gefälschten Parfüms war. Sie hat deshalb die beklagte Sparkasse nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (MarkenG) auf Auskunft über Namen und Anschrift des Inhabers des Kontos in Anspruch genommen.

§ 19 MarkenG lautet:

(1)…

(2)In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Abs. 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß

1.…

2.…

3.für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte

4.…

es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die beklagte Sparkasse sei aufgrund des Bankgeheimnisses zur Verweigerung der Auskunft berechtigt.

Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt. 
Nach Ansicht des BGH stellt der Vertrieb des gefälschten Parfüms eine offensichtliche Rechtsverletzung dar. 
Die beklagte Sparkasse hat durch die Führung des Girokontos, über das der Verkäufer den Zahlungsverkehr abgewickelt hat, auch eine für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht. Damit liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG an sich vor. 
Die beklagte Sparkasse braucht die begehrte Auskunft aber nicht zu erteilen, wenn sie nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) zur Verweigerung des Zeugnisses im Prozess berechtigt ist. 
Da § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzt, muss das Recht zur Verweigerung der Auskunft durch die Richtlinie gedeckt sein. 
In Betracht kommt insoweit Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie, der den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. 
Im Streitfall stellt sich die Frage,

  • ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie unterfallen und – wenn dies der Fall sein sollte – 
  • ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben muss. 

Da die Frage die Auslegung von Unionsrecht betrifft, hat der BGH sie dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Der BGH hat in dem Vorlagebeschluss erkennen lassen, dass aus seiner Sicht das Interesse an einer effektiven Verfolgung einer Schutzrechtsverletzung den Vorrang vor dem Interesse der Bank haben sollte, die Identität des Kontoinhabers geheimzuhalten.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 17.10.2013 – Nr. 173/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) – Ausgleichszahlung für verpassten Anschlussflug.

Startet ein gebuchter, von einem Luftfahrtunternehmen der Europäischen Gemeinschaft durchgeführter Flug von Deutschland aus verspätet und führt dies dazu, dass der Reisende den gebuchten Anschlussflug nicht mehr erreicht und deshalb erst am folgenden Tag weiter an sein Endziel befördert werden kann, steht dem Reisenden, unter dem Gesichtspunkt der großen Verspätung, eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) zu.

Das hat, wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofs (BGH) am 07.05.2013 mitteilte – Nr. 83/2013 – der BGH mit Urteil vom 07.05.2013 – X ZR 127/11 – entschieden.

Danach haben, wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in dem Urteil „Sturgeon“ vom 19.11. 2009 auf die Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden und im Fall „Nelson“ mit Urteil vom 23.10.2012 bestätigt hat, nicht nur, wie in Art. 5 der Verordnung bestimmt, die Fluggäste annullierter Flüge, sondern auch die Fluggäste verspäteter Flüge den in Art. 7 der Verordnung vorgesehenen Ausgleichsanspruch, wenn sie infolge der Verspätung ihr Endziel erst drei Stunden nach der vorgesehenen Ankunftszeit oder noch später erreichen. Nach dem EuGH-Urteil vom 23.02.2013 in der Sache „Air France/Folkerts“ (in der die gleichfalls für den 07.05.2013 zur Verhandlung terminierte Revision von Air France zurückgenommen worden ist) setzt dieser Anspruch nicht voraus, dass die verspätete Erreichung des Endziels darauf beruht, dass sich der Abflug des verspäteten Flugs um die in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung genannten Zeiten verzögert hat. Es genügt daher, dass der verspätete Abflug in Deutschland dafür ursächlich war, dass der Reisende den Anschlussflug (in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall von Madrid nach San José (Costa Rica)) nicht mehr erreichen konnte und infolgedessen sein Endziel erst mit eintägiger Verspätung erreicht hat.
In einem solchen Fall ist, wie der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs klarstellt, unerheblich, ob der Anschlussflug selbst verspätet ist oder überhaupt in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt.

 

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Fußball – Exklusive Vermarktung von TV-Rechten vor der Wende

EUGH – Der Europäische Gerichtshof hat in einer Vorabentscheidung am 04.10.2011 entschieden, dass Kunden das Recht haben müssen, auch die Angebote ausländischer Pay-TV-Angebote zu nutzen. Fußballfans soll damit die Möglichkeit eröffnet werden, Spiele über den günstigsten Satelliten-Decoder zu sehen – auch wenn das exklusiven nationalen Vermarktungsverträgen widerspricht.

Auslöser war der Streit der englischen Premier-League mit einer Pub-Besitzerin, die ihr Pay-TV-Abonnement des britischen Senders BSkyB gekündigt hatte und sodann entschied zukünftig die Liveübertragungen englischer Ligaspiele über den griechischen Sender Nova zu übertragen.

Der EuGH hat nunmehr vorab entschieden, dass die exklusive Vermarktung nicht mit dem europäischen Recht vereinbar sei und der Wettbewerb auch länderübergreifend möglich sein müsse. Über den konkreten Rechtsstreit hat nunmehr das britische Gericht zu entscheiden, ist hierbei jedoch an die Vorgaben des EuGH gebunden.

 

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