Darauf hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 22.03.2020 – 971 Owi 955 Js-OWi 65423/19 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Ehefrau des Betroffenen sich beim gemeinsamen Kochen mit den Kindern am Zeigefinger geschnitten hatte, der Betroffene,
- weil die Wunde stark blutete und
- er nicht auf einen Krankenwagen warten wollte,
seine Ehefrau mit seinem Auto ins Krankenhaus transportiert hatte und dabei innerorts,
- wo lediglich eine Geschwindigkeit von 30 km/h erlaubt war,
80 km/h schnell gefahren war.
Diese begangene Geschwindigkeitsüberschreitung war, wie das AG ausgeführt hat, deswegen
- nicht durch Notstand gemäß § 16 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) gerechtfertigt,
da zum einen, in der konkreten Handlungssituation aus objektiver Sicht,
- aufgrund der Verletzung der Ehefrau weder ihr Tod, noch eine sonstige Komplikation (etwa Organversagen wegen mangelnder Blutversorgung) ernsthaft zu befürchten waren und somit
schon keine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben der Ehefrau vorlag,
- die der Betroffene durch seine Geschwindigkeitsüberschreitung hätte abwenden können,
sowie zum anderen, eine solche gegenwärtige Gefahr, hätte sie vorgelegen, objektiv auch
- durch ein rechtmäßiges zumutbares Alternativverhalten,
- nämlich das Rufen eines Rettungsfahrzeugs,
abwendbar gewesen wäre (Quelle: Pressemitteilung des AG Frankfurt).
Übrigens:
Dazu, wovon es abhängt, ob im Fall eines Geschwindigkeitsverstoßes eines Autofahrers
- wegen starken Drangs zur Verrichtung der Notdurft
ein die Geschwindigkeitsüberschreitung
- rechtfertigender Notstand oder
- zumindest eine, ein Absehen von einem verwirkten Regelfahrverbot rechtfertigende notstandsähnliche Lage
vorgelegen hat, vergleiche Beschlüsse