Tag Fluggastrechteverordnung

Wichtig für Fluggäste zu wissen: Gegen welche Fluggesellschaft sind Ausgleichsansprüche geltend zu machen im Fall

…. der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung des Fluges nach Art. 5 und Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO), wenn

  • der bei einem bestimmten Flugunternehmen gebuchte Flug
  • aufgrund einer sogenannten „Wet-Lease-Vereinbarung“ von einem anderen Flugunternehmen durchgeführt worden ist.

Mit Urteil vom 04.07.2018 hat die Dritte Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-532/17 entschieden, dass in einem solchen Fall zur Zahlung der den Fluggästen zustehenden Ausgleichsleistung verpflichtet ist,

  • nicht diejenige Fluggesellschaft, die das verwendete Flugzeug samt Besatzung vermietet hat,
  • sondern diejenige Fluggesellschaft, bei der der Fluggast den Flug gebucht hat (so auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 12.09.2017 – X ZR 102/16 sowie X ZR 106/16 –).

Danach ist als „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ im Sinne der FluggastrechteVO und insbesondere ihres Art. 2 Buchst. b nicht die Fluggesellschaft anzusehen,

  • die einer anderen Fluggesellschaft im Rahmen eines Vertrags über die Vermietung eines Flugzeugs mit Besatzung („wet lease“) das Flugzeug samt Besatzung vermietet,
  • für die Flüge aber nicht die operationelle Verantwortung trägt,
    • auch wenn es in der den Fluggästen ausgestellten Buchungsbestätigung über einen Platz auf einem Flug heißt, dass dieser Flug von dem erstgenannten Unternehmen ausgeführt wird,

sondern die Fluggesellschaft,

  • die die Entscheidung trifft, einen bestimmten Flug durchzuführen – die Festlegung seiner Flugroute eingeschlossen – und dadurch ein an Interessierte gerichtetes Angebot für den Luftverkehr zu schaffen,
  • weil eine solche Entscheidung zu treffen bedeutet, die Verantwortung für die Durchführung des Fluges, einschließlich insbesondere seiner etwaigen Annullierung oder einer etwaigen großen Verspätung bei seiner Ankunft, zu übernehmen Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 04.07.2018).

BGH entscheidet: Fluggäste haben Anspruch auf Ausgleichszahlung auch

…. bei einer Verspätung des für einen annullierten Flug angebotenen Ersatzfluges von mehr als zwei Stunden.

Mit Urteil vom 10.10.2017 – X ZR 73/16 – hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass ein

Flugunternehmen,

  • das einen gebuchten Flug annulliert und den betroffenen Fluggästen am vorgesehenen Abflugtag als Ersatz einen Flug eines anderen Luftverkehrsunternehmens anbietet,

verpflichtet bleibt, den Fluggästen

  • wegen der Annullierung des Fluges

eine Ausgleichszahlung nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung – FluggastrechteVO) zu zahlen, wenn

  • die Fluggäste das Endziel mit dem Ersatzflug
  • nicht tatsächlich höchstens zwei Stunden nach der ursprünglich vorgesehenen planmäßigen Ankunftszeit erreichen.

Zur Befreiung des den Flug annullierenden Flugunternehmens von der Ausgleichzahlungspflicht reicht es demzufolge nicht aus, dass der angebotene Ersatzflug,

  • wenn er planmäßig durchgeführt worden wäre,

den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii FluggastrechteVO entsprochen hätte.

  • Vielmehr ist ein Ausgleichsanspruch nur dann ausgeschlossen, wenn der Fluggast das Endziel mit dem Ersatzflug auch tatsächlich höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht hat (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 10.10.2017 – Nr. 158/2017 –).

Übrigens:
Unterfällt das den Ersatzflug ausführende Luftverkehrsunternehmen dem Geltungsbereich der Fluggastrechteverordnung und

  • beträgt dessen Verspätung am Endziel
  • drei Stunden oder mehr,

kann wegen dieser Verspätung auch gegen das ausführende Luftverkehrsunternehmen ein Ausgleichszahlungsanspruch geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 07.05.2013 – X ZR 127/11 –).

Was Fluggäste wissen sollten, wenn sie einen Anspruch auf Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechteverordnung geltend machen wollen

…. und der von ihnen bei einem bestimmten Flugunternehmen gebuchte Flug aufgrund einer sogenannten „Wet-Lease-Vereinbarung“ von einem anderen Flugunternehmen durchgeführt wurde.

Mit Urteilen vom 12.09.2017 – X ZR 102/16 sowie X ZR 106/16 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass, wenn

  • ein bei einem bestimmten Flugunternehmen gebuchter Flug nicht von diesem durchgeführt wird,

sondern aufgrund einer sogenannten „Wet-Lease-Vereinbarung“, d.h. einer Vereinbarung zwischen zwei Luftfahrtunternehmen über das Vermieten eines Flugzeugs, nach der der „Vermieter“ auch die Flugzeugbesatzung stellt,

  • ein Flugzeug und eine Besatzung eines anderen Flugunternehmens eingesetzt wird,

der Anspruch auf Ausgleichszahlung

  • im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung des Fluges nach Art. 5 und Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO)

geltend zu machen ist,

  • nicht gegenüber dem Luftfahrtunternehmen, dessen Flugzeug und Besatzung aufgrund der „Wet-Lease-Vereinbarung“ eingesetzt wurden,
  • sondern gegenüber dem Luftfahrtunternehmen, bei dem der Flug gebucht worden ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 13.09.2017 – Nr. 141/2017 –).

Was Fluggäste wissen sollten, wenn ihr gebuchter Flug annulliert wird oder am Zielflughafen erst mit großer Verspätung ankommt

Nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO) haben Anspruch auf eine Ausgleichszahlung

  • nicht nur, wie in Art. 5 der FluggastrechteVO bestimmt, die Fluggäste annullierter Flüge,
  • sondern auch die Fluggäste verspäteter Flüge, bei einer Verspätung von drei Stunden oder mehr am Endziel,
    • wobei Endziel ist,
      • der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein,
      • bei direkten Anschlussflügen der Zielort des letzten Fluges und
    • zur Bestimmung des Ausmaßes der Verspätung abzustellen ist auf den Zeitpunkt,
      • zu dem mindestens eine der Flugzeugtüren geöffnet wird,
      • sofern den Fluggästen in diesem Moment das Verlassen des Flugzeugs gestattet ist.

Die Ausgleichszahlung beträgt,

  • 250 Euro bei Flügen über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger,
  • 400 Euro bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km sowie
  • bei allen nicht hierunter fallenden Flügen 600 Euro.

Hat es sich

  • um einen Flug mit Anschlussflügen gehandelt,

ist maßgebend für die Entfernungsberechnung

  • die Luftlinienentfernung (Großkreisentfernung) zwischen dem Startflughafen und dem Zielflughafen,
  • also die Luftlinienentfernung, die ein Direktflug zwischen dem Start- und dem Zielflughafen zurücklegen würde.

Das heißt, bei einem gebuchten Flug

  • beispielsweise von Rom über Brüssel nach Hamburg,
  • der in Hamburg mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit ankommt,

richtet sich die Höhe des Ausgleichs der dem Fluggast zusteht, nach

  • der Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen Rom und dem Zielflughafen Hamburg
  • und nicht nach der Luftlinienentfernung zwischen Rom und Brüssel zuzüglich der Luftlinienentfernung zwischen Brüssel und Hamburg.

Das hat die Achte Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-559/16 mit Urteil vom 07.09.2017 entschieden.

Begründet hat die Kammer das damit, dass nach der FluggastrechteVO,

  • da diese im Rahmen des Ausgleichsanspruchs nicht unterscheidet, ob die betroffenen Fluggäste ihr Endziel mittels eines Direktflugs oder eines Flugs mit Anschlussflug erreichen,

die Fluggäste in beiden Fällen bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichs gleichzubehandeln sind (Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 07.09.2017 – Nr. 92/17 –).

Was Fluggäste wissen sollten, wenn sie wegen Flugverspätung einen Anschlussflug nicht erreichen

Anspruch auf die Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) haben

Endziel

  • ist der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein,
  • bei direkten Anschlussflügen ist der Zielort des letzten Fluges maßgebend.

Dass ein Ausgleichsanspruch besteht, wenn das die Verspätung (und damit die Nichterreichung des Anschlussfluges) verursachende Luftfahrtunternehmen für beide Flüge

  • einen Flugschein oder
  • eine Buchungsbestätigung

ausgegeben hat, hat der EuGH mit Urteil vom 26.02.2013 – C-11/11 – bereits entschieden.

Noch nicht hinreichend geklärt ist dagegen die Frage, ob ein Ausgleichsanspruch auch dann besteht, wenn ein Fluggast, der eine Pauschalreise gebucht hat,

  • wegen einer relativ geringfügigen Ankunftsverspätung einen direkten Anschlussflug nicht erreicht und
  • dies eine Verspätung von drei Stunden und mehr am Endziel zur Folge hat,
  • die beiden Flüge aber von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurden und
  • die Buchungsbestätigung durch ein Reiseunternehmen erfolgte, das die Flüge für seinen Kunden zusammengestellt hat?

Der unter anderem für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des BGH

  • neigt zwar dazu, auch in einem solchen Fall einen Ausgleichsanspruch zu bejahen,
  • ist aber der Auffassung, dass sich dieses Ergebnis aus dem maßgeblichen europäischen Recht nicht hinreichend sicher ableiten lässt und

hat deshalb mit Beschluss vom 19.07.2016 – X ZR 138/15 – dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt,

  • ob ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung auch bei einer solchen Fallgestaltung bestehen kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 127/2016 vom 19.07.2016).