Tag Flugschein

Wer eine Reise bucht muss wissen, dass der Nichtantritt auch bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag mit Mehrkosten verbunden sein kann

Ein Reiseveranstalter muss zwar nach § 651b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bis zum Reisebeginn

  • einem Kunden die Übertragung des Anspruchs auf die gebuchten Reiseleistungen auf einen Dritten ermöglichen und
  • kann dem Eintritt des Dritten nur widersprechen, wenn dieser den besonderen Reiseerfordernissen nicht genügt oder seiner Teilnahme gesetzliche Vorschriften oder behördliche Anordnungen entgegenstehen.

Allerdings muss der Reiseveranstalter durch den Eintritt eines Dritten entstehende Mehrkosten,

  • auch die sich daraus ergebenden, dass die Tarifbedingungen der Luftverkehrsunternehmen typischerweise nach bestätigter Buchung keinen Wechsel in der Person des Fluggastes („name change“) zulassen und
  • deshalb eine neue Flugbuchung, also den Erwerb eines neuen Flugscheins für den Dritten erfordern,

nicht selbst tragen,

  • sondern kann den Kunden und den Dritten damit belasten, die hierfür als Gesamtschuldner haften.

Darauf hat der für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in zwei Urteilen vom 27.09.2016 – X ZR 107/15 und X ZR 141/15 – hingewiesen.

Ein Reiseveranstalter ist, so der Senat, auch wenn er nach § 651b BGB verpflichtet ist, einen Dritten den Eintritt in einen von einem Kunden gebuchten Reisvertrag zu ermöglichen,

  • nämlich nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar sind,
  • sondern kann den Anspruch eines Kunden auf Flugbeförderung im Rahmen einer gebuchten Pauschalreise auch dadurch erfüllen, dass er für diesen bei einem Luftverkehrsunternehmen einen Flug zu einem Tarif bucht, der einen nachträglichen Wechsel der Person des Fluggastes nicht zulässt und typischerweise zu einem niedrigeren Preis erhältlich ist als Tarife, die eine größere Flexibilität gestatten (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 27.09.2016 – Nr. 170/2016 –).

Was Fluggäste wissen sollten, wenn sie wegen Flugverspätung einen Anschlussflug nicht erreichen

Anspruch auf die Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) haben

Endziel

  • ist der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein,
  • bei direkten Anschlussflügen ist der Zielort des letzten Fluges maßgebend.

Dass ein Ausgleichsanspruch besteht, wenn das die Verspätung (und damit die Nichterreichung des Anschlussfluges) verursachende Luftfahrtunternehmen für beide Flüge

  • einen Flugschein oder
  • eine Buchungsbestätigung

ausgegeben hat, hat der EuGH mit Urteil vom 26.02.2013 – C-11/11 – bereits entschieden.

Noch nicht hinreichend geklärt ist dagegen die Frage, ob ein Ausgleichsanspruch auch dann besteht, wenn ein Fluggast, der eine Pauschalreise gebucht hat,

  • wegen einer relativ geringfügigen Ankunftsverspätung einen direkten Anschlussflug nicht erreicht und
  • dies eine Verspätung von drei Stunden und mehr am Endziel zur Folge hat,
  • die beiden Flüge aber von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurden und
  • die Buchungsbestätigung durch ein Reiseunternehmen erfolgte, das die Flüge für seinen Kunden zusammengestellt hat?

Der unter anderem für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des BGH

  • neigt zwar dazu, auch in einem solchen Fall einen Ausgleichsanspruch zu bejahen,
  • ist aber der Auffassung, dass sich dieses Ergebnis aus dem maßgeblichen europäischen Recht nicht hinreichend sicher ableiten lässt und

hat deshalb mit Beschluss vom 19.07.2016 – X ZR 138/15 – dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt,

  • ob ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung auch bei einer solchen Fallgestaltung bestehen kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 127/2016 vom 19.07.2016).