Tag Gefahren

Stürzt ein Fluggast beim Einsteigen auf der Fluggastbrücke kann das Flugunternehmen haften

Darauf hat der für das Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 21.11.2017 – X ZR 30/15 – hingewiesen.

Danach muss beispielsweise, wenn ein Reisender, der einen Flug gebucht hat, beim Einsteigen auf der Fluggastbrücke – die das Passagierabfertigungsgebäude des Flughafens mit den Kabinentüren des Verkehrsflugzeuges verbindet –

  • aufgrund einer durch Kondenswasser ausgebildeten feuchten Stelle zu Fall kommt und
  • sich dabei verletzt,

das Luftverkehrsunternehmen hierfür einstehen,

  • soweit dem nicht gegebenenfalls ein Mitverschulden des Gestürzten entgegensteht.

Denn nach Art. 1 Satz 2, Art. 3 VO (EG) Nr. 2027/97 (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 889/2002) i.V.m. Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens vom 28.05.1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Übereinkommens – MÜ) hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht,

  • dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird,

wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde,

  • an Bord des Luftfahrzeugs oder
  • beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat und

diese gesetzlich angeordnete Gefährdungshaftung (zu deren Umfang vgl. § 21 MÜ)

  • bezweckt den Schutz des Reisenden vor spezifischen Gefahren einer Verletzung seines Körpers während einer Luftbeförderung,
  • erfasst auch die Vorgänge des Einsteigens in das Flugzeug und des Aussteigens aus dem Flugzeug, somit auch das zum Einsteigevorgang gehörende Besteigen einer Flugzeugtreppe oder das Begehen einer Fluggastbrücke und
  • soll Reisende vor den spezifischen Risiken schützen, die eine Fluggastbrücke wegen des konstruktionsbedingt fehlenden Handlaufs, des von Höhe und Lage der Flugzeugtür abhängigen Gefälles und der durch die Verbindung unterschiedlich temperierter Bereiche bedingten Gefahr von Kondenswasserbildung birgt (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 21.11.2017 – Nr. 185/2017 –).

Was sowohl Benutzer von Laubbläsern, als auch bei dem Einsatz eines Laubbläsers Geschädigte wissen sollten

Mit Urteil vom 10.05.2016 – 4 O 6465/15 – hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth entschieden, dass, wer Laubbläser einsetzt,

  • um beispielsweise Gehwegflächen vom Laub zu reinigen,

verpflichtet ist, Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen,

  • um Gefahren für andere zu vermeiden.

Verwender von Laubbläsern können ansonsten wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für entstandene Schäden haften.

  • Allerdings müssen Geschädigte, die Schadensersatzansprüche geltend machen, nachweisen können, dass die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für den ihnen entstandenen Schaden auch ursächlich war.

In dem der Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth zugrunde liegendem Fall, in dem ein Fahrzeugeigentümer behauptet hatte, dass Mitarbeiter der Stadt beim Reinigen eines Gehweges vom Herbstlaub mit einem Laubbläser

  • eine „Laubwolke“ vor die Windschutzscheibe seines Fahrzeugs geblasen hätten und
  • die Führerin seines Fahrzeugs dadurch so erschrocken sei, dass sie die Lenkung verrissen habe und auf ein geparktes Fahrzeug aufgefahren sei,

ging das LG u.a. auch deshalb,

  • weil keine Schilder oder Warntafeln aufgestellt waren,

zwar vom Vorliegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung bei der Durchführung der Reinigungsarbeiten aus, sah es aber,

LG Köln entscheidet wann Veranstalter eines Hindernislaufs für Verletzung eines Teilnehmers haftet und wann nicht

Mit Urteil vom 04.04.2017 – 3 O 129/16 – hat das Landgericht (LG) Köln die Klage eines Teilnehmers an einem Waldcrosshindernislauf abgewiesen,

  • der beim Überwinden eines künstlich angelegten, mit einer Plastikplane ausgelegten Wasserhindernisses ausrutscht war,
  • sich dabei an den wegen des schlammigen Wassers für ihn nicht erkennbaren Faltenwürfe der Plane das Bein gebrochen

und deshalb vom Veranstalter Schadensersatzansprüche verlangt hatte.

Begründet hat das LG dies damit, dass ein Veranstalter eines solchen Laufs die Teilnehmer zwar vor solchen Gefahren zu schützen hat,

  • die diese ausgehend von der sich konkret darbietenden Situation nicht vermeiden können,

nicht aber – zusätzlich – vor Gefahren,

  • die allen vor Augen stehen müssen und

bei einem Waldcrosshindernislauf,

  • bei dem sich die Teilnehmer an Hindernissen beweisen können, die in freier Natur auftretenden Barrieren sowie Handicaps nachempfunden sind,

Faltenwürfe einer einen Wassergraben abdichtenden Plane,

  • da diese in diesem Zusammenhang nicht anders zu beurteilen sind wie Bodenunebenheiten in einem natürlichen Wassergraben,

keine atypische Gefahr darstellen,

  • sondern genau dem entsprechen, worauf sich Teilnehmer eines solchen Laufs einstellen müssen.

Abgesehen davon kam nach Auffassung des LG eine Haftung des Veranstalters aber auch deshalb nicht in Betracht, weil

  • mit Warnschildern auf eine „permanente Rutsch- und Ausrutschgefahr“ sowie das Verletzungsrisiko an Hindernissen hingewiesen, zu einem angepasstes Laufverhalten geraten worden,
  • an dem Wasserhindernis sogar ein Ordner postiert war, der die Teilnehmer ebenfalls zur Vorsicht anhielt und

der Veranstalter somit alles getan hatte,

  • um das Rennen einerseits gefahrloser zu gestalten,
  • ihm aber andererseits nicht den Charakter eines besonders herausfordernden Waldcrosshindernislaufs zu nehmen und
  • den Teilnehmern Gelegenheit zu geben, sich in einer Extremsituation zu beweisen.

OLG Hamm entscheidet wann ein Krankenhaus bei Sprung einer dementen Patientin aus dem Fenster haftet

Der Träger eines Krankenhauses übernimmt mit der stationären Aufnahme eines Patienten

  • nicht nur die Aufgabe der dem medizinischen Standard entsprechenden ärztlichen Behandlung,

sondern auch Obhuts- und Schutzpflichten dergestalt, den Patienten im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren vor Schäden und Gefahren zu schützen,

  • wenn sein körperlicher oder geistiger Zustand dies gebietet,
  • wobei maßgebend ist, ob im Einzelfall wegen der Verfassung des Patienten aus der Sicht ex ante ernsthaft damit gerechnet werden musste, dass er sich ohne Sicherungsmaßnahmen selbst schädigen könnte.

Darauf hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 17.01.2017 – 26 U 30/16 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem eine, wegen eines Schwächeanfalls, stationär in ein Krankenhaus eingewiesene demente Patientin
  • bei dem Versuch aus dem ungesicherten Fenster ihres im Obergeschoss befindlichen Krankenzimmers zu entweichen in die Tiefe gestürzt war,

den Träger des Krankenhauses dazu verurteilt, der Krankenkasse der an den Folgen ihrer Sturzverletzungen schließlich verstorbenen Patientin

  • die für deren unfallbedingte Heilbehandlung aufgewandten Kosten zu ersetzen.

Die dem Krankenhausträger anzulastende fahrlässige Pflichtverletzung sah der Senat darin, dass,

  • trotz zahlreicher Hinweise auf Aggressivität, völliger Desorientierung, unerwartete Handlungen, sowie unkalkulierbaren Verhalten, insbesondere aber Hin-und Weglauftendenzen der Patientin,

zur Verhinderung einer Flucht

  • nur die Zimmertür verstellt,
  • aber gegen den (auch) vorhersehbaren Fluchtversuch der Patientin durch das Fenster keinerlei Sicherungsmaßahme getroffen worden war.

Was getrennt lebende, gemeinsam sorgeberechtigte Eltern wissen sollten, wenn ein Elternteil mit dem Kind verreisen möchte

Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,

  • ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich (§ 1687 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
  • während die Befugnis zur Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein der Elternteil hat, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält (§ 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Danach bedarf es, wenn der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, mit dem Kind eine Urlaubsreise unternehmen will, nicht generell der Zustimmung des mitsorgeberechtigten anderen Elternteils.

  • Liegen jedoch Umstände vor, nach denen eine Reise besondere Gefahren mit sich bringt, die mit dem Reiseziel zusammenhängen und die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen, ist die Durchführung einer solchen Reise nicht mehr von der Alleinentscheidungsbefugnis aus § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB gedeckt.

Solche besonderen, mit dem Reiseziel zusammenhängenden Risiken bestehen dann, wenn das Land in das die Reise gehen soll, beispielsweise in letzter Zeit mehrfach Ziel terroristischer Anschläge war bzw. es Drohungen extremistischer Gruppen mit Anschlägen in der Touristenregion gibt.

Derartige Gefahrenlagen schließen zwar Urlaubsreisen in diese Region nicht aus, weshalb sich Eltern weiterhin dafür entscheiden können, mit ihren Kindern dort ihren Urlaub zu verbringen.
Allerdings setzt dies, wenn die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, voraus, dass die Entscheidung von beiden Eltern getragen wird.

Bestehen hinsichtlich der Gefährlichkeit der Urlaubsreise zwischen den Eltern Meinungsverschiedenheiten kann der Elternteil, der mit dem Kind die Reise unternehmen will, beim Familiengericht zwar nach § 1628 BGB beantragen, ihm (im Wege einstweiliger Anordnung nach § 49 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) die Entscheidung zu übertragen.
Jedoch können die gegenwärtigen Verhältnisse in einem Land einer Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB auf den die Reise beabsichtigenden Elternteil entgegenstehen.
Maßgebend für die Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis ist nämlich

  • weder der Wille des Kindes und dessen Freude auf den Urlaub, noch die eventuellen finanziellen Folgen eines Rücktritts von der Reise,
  • sondern, ob sich die Haltung der Eltern als Ausübung der Elternverantwortung darstellt, ob also die Befürchtungen des einen Elternteils, dass die Reise nicht gefahrlos durchgeführt werden kann, von vornherein unbegründet sind oder begründet sein können.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 21.07.2016 – 5 UF 206/16 – hingewiesen.