Tag Geltendmachung

BGH entscheidet wann ein nicht geltend gemachter Unterhaltsanspruch nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt sein kann

Mit Beschluss vom 31.01.2018 – XII ZB 133/17 – hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass bei Unterhaltsrückständen,

  • ebenso wie bei anderen in der Vergangenheit fällig gewordenen Ansprüchen,

eine Verwirkung nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann in Betracht kommt, wenn

  • der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre (Zeitmoment) und
  • der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Vertrauenstatbestand).

Für das

  • Zeitmoment der Verwirkung bei Unterhaltsrückständen

kann dabei

  • bereits das Verstreichenlassen einer Frist von mehr als einem Jahr ausreichen und
  • ein nicht geltend gemachter Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich auch schon vor Eintritt der Verjährung und auch während der Hemmung nach § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB verwirkt sein.

Für das Vorliegen des

  • für den Schuldner vom Gläubiger gesetzten Vertrauenstatbestandes,

der, neben dem Zeitablauf, weitere Voraussetzung für eine Verwirkung ist und demzufolge

  • weder allein durch ein bloßes Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs,
  • noch durch die Unterlassung der Fortsetzung einer bereits begonnenen Geltendmachung begründet werden kann,

ist der Schuldner darlegungs- und im Bestreitensfall beweispflichtig.

Wichtig für Vermieter zu wissen, wenn der Mieter stirbt und dessen Erben unbekannt sind

Vermieter können in einem solchen Fall,

  • zur Geltendmachung ihres Anspruchs gegen den Nachlass auf Rückgabe der Mietsache gemäß § 546 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

beim Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft gemäß § 1961 BGB beantragen.

  • Anzuordnen ist die Nachlasspflegschaft vom Nachlassgericht auf ihren Antrag hin auch dann, wenn der Mieter vermögenslos war beziehungsweise der Nachlass voraussichtlich dürftig ist.

Das hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 02.08.2017 – 19 W 102/17 – entschieden.

Gemäß § 1961 BGB hat das Nachlassgericht in den Fällen, in denen

  • der Erbe unbekannt oder
  • ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat oder
  • ein Bedürfnis besteht, biszur Annahme der Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen,

nämlich zwingend einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn

  • die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet,
  • von dem Berechtigten beantragt wird.

Was Sozialleistungsbezieher, die als Abkömmlinge eines Erblassers nach dessen Tod einen Pflichtteilsanspruch haben werden, wissen sollten

Die Abtretung des Pflichtteilanspruchs zur gerichtlichen Geltendmachung durch den Sohn kann sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn

  • der Pflichtteilsberechtigte vom Jobcenter Sozialleistungen bezieht und
  • die Abtretung des Pflichtteilsanspruchs dazu dient,
    • das erwartete Erbe dem Zugriff des Sozialleistungsträgers zu entziehen und
    • zu vermeiden, dass keine Sozialleistungen mehr gezahlt werden.

Das hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 11.10.2016 – 11 O 392/15 – entschieden und in einem solchen Fall,

  • in dem der Pflichtteilsanspruch eines Sozialleistungsbeziehers von diesem auf den Sohn übertragen und
  • der Pflichtteilsanspruch vom Sohn gegen die Erben geltend gemacht worden war,

die Klage des Sohnes abgewiesen, weil nach Auffassung des Gerichts

  • durch die Übertragung des Pflichtteilsanspruchs auf den Sohn einzig und allein vermieden werden sollte, dass der Vater den Erlös aus der Erbschaft für seinen Lebensunterhalt verwenden müsste und dann keine Sozialleistungen mehr erhalten würde,
  • was, so das LG, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 23.01.2017 – Nr. 1/2017 –).