Tag Gesundheitsgefahren

Eltern eines an Diabetes mellitus Typ I erkrankten Kindes sollten wissen, dass ihr Kind, zur Ermöglichung des Kindergartenbesuchs, Anspruch

…. auf die Übernahme der Kosten für eine Integrationskraft zur Beobachtung und Beaufsichtigung im Kindergarten haben kann.

Mit Beschluss vom 8.11.2018 – S 1 KR 2376/18 ER – hat das Sozialgericht (SG) Reutlingen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in einem Fall, in dem bei einem 3 ½-jährigen Mädchen,

  • das an einem Diabetes Mellitus Typ 1 litt,

zur Vermeidung von erheblichen Gesundheitsgefahren,

  • die Blutzuckerwerte regelmäßig gemessen und
  • bei Bedarf (z.B. nach ausgeprägter körperlicher Betätigung) das Insulin über eine Pumpe verabreicht werden musste,

entschieden, dass

  • das Mädchen im Rahmen der Eingliederungshilfe Anspruch auf eine Integrationskraft zur Beobachtung und Beaufsichtigung im Kindergarten hat.

Begründet hat das SG dies damit, dass das Mädchen andernfalls,

  • da es aufgrund seines Alters nicht in der Lage ist, den Verlauf der Diabeteserkrankung mit schwankenden Blutzuckerwerten sowie häufigen Hypoglykämien und Hyperglykämien zu beobachten sowie nötigenfalls entsprechend zu handeln und
  • der dazu notwendige ununterbrochene Beobachtungs- und Beaufsichtigungsbedarf auch durch die Erzieherinnen eines Regelkindergartens nicht erbracht werden kann,

einen Regelkindergarten nicht besuchen und damit auch nicht an der dortigen Gemeinschaft mit gleichaltrigen Kindern teilhaben könnte (vgl. hierzu auch den Blogeintrag, dass schulpflichtige an Diabetis leidende Kinder Anspruch auf eine Schulbegleitung haben, wenn ein gefahrloser Schulbesuch ansonsten nicht möglich ist).

Verkäufer und Käufer sollten wissen, wann sich eine Kaufsache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht eignet

…. und deshalb nicht frei von Sachmängeln nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist.

Eine Kaufsache weist,

  • auch wenn eine Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht getroffen ist, weil der Verkäufer
    • weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernommen und damit seine Bereitschaft zu erkennen gegeben hat, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen,

einen Sachmangel dann auf,

  • wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht eignet ( 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB).

Vertraglich vorausgesetzt im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB ist die zwar nicht vereinbarte,

  • aber von beiden Vertragsparteien übereinstimmend unterstellte (vorgesehene) Verwendung der Kaufsache,
  • die von der gewöhnlichen Verwendung abweichen kann.

Die Eignung einer Sache für eine bestimmte Verwendung ist dabei

  • nicht erst zu verneinen, wenn die Tauglichkeit der Kaufsache zu diesem Gebrauch ganz aufgehoben ist,
  • sondern bereits dann, wenn sie lediglich gemindert ist.

So ist die Eignung einer Sache für deren nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung grundsätzlich in den Fällen gemindert oder ganz aufgehoben, wenn mit dieser Verwendung der Kaufsache

  • erhebliche Gesundheitsgefahren oder
  • das Risiko eines großen wirtschaftlichen Schadens

verbunden sind.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.04.2017 – VIII ZR 80/16 – hingewiesen.