Tag Gutachtenbasis

BGH entscheidet: Eigentümer eines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs, die den Schaden fiktiv abrechnen, können

…. den Ersatz von Umsatzsteuer auch dann nicht verlangen, wenn im Rahmen einer veranlassten (Teil)Reparatur zur Herstellung der Verkehrssicherheit tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist.

Mit Urteil vom 05.04.2022 – VI ZR 7/21 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass der Eigentümer eines 

  • bei einem Verkehrsunfall 

beschädigten Fahrzeugs wählen kann,

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Eigentümer eines bei einem Unfall beschädigten Autos sollten wissen, dass, wenn sie den Weg der fiktiven Schadensabrechnung wählen

…. die im Rahmen einer vorgenommenen (gleichwertigen) Ersatzbeschaffung (für das Unfallfahrzeug) anfallende Umsatzsteuer

  • nicht ersatzfähig ist,
  • auch nicht in Höhe des im Sachverständigengutachten über den Wiederbeschaffungswert zugrunde gelegten Umsatzsteueranteils,

eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung,

  • die nicht nur dann vorliegt, wenn im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung zu dem im Gutachten ausgewiesenen Netto-Wiederbeschaffungswert die bei dem konkreten Ersatzkauf tatsächlich angefallene Umsatzsteuer addiert wird,
  • sondern auch dann, wenn bei der fiktiven Abrechnung unter Verweis auf einen tatsächlich getätigten Ersatzkauf der im Gutachten ausgewiesene Brutto-Wiederbeschaffungswert zugrunde gelegt wird,

unzulässig ist,

  • in eine fiktive Schadensberechnung damit also auch nicht die in einem Sachverständigengutachten über den Wiederbeschaffungswert enthaltene Umsatzsteuer mit einbezogen werden darf

und falls die konkreten Kosten des tatsächlich getätigten Ersatzgeschäfts einschließlich der Nebenkosten, wie tatsächlich angefallener Umsatzsteuer,

  • den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag übersteigen,

ein Geschädigter,

  • im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen hierfür und der Verjährung,

zu einer konkreten Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorgenommenen Ersatzbeschaffung übergehen muss.

Das hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 02.10.2018 – VI ZR 40/18 – entschieden, es für rechtsfehlerhaft erachtet, dass das Berufungsgericht in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall,

  • in dem der Geschädigte das Unfallfahrzeug veräußert und
  • dafür ein Ersatzfahrzeug erworben,
  • aber den Weg der fiktiven Schadensabrechnung gewählt hatte,

bei der Abrechnung des Wiederbeschaffungsaufwands auf Gutachtenbasis

  • von dem vom Sachverständigen ermittelten Brutto-Wiederbeschaffungswert ausgegangen war sowie
  • von diesem den Restwert in Abzug gebracht hatte

und die Sache, unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 13.09.2016 – VI ZR 654/15 –, zur Ermittlung des vom Brutto-Wiederbeschaffungswert in Abzug zu bringenden Umsatzsteueranteils an das Berufungsgericht zurückverwiesen,

  • das (nunmehr noch) wird klären müssen, ob solche Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 UStG regelbesteuert oder nach § 25 a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden.

BGH entscheidet: Bei fiktiver Abrechnung eines Unfallschadens sind die Kosten für eine Reparaturbestätigung grundsätzlich nicht erstattungsfähig

Wählt ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde, den Weg der fiktiven Schadensabrechnung,

  • verlangt er also von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung auf Gutachtenbasis Ersatz der fiktiven Reparaturkosten,

sind,

  • wenn (nachträglich) eine Reparatur des Fahrzeugs (in Eigenregie) erfolgt und
  • der Geschädigte sich die Ordnungsmäßigkeit der Reparatur von einem Sachverständigen bestätigen lässt,

die für diese Reparaturkostenbestätigung angefallenen Kosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig,

  • weil es sich bei den Kosten für eine Reparaturbestätigung nicht um Kosten handelt, die nach der gewählten fiktiven Berechnungsweise zur Wiederherstellung des Unfallfahrzeugs erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind.

Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig.

Etwas anderes könnte nur dann gelten,

  • wenn die Reparaturbestätigung aus Rechtsgründen zur Schadensabrechnung erforderlich gewesen wäre, etwa im Rahmen der Abrechnung eines zusätzlichen Nutzungsausfallschadens, weil die Reparaturbescheinigung – ihre Eignung im Übrigen vorausgesetzt – dann als Nachweis der tatsächlichen Gebrauchsentbehrung erforderlich wäre zur Rechtsverfolgung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB oder
  • im Fall der den Wiederbeschaffungsaufwand überschreitenden fiktiven Reparaturkosten für den Nachweis der verkehrssicheren (Teil-)Reparatur des Unfallfahrzeugs und damit des tatsächlich bestehenden Integritätsinteresses des Geschädigten.

Allerdings bleibt es einem Geschädigten,

  • wenn die konkreten Kosten einer – ggf. nachträglich – tatsächlich vorgenommenen Reparatur einschließlich der Nebenkosten,
  • wie tatsächlich angefallener Umsatzsteuer,

den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag übersteigen,

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 24.01.2017 – VI ZR 146/16 – hingewiesen.

Was Geschädigte wissen sollten, die nach einem Verkehrsunfall auf Gutachtenbasis abrechnen

Verzichtet ein (vorsteuerabzugsberechtigter) Geschädigter nach einem Verkehrsunfall auf eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung und rechnet er den Schaden an seinem PKW gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung auf Basis eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens ab, also

  • nach den fiktiven Reparaturkosten oder
  • nach den fiktiven Kosten für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache

erhält er

  • nicht die vollen vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten bzw. den vollen vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert,
  • sondern den um die Umsatzsteuer reduzierten Geldbetrag,

weil Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht ersetzt wird, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt (es also zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 02.07.2013 – VI ZR 351/12 –)).

Wählt ein Geschädigter die Schadensabrechnung nach den fiktiven Kosten für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache

  • bemisst sich die vom Brutto-Wiederbeschaffungswert in Abzug zu bringende Umsatzsteuer

aus dem fiktiven Ersatzbeschaffungsgeschäft,

  • (d.h. die Höhe des abzuziehenden Umsatzsteueranteils richtet sich danach, ob solche Fahrzeuge bei (hypothetischer) Ersatzbeschaffung nach überwiegender Wahrscheinlichkeit auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 Umsatzsteuergesetz (UStG) regelbesteuert oder nach § 25a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden (BGH, Urteil vom 09.05.2006 – VI ZR 225/05 –)

und

  • nicht aus dem Erwerb eines Ersatzfahrzeugs,
  • wenn der Geschädigte nachfolgend einen regelumsatzbesteuerten Gebrauchtwagen als Ersatzfahrzeug erwirbt.

Die im Rahmen einer solchen nachfolgenden tatsächlichen Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer kann der Geschädigte, wenn er,

  • weil die konkreten Kosten der Ersatzbeschaffung unter Einbeziehung der geltend gemachten Nebenkosten den ihm aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag nicht übersteigen,

die für ihn günstigere Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens gewählt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2006 – VI ZR 249/05 –),

  • nicht vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherung ersetzt verlangen,

da eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung unzulässig ist.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 13.09.2016 – VI ZR 654/15 – hingewiesen.