Tag Heilbehandlung

Wann muss eine private Krankenversicherung für die Kosten einer Heilbehandlung durch Medizinal-Cannabis aufkommen?

Mit Urteil vom 14.11.2023 – I-13 U 222/22 – hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf die Klage eines unter einem 

  • schweren, multilokulären generalisierten Schmerzsyndrom bei Glasknochenkrankheit 

leidenden 

  • privat

Krankenversicherten abgewiesen, der verlangt hatte, dass seine Krankenversicherung für die medizinisch notwendige Heilbehandlung durch

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Wann kann gegen den Willen eines Betreuten seine geschlossene Unterbringung erfolgen

… zur Durchführung einer Heilbehandlung.

Gegen seinen Willen kann ein Betreuter geschlossen, d.h., mit Freiheitsentzug verbunden, unterbracht werden nur

  • mit gerichtlicher Genehmigung,
  • die vom Betreuer beantragt werden muss,

außer, mit dem Aufschub der Unterbringung ist Gefahr verbunden. In diesem Fall ist von dem Betreuer nachträglich unverzüglich die Genehmigung beim Betreuungsgericht beantragen (§ 1906 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

Erteilen darf das Betreuungsgericht die Genehmigung für eine solche geschlossene Unterbringung nur

  • wenn und solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist,

weil

  • auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten
    • die (akute) Gefahr besteht,
    • dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder
  • zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens
    • eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist,
    • die bzw. der ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und
    • der Betreute auf Grund seiner psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann (§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Genehmigungsfähig nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB

  • zur Durchführung einer Heilbehandlung

ist eine Unterbringung allerdings nur dann, wenn

  • eine erfolgversprechende Heilbehandlung durchgeführt werden kann.

Dies setzt, neben der Erfolgsaussicht der Heilbehandlung,

  • entweder einen die Heilbehandlung deckenden entsprechenden natürlichen Willen des Betroffenen
  • oder die rechtlich zulässige Überwindung seines entgegenstehenden natürlichen Willens mittels ärztlicher Zwangsbehandlung

voraus.

Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist daher möglich, wenn

  • von vornherein zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Betreute in der Unterbringung behandeln lassen wird,
    • sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegensteht,
    • er aber die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsieht,
  • Davon kann solange ausgegangen werden, wie sich die Weigerung des Betreuten, sich behandeln zu lassen, nicht manifestiert hat.

Ist hingegen auszuschließen, dass der Betreute

  • eine Behandlung ohne Zwang vornehmen lassen wird,
  • sich also bei einer geschlossenen Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik freiwillig behandeln lassen und insbesondere die erforderlichen Medikamente einnehmen wird,
    • beispielsweise, weil er bei seiner richterlichen Anhörung deutlich zum Ausdruck gebracht hat, eine Behandlung abzulehnen bzw.
    • dem eingeholten Sachverständigengutachten zu entnehmen ist, dass es dem Betreuten an jeglicher Behandlungsbereitschaft fehlt,

liegt der Unterbringungsgrund des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur vor und ist demzufolge auch die Genehmigung der Unterbringung zur Durchführung der Heilbehandlung nur zulässig, wenn

  • die Voraussetzungen für die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme (Zwangsbehandlung) im Sinn des § 1906 Abs. 3 BGB vorliegen

und

  • diese nach § 1906 Abs. 3a BGB rechtswirksam genehmigt wird bzw. ist,

weil nur dann für die eine Freiheitsentziehung rechtfertigende Heilbehandlung auch gegen den Willen des Betreuten eine rechtliche Grundlage besteht.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 31.05.2017 – XII ZB 342/16 – hingewiesen.

Polizeihund beißt Kater – Land Niedersachsen muss Schadensersatz in Höhe von über 4000,- € zahlen

Weil ein Polizeihund, als mit ihm die Ehefrau eines Polizeibeamten „Gassi“ ging,

  • über eine Mauer auf das dahinter liegende Privatgrundstück gesprungen war und
  • einen dort friedlich sitzenden 14 Jahre alten Kater angegriffen sowie derart gebissen hatte, dass der Kater in einer Kleintierklinik mehrfach operiert werden musste,

hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Hildesheim mit Urteil vom 10.02.2017 – 7 S 144/16 – den Halter des Polizeihundes, das Land Niedersachsen, verurteilt,

  • der Eigentümerin des Katers die für dessen Heilbehandlung angefallenen Kosten in Höhe von über 4000,- € zu ersetzen.

Dass die Eigentümerin des Katers, trotz dessen Alters und dessen Wertes, Anspruch auf Ersatz der vollen Heilbehandlungskosten hat, hat die Kammer damit begründet, dass,

  • angesichts der herausgehobenen Anerkennung des Tierschutzes durch die Rechtsordnung (Art. 20a Grundgesetz (GG)), die im Falle der Verletzung eines Tieres aus der Heilbehandlung des Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig sind, wenn sie den Wert des Tieres erheblich übersteigen,
  • der Schädiger überdies das Risiko trage, dass die Behandlungskosten vorab nicht genau zu bestimmen seien und
  • die Eigentümerin des Katers sich kein Mitverschulden entgegenhalten lassen müsse (Quelle: Pressemitteilung des LG Hildesheim vom 28.02.2017 – 9/17 –).

Was Arbeitnehmerinnen, die sich zu einer künstlichen Befruchtung entschließen, wissen sollten

Wünscht sich eine Arbeitnehmerin ein Kind und entscheidet sie sich wegen der eingeschränkten Zeugungsfähigkeit ihres Partners zur Herbeiführung einer Schwangerschaft für eine künstliche Befruchtung, hat sie

  • wenn es durch Inseminationen zu Fehlzeiten bei der Arbeit kommt,

in der Regel keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG).

Darauf hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 26.10.2016 – 5 AZR 167/16 – hingewiesen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass ein Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen hat, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft,

  • bei einer Frau aber ein allein durch die Zeugungsunfähigkeit des Partners bedingter unerfüllter Kinderwunsch, ohne dass dadurch bei ihr körperliche oder seelische Beeinträchtigungen mit Krankheitswert hervorgerufen werden, entgeltfortzahlungsrechtlich nicht als Krankheit anzusehen ist,
  • ebensowenig die mit einer künstlichen Befruchtung vorgenommenen Eingriffe und Maßnahmen eine Heilbehandlung darstellen, wenn vor Beginn der künstlichen Befruchtung eine Erkrankung nicht vorgelegen hat und
  • wenn erst durch eine künstliche Befruchtung willentlich und vorhersehbar eine Arbeitsunfähigkeit bedingte Erkrankung herbeigeführt worden ist, ein Entgeltfortzahlungsanspruch auch wegen Verschuldens i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ausgeschlossen ist.

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch kann demzufolge lediglich dann bestehen, wenn eine künstliche Befruchtung nach allgemein anerkannten medizinischen Standards vom Arzt oder auf ärztliche Anordnung vorgenommen und anschließend eine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit aufgetreten ist, mit deren Eintritt nicht gerechnet werden musste.

Übrigens:
Als Beginn der Schwangerschaft ist bei einer In-vitro-Fertilisation,

  • bei der entnommene Eizellen mit präparierten Spermien befruchtet und
  • anschließend in den Uterus der Frau transferiert werden mit dem Ziel der Einnistung,

die Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter anzusehen,

  • der Zeitpunkt der Verbindung einer befruchteten Eizelle mit dem Organismus der Frau durch den Embryonentransfer.

Da damit ein Zustand erreicht ist, der demjenigen einer durch natürliche Befruchtung herbeigeführten Schwangerschaft entspricht,

  • findet ab dem Embryonentransfer das Mutterschaftsgesetz (MuSchG) Anwendung und
  • kann somit für Zeiträume danach ein Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG, unter den weiteren in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen, in Betracht kommen.