Tag Hersteller

Dieselgate – LG Paderborn entscheidet: Fahrzeugerwerber kann vom Hersteller eines manipulierten Dieselfahrzeugs Schadensersatz verlangen

…. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

Mit Urteil vom 07.04.2017 – 2 O 118/16 – hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Paderborn entschieden, dass ein Fahrzeughersteller der Dieselkraftwagen mit einer Motorsteuerungssoftware ausstattet,

  • die erkennt, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird oder sich auf der Straße befindet und entsprechend das „Verhalten“ des Motors in Bezug auf die Abgase so verändert, dass der Motor
    • während des Prüfstandtests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte einhält,
    • während unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr das Fahrzeug anderweitig, nämlich mit einer geringeren Abgasrückführungsrate betrieben wird und die im Prüfstand erzielten Stickoxidwerte überschritten werden

sowie unter Verschweigen dieser Softwareprogrammierung in den Verkehr bringt,

  • durch eine gegen die guten Sitten verstoßende schädigende Handlung denen vorsätzlich einen Schaden zufügt,
  • die in dem Glauben sich ein umweltfreundliches Fahrzeug anzuschaffen, ein solches Fahrzeug von einem Verkäufer erwerben

und dass,

  • sofern es sich bei dem Fahrzeughersteller um eine Aktiengesellschaft handelt,
  • deren Haftung aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) iVm § 31 BGB voraussetzt, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15 –),

die schädigende Handlung der Aktiengesellschaft gemäß § 138 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) zuzurechnen ist, wenn

  • die Aktiengesellschaft ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage nicht im ausreichenden Maße nachkommt,
  • welches ihrer Organe Kenntnis von der Optimierung der Motorsteuerungssoftware gehabt und das Inverkehrbringen der mit der Software ausgerüsteten Motoren veranlasst hat (so auch LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 –).

Nach Auffassung der Kammer

  • ist die installierte Motorsteuerungssoftware als eine gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 iVm Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 verstoßende und damit unzulässige Abschalteinrichtung anzusehen

und

  • besteht der Schaden eines Fahrzeugerwerbers im Sinne des § 826 BGB, dem es darum geht, ein umweltfreundliches Fahrzeug zu erwerben, darin, dass dieser mit einer ungewollten Verbindlichkeit belastet wird, weil er einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrag mit dem Fahrzeugverkäufer geschlossen hat, den er, wenn er Kenntnis davon gehabt hätte, dass das Fahrzeug mit einer Prüfstandsoptimierungssoftware ausgestattet ist, nicht geschlossen hätte.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall verurteilte die Kammer den Fahrzeughersteller zur Rückzahlung des Kaufpreises den der Erwerber an den Verkäufer gezahlt hatte, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Dieselgate – LG Offenburg spricht Fahrzeugerwerber Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller eines manipulierten Dieselfahrzeugs zu

Mit Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 – hat das Landgericht (LG) Offenburg entschieden, dass

  • dem Erwerber eines Dieselkraftwagens, dem es um den Erwerb eines umweltfreundlichen Fahrzeugs gegangen ist, gegen die Hersteller-Aktiengesellschaft ein Schadensersatzanspruch aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 31 BGB wegen sittenwidriger Schädigung zusteht, wenn
    • diese das Fahrzeug unter Verschweigen einer gemäß Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung in den Verkehr bringt, die dazu führt, dass eine Schadstoffmessung im Neuen Europäischen Fahrzyklus erkannt wird und
    • die Abgaswerte dann, im Gegensatz zum Betrieb im Straßenverkehr, optimiert werden und
  • die Hersteller-Aktiengesellschaft nicht mit Nichtwissen oder „Noch-Nicht-Wissen“ bestreiten kann, dass die Softwareprogrammierung mit Kenntnis des Vorstands erfolgte,
    • sondern, weil es dabei um Umstände geht, welche die interne Organisation der Hersteller-AG betreffen, in die der Fahrzeugerwerber keinen Einblick hat,
    • im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast im Einzelnen darlegen muss, wie es zu einem Einbau der Software ohne Kenntnis des Vorstands gekommen ist.

Was Fahrzeugeigentümer, die ihr Auto zur Inspektion geben, aber auch Inhaber von Fachwerkstätten die Inspektionen durchführen, wissen sollten

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 08.02.2017 – 12 U 101/16 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschieden, dass

  • eine Werkstatt, die sich als Fachwerkstatt für Fahrzeuge einer bestimmten Marke bezeichnet,

auch dann,

  • wenn sie von einem Kunden nur mit Wartungsarbeiten im Umfang einer „kleinen Inspektion“ beauftragt ist,

die Pflicht trifft,

  • sich, unter Ausnutzen zumutbarer Informationsquellen, wie etwa der Internetseite des Fahrzeugstellers, zu informieren,
  • ob das Fahrzeug von einer Rückrufaktion des Fahrzeugherstellers wegen sicherheitsrelevanter Mängel betroffen ist,

weil bei Inspektionen, auch bei sog. „kleinen“,

  • bei denen es sich um Werkverträge handelt,
  • gerichtet darauf, das Kraftfahrzeug für die nächste Zeit gebrauchs- und fahrbereit zu machen,

eine umfassende Prüfung der Verkehrssicherheit des Fahrzeugs zu erfolgen hat.

Unterlasse die Fachwerkstatt dies, sei sie schadensersatzpflichtig nach § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 633 Abs. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn es

  • infolge der Nichtdurchführung der von dem Fahrzeughersteller mit der Rückrufaktion angewiesenen Instandsetzungsarbeiten

zu einem Fahrzeugschaden kommt,

  • der bei Durchführung der empfohlenen Instandsetzungsarbeiten nicht entstanden wäre.

Handelt es sich bei den zur Inspektion gegebenen Fahrzeugen um sog. „Grauimporte“, deren Eigentümer vom Fahrzeughersteller nicht über Rückrufaktionen informiert werden, gelte, so der Senat weiter, nichts anderes.

Käufer von vom Diesel-Abgasskandal betroffener Fahrzeuge sollten wissen warum sie den Autohersteller nur schwer in Anspruch nehmen können

Gekauft wird ein Auto normalerweise nicht vom Hersteller sondern von einem (Vertrags)Händler.

Ist ein gekaufter Pkw mangelhaft kann der Käufer

  • sofern seine Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. hierzu §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1, 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und die dem Kaufvertrag zugrunde liegenden AGBs), bzw.
  • sofern bereits Verjährung eingetreten ist, der Verkäufer die Einrede der Verjährung nicht erhebt oder vor Eintritt der Verjährung auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet hat,

vom Verkäufer

  • gemäß § 439 Abs. 1 BGB Nacherfüllung binnen einer angemessenen Frist verlangen und
  • wenn die Nacherfüllungsphase erfolglos verlaufen ist bzw. sich als nicht behebbar erwiesen hat,
    • entweder gegenüber dem Verkäufer die Minderung des Kaufpreises erklären und vom Verkäufer einen Teil des bezahlten Kaupreises, nämlich den Minderwert zurückfordern oder,
    • wenn der Mangel nicht nur unerheblich ist, nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 Abs. 1 BGB gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises, abzüglich des Nutzungswertersatzes für jeden gefahrenen Kilometer, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen.

Gleiches gilt, wenn der Fahrzeugmangel darin besteht, dass vom Fahrzeughersteller in das bei einem Händler gekaufte Fahrzeug ein Dieselmotor mit einer Software zur Beeinflussung des Abgasverhaltens hinsichtlich der Stickoxidwerte auf dem Prüfstand eingebaut worden ist,

  • durch die der Motor so gesteuert wird, dass beim Durchlaufen von Testzyklen auf dem Prüfstand eine vom normalen Fahrbetrieb abweichende Einstellung der Abgasrückführung erfolgt, welche dazu führt, dass sich der Ausstoß von Schadstoffen in die Umwelt, insbesondere der Stickoxide, verringert,
  • während im normalen Fahrbetrieb die Stickoxidwerte im Abgas deutlich höher sind

und der Hersteller dies

  • weder bei der Durchführung der offiziellen Testzyklen zwecks Erreichung der Typengenehmigung für das Fahrzeug durch das Kraftfahrtbundesamt und Einstufung in die steuerlich relevante Abgasnorm,
  • noch bei der Bewerbung am Markt offen gelegt hat.

Auch in einem solchen Fall ist es nur sehr schwer möglich den Fahrzeughersteller unmittelbar auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

In Betracht kommen kann ein Schadensersatzanspruch des Fahrzeugkäufers gegen den Fahrzeughersteller nämlich

  • aus § 443 Abs. 1 BGB nur dann,
    • wenn, was der Käufer nachweisen muss, zwischen ihm und dem Hersteller, wozu die einschlägige Werbung nicht genügt, ein Garantievertrag betreffend die Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges zustande gekommen ist, der Hersteller also dem Käufer gegenüber die Einhaltung der vorgeschriebenen Abgaswerte garantiert hat,
  • unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung nur dann,
    • wenn – unabhängig von der Frage, ob die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben zum Fahrzeug und zur eingestuften Abgasnorm auch eine Aufklärung über den Einsatz der verwendeten Software bei der Durchführung der Testzyklen erfordert hätte -, die Kaufentscheidung des Käufers nachweislich auf der Verwendung eines entsprechenden Prospektes des Herstellers beruhte,
  • aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB nur dann,
    • wenn ein dem Hersteller anzulastender Betrug zum Nachteil des Fahrzeugkäufers vorliegen würde, was, sofern der Käufer seinen Schaden in dem Vertragsschluss mit dem Vertragshändler und der Belastung mit der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises sieht, schon daran scheitern dürfte, dass es an der für den Betrug erforderlichen Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung fehlt, weil der Vertragsschluss mit dem Vertragshändler insoweit die mittelbare Folge der von dem Hersteller primär beabsichtigten (unmittelbaren) Veräußerung des Fahrzeugs an den Vertragshändler darstellt,
  • sowie aus § 826 BGB nur dann, wenn eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Käufers vorliegen würde, was schon deshalb zweifelhaft erscheint,
    • weil der Hersteller lediglich damit geworben hat, dass das Fahrzeugmodell im Rahmen der Erlangung der Typengenehmigung auf dem Rollenprüfstand bei Ableistung des Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) die Grenzwerte einer bestimmten Norm eingehalten hat,
    • weitergehende Versprechen dahingehend, dass diese Grenzwerte, insbesondere im Hinblick auf den Stickoxidwert, im Realbetrieb nicht überschritten werden, nicht erfolgt sind und
    • insoweit eine vergleichbare Situation zur Herstellerangabe betreffend den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch vorliegt, bei der dem Käufer bewusst sein muss, dass die angegebenen Werte nicht im Realbetrieb, sondern unter definierten, vom individuellen Realbetrieb abweichenden Testbedingungen ermittelt wurden, die primär darauf abzielen, eine Vergleichbarkeit der Testergebnisse hinsichtlich der Vielzahl von Testungen und Fahrzeugtypen zu erreichen und nicht den Realbetrieb des einzelnen Fahrzeuges abzubilden.

Die 1. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Braunschweig hat mit Urteil vom 29.12.2016 – 1 O 2084/15 – deshalb auch die Klage eines Fahrzeugkäufers abgewiesen, der

  • das vom Hersteller mit einer Software zur Beeinflussung des Abgasverhaltens ausgestattete Fahrzeug bei einem Vertragshändler des Herstellers erworben und

vom Hersteller im Wege des Schadensersatzes Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs verlangt hatte.

AG Coburg entscheidet Streit zwischen Verkäufer und Käufer einer Markenjeans um herausgefallenen Hosenknopf

Löst sich bei einer Markenjeans kurz nach dem Kauf ein angenieteter Knopf im Hosenschlitz und beanstandet der Käufer diesen Mangel, darf der Verkäufer

  • den Mangel durch Anbringung eines markenfremden Knopfes beseitigen,
  • wenn der Knopf vollständig durch die Knopfleiste verdeckt ist.

Das hat das Amtsgericht (AG) Coburg mit Urteil vom 10.11.2016 – 14 C 568/16 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem der Verkäufer einen nach außen nicht erkennbaren herausgefallenen Originalknopf im Hosenschlitz durch den Knopf eines anderen Jeansherstellers ersetzt hatte,
  • der Käufer damit aber nicht einverstanden war, sondern Ersatz der 7 Euro wollte, die er für das Anbringen eines neuen Knopfes des „richtigen“ Jeansherstellers bei einem Schneider hatte aufwenden müssen,

dessen Klage abgewiesen.

Zur Begründung ausgeführt hat das AG, dass

  • auch der markenfremde Knopf seine Funktion, die Hose zu verschließen, ohne Einschränkungen erfülle,
  • nachdem der Knopf verdeckt sei, eine darüber hinausgehende Zierfunktion des Originalknopfes nicht zum Tragen komme und

der Verkäufer somit durch das Annieten des neuen Knopfes seiner Verpflichtung zur Mängelbeseitigung nachgekommen sei.

Nach dieser Entscheidung muss der Käufer eines Markenartikels es hinnehmen, dass der Verkäufer ein mangelhaftes Teil durch ein neues, aber von einem anderen Hersteller stammendes Teil ersetzt, wenn

Was Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion wissen sollten

Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion sind zur Prüfung verpflichtet,

  • ob der eingesetzte Router
  • über die im Zeitpunkt des Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen verfügt,
    • also einen aktuellen Verschlüsselungsstandard sowie
    • ein individuelles, ausreichend langes und sicheres Passwort.

Behält ein Internetanschlussinhaber ein vom Hersteller voreingestelltes WLAN-Passworts bei, kann dies,

  • wenn es sich nicht um ein für jedes Gerät individuell,
  • sondern für eine Mehrzahl von Geräten verwendetes Passwort handelt,

eine Verletzung der Prüfungspflicht darstellen.

Allerdings muss ein Urheberrechtsinhaber, der den Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion wegen Verletzung seiner Prüfungspflichten als Störer in Anspruch nehmen will,

  • weil sein Urheberrecht über den Internetanschluss des Inhabers von einem unbekannten Dritten verletzt worden ist,
  • der sich unberechtigten Zugang zum WLAN des Internetanschlussinhabers verschafft hat,

beweisen, dass das vom Hersteller voreingestellte und beibehaltene WLAN-Passwort für eine Mehrzahl von Geräten vergeben worden ist,

  • wenn der Anschlussinhaber durch Benennung des Routertyps, des Passworts sowie durch die Angabe, es habe sich um ein nur einmal vergebenes Passwort gehandelt,
  • seiner insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast genügt hat.

Das hat der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 24.11.2016 – I ZR 220/15 – entschieden (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 24.11.2016 – Nr. 212/2016 –).

Dieselgate – LG Düsseldorf entscheidet: Vor Rücktritt vom Kaufvertrag muss Frist zur Nachbesserung gesetzt werden

Mit Urteil vom 23.08.2016 hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Düsseldorf – 6 O 413/15 – entschieden, dass,

  • wer bei einem Autohaus, das Vertragshändler ist, einen vom Abgasskandal betroffenen PKW gekauft hat, in den eine manipulierte Abgassoftware verbaut ist, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimiert,

dem Autohaus,

  • erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben muss,
  • bevor er vom Kaufvertrag zurücktreten kann.

Eine solche Fristsetzung zur Nachbesserung eines Mangels sei, so das LG, nur ganz ausnahmsweise entbehrlich, wenn etwa das Autohaus eine Nachbesserung endgültig verweigert.

Da sich das Autohaus das mögliche Wissen des Autoherstellers auch nicht zurechnen lassen müsse, so das LG weiter, sei das Recht zur Nacherfüllung auch nicht wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels ausgeschlossen (Quelle: Pressemitteilung des LG Düsseldorf vom 23.08.2016).

Was vom Dieselgate betroffene Autobesitzer wissen sollten

Dieselfahrzeuge in die der Hersteller eine manipulierte Abgassoftware verbaut hat, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimieren, sind im Sinne des § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mangelbehaftet.

Wer ein solches Fahrzeug gekauft hat, kann

  • vom Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB Nacherfüllung verlangen und
  • wenn die Nacherfüllungsphase erfolglos verlaufen ist, d.h.,
    • dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB gesetzt,
    • ihm das Fahrzeug am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Nacherfüllung zur Verfügung gestellt worden ist (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08 – und vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 –; Hanseatisches Oberlandesgericht (OLG) Bremen, Urteil vom 27.03.2015 – 2 U 12/15 –; Landgericht (LG) Heidelberg, Urteil vom 05.02.2015 – 2 O 75/14 –) und
    • sich eine Nachbesserung als objektiv unmöglich erwiesen hat, weil der Mangel als solcher einschließlich seiner Ursache (mittels eines Software-Updates) nur unter Zurückbleiben einer technischen und/oder merkantilen Wertminderung beseitigt werden konnte,
  • entweder nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 Abs. 1 BGB gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises, abzüglich des Nutzungswertersatzes für jeden gefahrenen Kilometer, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 09.12.2014 – VIII ZR 196/14 – und Urteil vom 09.04.2014 – VIII ZR 215/13 –) oder
  • wenn er das Fahrzeug behalten will, nach §§ 437 Nr. 2, 441 BGB gegenüber dem Verkäufer die Minderung des Kaufpreises erklären und vom Verkäufer einen Teil des bezahlten Kaupreises, nämlich den Minderwert zurückfordern.

Will ein Käufer ohne vorheriges Nacherfüllungsverlangen, also ohne die Nacherfüllungsphase zu durchlaufen, sofort vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, muss er folglich in einem Rechtsstreit darlegen und beweisen können,

  • dass eine Behebung des Mangels ohne das Auftreten von Folgeproblemen nicht möglich ist und/oder es trotz angedachter bzw. angebotener Nachbesserungsmaßnahmen bei dem Fahrzeug zu einer dauerhaften Wertminderung kommen wird,
  • was grundsätzlich nur mittels eines Sachverständigengutachtens möglich sein wird.

Nicht in Betracht kommt gewöhnlich eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen einer möglichen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB und zwar auch dann nicht, wenn das Fahrzeug bei einem Vertragshändler gekauft worden ist, weil auch ein Vertragshändler sich das Wissen des Pkw-Herstellers normalerweise nicht zurechnen lassen muss.

Darauf hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Beschluss vom 30.06.2016 – 7 W 26/16 – hingewiesen.

Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3 BGB vom Verkäufer verlangt werden kann nur dann, wenn dem Verkäufer

  • die Manipulation bekannt war oder
  • er diese zumindest für möglich gehalten hat,

weil der Schadensersatzanspruch voraussetzt, dass den Verkäufer ein Verschulden trifft.

Übrigens:
Gewährleistungsansprüchen wegen manipulierter Abgassoftware können nur geltend gemacht werden, wenn die Sachmängelhaftung im Kaufvertrag nicht wirksam ausgeschlossen worden ist.

Abgesehen davon muss bedacht werden, dass,

  • wenn die Gewährleistungsansprüche bereits verjährt sein sollten,

der Käufer diese möglicherweise nicht mehr wird durchsetzen können, weil der Verkäufer,

  • sofern er vor Eintritt der Verjährung nicht hierauf verzichtet hat,
  • dann die Einrede der Verjährung erheben kann.

Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer verjähren,

  • sofern im Kaufvertrag nicht wirksam etwas anderes vereinbart worden ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29.05.2013 – VIII ZR 174/12 –),
  • gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren ab Lieferung des Kaufsache.

Nur wenn der Verkäufer dem Käufer den Mangel arglistig verschwiegen hat gilt gemäß §§ 438 Abs. 1 Abs. 3 Satz 1, 195 BGB eine dreijährige Verjährungsfrist.

Was ein Autokäufer wissen sollte

Der Käufer eines Gebraucht- oder Neuwagens kann, wenn das Fahrzeug bei Übergabe mangelhaft war, gegen den Verkäufer aufgrund des zwischen des Parteien geschlossenen Kaufvertrages die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche nach §§ 433, 434, 437 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend machen.
Danach kann der Käufer vom Verkäufer, sofern die Gewährleistung im Kaufvertrag nicht wirksam ausgeschlossen worden ist und vom Verkäufer nicht die Einrede der Verjährung erhoben werden kann,

  • vorrangig grundsätzlich lediglich Nacherfüllung nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB verlangen und
  • nur unter den (zusätzlichen) in § 437 Nr. 2 BGB bzw. § 437 Nr. 3 BGB genannten Voraussetzungen vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern und Schadensersatz fordern.

Solche kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche hat der Käufer gegen den Hersteller des Fahrzeugs nicht, weil diese einen Kaufvertrag zwischen den Parteien voraussetzen.

Ansprüche des Käufers gegen den Hersteller des Fahrzeugs bestehen grundsätzlich nur, wenn der Hersteller eine (freiwillige) Garantieerklärung abgegeben hat, die auch im Kaufvertrag enthalten sein kann.

Dann kann der Käufer

  • neben den Gewährleistungsansprüchen gegen den Verkäufer
  • auch Ansprüche aus § 443 Abs. 1 BGB i.V.m. dieser Herstellergarantie dieser gegen den Fahrzeughersteller geltend machen.

Aber aufgepasst:

Solche Herstellergarantien sind nicht zeitlich sondern regelmäßig auch in ihrem Umfang beschränkt.

Meist geben die Herstellergarantien dem Berechtigten nur einen

  • Anspruch auf kostenlose Nachbesserung eines vom Hersteller zu vertretenden Material- oder Herstellungsfehlers durch Reparatur oder durch Austausch eines defekten Teiles,
  • mitunter auch nur einen Kostenerstattungsanspruch.

Ist nach den Garantiebedingungen von der Herstellergarantie nur ein Austausch fehlerhafter Teile umfasst, können Ansprüche auf Schadensersatz oder Rücktritt nicht aus den Garantiebedingungen hergeleitet werden.
Denn der Anspruch aus der Garantieerklärung des Herstellers ist ein vom Kaufrecht unabhängiger Erfüllungsanspruch aus der Garantie, mit der Folge, dass der Garantienehmer auch dann nicht auf die sekundären Mängelrechte nach § 437 BGB zurückgreifen kann, wenn die Garantieleistung, z.B. wegen Unmöglichkeit oder Verweigerung der Garantie, ausbleibt (Landgericht (LG) Köln, Urteil vom 01.03.2012 – 27 O 341/11 –).
Auch kann durch eine entsprechende Klausel in einer formularmäßigen Vereinbarung über eine Herstellergarantie die Geltendmachung von Ersatzansprüchen für Sachschäden wegen nicht oder nicht ordnungsgemäß im Rahmen der Garantie ausgeführter Nachbesserung wirksam ausgeschlossen werden (LG Köln, Urteil vom 05.11.2015 – 15 O 76/15 –).