Tag Hindernis

Was, wer Mülltonnen auf einem Radweg zur Leerung bereitstellt oder dort nach der Leerung stehen lässt sowie Radfahrer, die

…. deswegen stürzen, wissen sollten. 

Mit Urteil vom 24.09.2021 – 4 O 25/21 – hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankenthal in einem Fall, in dem ein Radfahrer über 

  • auf dem Radweg stehende Mülltonnen 

gestürzt war, sich dabei verletzt und deshalb Schadensersatz- sowie Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht hatte, darauf hingewiesen, dass das 

  • Abstellen von Mülltonnen oder das Stehenlassen nach ihrer Leerung 

auf einem Radweg eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darstellt, weil die Tonnen ein

  • den Verkehrsfluss erheblich beeinträchtigendes 

ruhendes Hindernis sind, Radfahrer, 

  • für die die Tonnen schon von weitem erkennbar sind, 

diesen vorsichtig sowie mit einem ausreichenden Seitenabstand ausweichen müssen und dass, sollte ein Radfahrer  

  • keinen ausreichenden Abstand einhalten und stürzen, 

der Sturz 

  • nicht auf die in dem Hindernis liegende Gefahr, sondern ganz überwiegend 

auf seine eigene grob fahrlässige Fahrweise zurückzuführen ist.

Das bedeutet:
Fährt beispielsweise ein Radfahrer an

  • rechtzeitig für ihn erkennbaren

Mülltonen so knapp vorbei, dass es zu einem Sturz kommen kann, kann dieses 

  • Mitverschulden

bei einem Sturz alle seine etwaigen Ansprüche gegen die 

  • für das Abstellen der Tonnen auf dem Radweg bzw. 
  • für das Stehenlassen der Tonnen nach der Leerung auf dem Radweg 

Verantwortlichen ausschließen (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal).    

BGH erläutert warum einem Radfahrer, der zu spät vor einem über einen Feldweg gespannten ungekennzeichneten Stacheldraht bremst,

…. kein Mitverschulden an seinem Unfall trifft.

Mit Urteilen vom 23.04.2020 – III ZR 250/17 und III ZR 251/17 – hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem sich auf einem zum Gebiet einer Gemeinde gehörenden unbefestigten Feldweg eine Absperrung, bestehend

  • aus zwei in der Mitte des Weges befindlichen vertikalen nach unten auf den Boden gerichteten Holzlatten mit einem daran angebrachten Sperrschild für Kraftfahrzeuge (Zeichen 260) sowie
  • aus zwei in der Höhe von etwa 60 cm und 90 cm waagerecht verlaufenden, an seitlich des Feldweges im Unterholz stehenden Holzpfosten befestigten, verzinkten Stacheldrähten,

befunden hatte, gegen die ein Radfahrer gefahren war, weil es ihm,

  • als er die über den Feldweg gespannten Stacheldrähte bemerkte, trotz einer Vollbremsung

nicht gelungen war, sein Rad rechtzeitig zum Stehen zu bringen, entschieden, dass

  • auf einem für die Nutzung durch Radfahrer zugelassenen Weg

ein Radfahrer nicht mit einem über den Weg gespannten ungekennzeichneten Stacheldraht rechnen muss,

  • da ein solches verkehrswidriges Hindernis angesichts seiner schweren Erkennbarkeit und der daraus sowie aus seiner Beschaffenheit folgenden Gefährlichkeit völlig ungewöhnlich und objektiv geradezu als tückisch anzusehen ist

und dem Radfahrer auch kein Mitverschulden an dem Unfall wegen Verstoßes gegen das Sichtfahrgebot angelastet werden kann, weil das Sichtfahrgebot

  • zwar verlangt, dass der Fahrer vor einem Hindernis, das sich innerhalb der übersehbaren Strecke auf der Straße befindet, anhalten kann, es aber,
  • da der Fahrer sich sonst stets nur mit minimalem Tempo bewegen dürfte, um noch rechtzeitig anhalten zu können,

nicht gebietet, dass der Fahrer seine Geschwindigkeit auf solche Objekte einrichtet,

  • die sich zwar bereits im Sichtbereich befinden,
  • die jedoch – bei an sich übersichtlicher Lage – aus größerer Entfernung noch nicht zu erkennen sind, wie etwa Hindernisse,
    • die wegen ihrer besonderen Beschaffenheit ungewöhnlich schwer erkennbar sind oder
    • deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist und auf die nichts hindeutet.

An der Beurteilung ändere, wie der Senat weiter ausführte, das

  • vorliegend an den Drähten angebrachte, mit nach unten auf den Boden gerichteten Holzlatten versehene

Verkehrsschild nichts, vielmehr erweckte dieses den Eindruck, dass

  • der Weg für Fahrradfahrer frei passierbar sei

und auch eine fehlerhafte Reaktion des Radfahrers auf das Hindernis würde deswegen nicht den Vorwurf eines Mitverschuldens begründen, da eine falsche Reaktion eines Verkehrsteilnehmers dann keinen vorwerfbaren Obliegenheitsverstoß darstellt, wenn

  • dieser in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht vorhersehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat

und

  • deshalb nicht das Richtige und Sachgerechte unternimmt, um den Unfall zu verhüten,
  • sondern aus verständlichem Erschrecken objektiv falsch reagiert (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

AG München entscheidet: Wer in einem Parkhaus rückwärts einparken will muss besondere Vorsicht walten lassen

…. und darf nur strikt auf Sicht fahren.

Mit Urteil vom 19.09.2016 – 122 C 5010/16 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem

  • ein Autofahrer in einem Parkhaus beim rückwärts Einfahren in eine Parkbucht einen um ein Regenfallrohr an der Wand angebrachten sowie über den Bodensockel hinausstehenden, mit roter Farbe lackierten Schutzbügel übersehen hatte und
  • deswegen dagegen gestoßen war,

die Klage des Fahrzeugeigentümers abgewiesen, der von dem Parkhausbetreiber,

  • mit der Begründung, dieser habe durch die Nichtkennzeichnung der Gefahrenstelle mit gelb-schwarzen Streifen seine Verkehrssicherungspflicht verletzt,

Ersatz des an seinem PKW entstandenen Schadens verlangt hatte.

Das AG war der Ansicht, dass

  • nicht der Parkhausbetreiber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt,
  • sondern der Autofahrer den Schaden an seinem Fahrzeug ausschließlich selbst verschuldet hatte.

Denn, so das AG, wer in einem Parkhaus oder einer Tiefgarage

  • nicht vorwärts,
  • sondern rückwärts

in eine Parkbucht einfahren wolle,

  • müsse besondere Vorsicht walten lassen und
  • wenn er den hinter ihm liegenden Bereich (beispielsweise wegen schlechter Lichtverhältnisse) nicht bzw. nur unzureichend einsehen könne,

sich durch

  • Aussteigen und
  • Inaugenscheinnahme der Beschaffenheit

vergewissern, dass dort keine Hindernisse vorhanden sind bzw. sein Fahrverhalten den erkannten Hindernisse entsprechend anpassen,