Tag kaskoversichert

Was ist, wenn ein kaskoversichertes Auto gestohlen, später aber wiederaufgefunden wird?

Üblich sind in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer Kaskoversicherung Klauseln, die bestimmen, dass, wenn 

  • das entwendete Fahrzeug innerhalb eines Monats nach Eingang der schriftlichen Schadenanzeige wieder aufgefunden wird und 
  • es der Versicherungsnehmer innerhalb dieses Zeitraums mit objektiv zumutbaren Anstrengungen wieder in Besitz nehmen kann, 

der Versicherungsnehmer zur Rücknahme des Fahrzeugs verpflichtet ist und dass, wenn

  • danach der Versicherungsnehmer nicht zur Rücknahme des Fahrzeugs verpflichtet ist, 

der Versicherer Eigentümer des Fahrzeugs wird.

Die Klausel, 

  • nach der der Versicherer automatisch Eigentümer des versicherten Fahrzeugs wird, wenn den Versicherungsnehmer keine Rücknahmepflicht trifft, 

sieht 

  • nicht nur einen Übereignungsanspruch des Versicherers, 
  • sondern die rechtsgeschäftliche Übereignung selbst 

vor. 

Der Eigentumserwerb des Versicherers beruht dabei auf einer 

  • vorweg genommenen, aufschiebend bedingten Einigung

verbunden mit 

  • der Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Besitzer (§§ 929 S. 1, 931, 158 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

Die Übereignungsklausel geht allerdings bei einer für ein 

  • geleastes

Fahrzeug abgeschlossenen Kaskoversicherung, 

  • bei der es sich im Kern um eine Versicherung für fremde Rechnung i.S. der §§ 43 ff. Versicherungsvertragsgesetz (VVG) handelt, 
    • die in erster Linie das Sachersatzinteresse des Leasinggebers als Eigentümer des jeweils versicherten Fahrzeugs, bei dem bei einem Verlust des versicherten Wagens auch der Sachschaden eintritt,
    • andererseits aber auch das Sacherhaltungsinteresse des Leasingnehmers schützt, 

regelmäßig ins Leere, weil der Eigentümer des Leasingfahrzeugs, der Leasinggeber, 

  • nicht Vertragspartner des Versicherers ist

und der Versicherer von dem Leasingnehmer, 

  • der nicht Eigentümer des Fahrzeugs ist, 

das Fahrzeug allenfalls gutgläubig erwerben könnte, aber ein gutgläubiger Erwerb des Versicherers nach § 934 BGB in aller Regel schon deshalb ausscheidet, da 

  • der Versicherer normalerweise Kenntnis haben wird, dass es sich um ein Leasingfahrzeug handelt und 
  • gemäß § 932 Abs. 2 BGB nicht in gutem Glauben sein wird.   

In einem solchen Fall, in dem 

  • die Übereignungsklausel ins Leere geht und 
  • die Versicherungsbedingungen für diesen Fall des Scheiterns der rechtsgeschäftlichen Übereignung keine Auffangbestimmung enthalten, 

ist,

  • nachdem auch die gesetzlichen Regelungen zur Sachversicherung in § 86 VVG nur den Übergang von Ersatzansprüchen, nicht aber von dinglichen Rechtspositionen vorsehen,

die Übereignungsklausel ergänzend dahin auszulegen, dass der Anspruch auf die Versicherungsleistung, 

  • sofern der Leasinggeber dem Versicherer das Fahrzeug übereignet,

unangetastet bleibt und dass, 

  • wenn der Leasinggeber die Übereignung verweigert oder 
  • er es nach Wiedererlangung selbst verwertet, 

der Verkehrswert des Fahrzeugs 

  • im Zustand nach seinem Wiederauffinden 

auf die Versicherungsleistung anzurechnen ist (so Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Urteil vom 18.03.2021 – 12 U 155/20 –).

Wichtig zu wissen für Autobesitzer, wenn sie ihren Pkw kaskoversichert haben und der Versicherungsvertrag

…. vorsieht, dass

  • das Fahrzeug nachts in einer Garage abgestellt wird bzw.
  • der Versicherer auf dieser Grundlage die Höhe der Versicherungsprämie kalkuliert hat.

Wird in so einem Fall

  • die Garage nicht als nächtlicher Abstellort für den Pkw genutzt, sondern

das Fahrzeug vor der Garage stehen gelassen,

  • etwa weil schlicht vergessen worden ist es noch in die Garage zu fahren,

ist der Versicherer,

  • wenn das Fahrzeug in der Nacht gestohlen werden sollte,

berechtigt,

  • wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadensfalles

die Leistung aus der Kaskoversicherung

  • §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG)

zu kürzen.

Denn durch den Verstoß gegen die Obliegenheit,

  • die Garage als nächtlichen Einstellplatz für das Auto zu nutzen,

wird die Gefahr eines Diebstahls,

  • da der Täter, um das Fahrzeug zu entwenden, nicht mehr in die Garage eindringen muss,

deutlich erhöht.

Darauf hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg mit Urteil vom 11.09.2018 – 11 O 217/18 – hingewiesen und in dem dieser Entscheidung zugrunde liegendem Fall eine Kürzung des Anspruchs des Versicherungsnehmers

  • in Höhe von 30 %

für gerechtfertigt erachtet.

Hinweis:
Nach § 23 Abs. 1 VVG darf der Versicherungsnehmer nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn

  • der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 VVG vorsätzlich verletzt hat (§ 26 Abs. 1 S. 1 VVG).

Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistungen

  • in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis

zu kürzen, wobei die Beweislast für das

  • Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit

der Versicherungsnehmer trägt (§ 26 Abs. 1 S. 2 VVG).

Abweichend davon ist der Versicherer jedoch zur Leistung verpflichtet, soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich war für

  • den Eintritt des Versicherungsfalls oder
  • den Umfang der Leitungspflicht (§ 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG).