Tag Kauf

Was Käufer eines Neufahrzeugs wissen sollten

Ein Fahrzeug ist nach der Rechtsprechung fabrikneu,

  • wenn es aus neuen Materialien zusammengesetzt und unbenutzt ist,
  • wenn und solange das Modell unverändert weitergebaut wird,
  • wenn das verkaufte Fahrzeug keine durch längere Standzeiten bedingten Mängel aufweist und nach der Herstellung keine Beschädigungen eingetreten sind sowie
  • wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf Monate liegen.

Dass diese Voraussetzungen bei dem von ihm bei einem Händler als Neufahrzeug gekauften PKW nicht erfüllt gewesen sind,

  • muss der Käufer beweisen,
  • wenn er einen PKW-Kauf mit der Begründung rückabwickeln will, das ihm verkaufte Fahrzeug sei kein Neufahrzeug mehr gewesen.

Darauf und dass demzufolge ein im Jahre 2015 produzierter PKW vor Ablauf der Jahresfrist im Jahre 2016 noch als Neufahrzeug verkauft werden kann,

  • wenn auch die weiteren obigen Voraussetzungen erfüllt sind und
  • bei dem gekauften Fahrzeug nicht ausdrücklich als Produktionsjahr 2016 vereinbart war,

hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 16.08.2016 – 28 U 140/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 16.09.2016).

Was Verkäufer und Käufer eines mangelhaften Neufahrzeugs wissen sollten

Der Käufer eines fabrikneuen Pkws, der nach der Übergabe des Fahrzeugs erfährt, dass der PKW einen Mangel aufweist, der bei der Übergabe bereits vorhanden war (hier: nicht fachgerecht behobener Transportschaden), kann,

  • solange er vom Verkäufer noch nicht die Nachbesserung verlangt bzw.
  • sich mit dem Verkäufer über eine Nachbesserung verständigt hat,

vom Verkäufer,

  • auch wenn dieser die Nachbesserung angeboten hat,

anstelle der Nachbesserung,

  • regelmäßig noch unter Fristsetzung eine Ersatzlieferung und
  • wenn der Verkäufer dazu nicht bereit ist, vom Kaufvertrag zurücktreten und unter Anrechnung des Nutzungsvorteils, Rückzahlung des Kaufpreises nebst Erstattung der Zulassungskosten, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen.

Das hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 21.07.2016 – 28 U 175/15 – entschieden.

Danach kann sich in einem solchen Fall der Verkäufer gegen die Forderung des Käufers auf Ersatzlieferung nur verteidigen,

  • wenn er darlegen kann, dass es ihm nicht möglich ist, ein mangelfreies anderes Neufahrzeug mit der geschuldeten Ausstattung zu beschaffen oder
  • wenn er,
    • solange der Nacherfüllungsanspruch noch besteht und der Käufer noch nicht zu Recht vom Kaufvertrag zurückgetreten ist, eingewendet hat (weil der Einwand danach erlischt), dass eine Nachlieferung unverhältnismäßig sei und
    • die Mangelbeseitigungskosten mit nicht mehr als 5 % des Kaufpreises zu veranschlagen sind (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 15.08.2016).

Kann bei langen Standzeiten zwischen Herstellung und Erstzulassung eines Pkws ein Fahrzeugmangel vorliegen?

Erwarten i. S. v. § 434 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darf ein Autokäufer eine zwölf Monate nicht überschreitende Standzeit vor der Erstzulassung eines Pkws

  • nur beim Kauf eines Neu- oder Jahreswagen,
  • nicht aber bei älteren Gebrauchtwagen,

weil dem durch die Standzeit voranschreitenden Alterungsprozess nur bei neuen Fahrzeugen und noch „jungen Gebrauchtwagen“ besonderes wirtschaftliches Gewicht zukommt.

Welche Standzeiten bei älteren Fahrzeugen üblich sind und ein Käufer – ohne zusätzliche Verkäuferangaben – erwarten darf, hängt dagegen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, wie etwa der Dauer der Zulassung zum Verkehr und der Laufleistung des Fahrzeugs, der Anzahl der Vorbesitzer und der Art der Vorbenutzung.

War ein erworbenes Gebrauchtfahrzeug zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits längere Zeit zum Straßenverkehr zugelassen und ist durch eine relativ hohe Laufleistung eine nicht unerhebliche Abnutzung des Fahrzeugs eingetreten, verlieren eine vor der Erstzulassung eingetretene Standzeit und der hierauf entfallende Alterungsprozess nämlich zunehmend an Bedeutung.

Darauf hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.06.2016 – VIII ZR 191/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 38.616 km zwei Jahre und vier Monate nach seiner Erstzulassung zu einem Preis von 33.430 € verkauft worden und
  • vor der Erstzulassung 19 ½ Monate beim Händler gestanden war,

entschieden,

  • dass die Standzeit von 19 ½ Monaten zwischen Herstellung und Erstzulassung hier deshalb keinen Fahrzeugmangel begründete,
  • weil sie nicht dazu führte, dass sich der erworbene Gebrauchtwagen zum Zeitpunkt der Übergabe nicht für die gewöhnliche Verwendung eignete und nicht die übliche, vom Käufer berechtigterweise zu erwartende Beschaffenheit aufwies (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

Dadurch, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall im Kaufvertragsformular das Baujahr nicht genannt, sondern unter der Rubrik „Datum der Erstzulassung lt. Fzg.-Brief“ nur der Tag der Erstzulassung eingetragen war, war, so der Senat, zwischen den Parteien auch keine stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung über ein bestimmtes Herstellungsdatum oder Baujahr zwischen den Parteien getroffen worden (§ 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), da der Verkäufer durch den einschränkenden Zusatz „lt. Fzg.-Brief“ lediglich mitgeteilt hat, aus welcher Quelle er die entsprechenden Angaben entnommen (Wissensmitteilung) und damit deutlich gemacht hat, dass er weder für die Richtigkeit des Erstzulassungsdatums noch – darüber hinausgehend – für ein bestimmtes Baujahr des Fahrzeugs einstehen will (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 109/2016 vom 29.06.2016).