Tag Lebensqualität

Kosten für eine sog. Grafting-OP zur Korrektur einer Penisverkrümmung muss die gesetzliche Krankenversicherung

…. jedenfalls dann nicht übernehmen, wenn die Erektion des Versicherten bislang nur leicht beeinträchtigt ist.  

Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem Fall entschieden, in dem ein 59-jähiger gesetzlich krankenversicherter Mann, 

  • der an einer angeborenen induratio penis plastica (Penisverkrümmung) litt, 

von seiner Krankenkasse die Kostenübernahme von ca. 13.400 Euro für eine sog. Grafting-Operation (OP) bei einem Privatarzt, 

  • unter Verweis auf seinen erheblichen psychischen Leidensdruck und die Dringlichkeit der OP,

verlangt hatte. 

Dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die Kosten für die OP nicht tragen muss, hat das LSG damit begründet, dass

  • es sich bei der Grafting-Operation um keine anerkannte Behandlungsmethode handle,

eine Kostenübernahme durch die GKV deshalb nur in schweren Ausnahmefällen 

  • wie lebensbedrohlichen oder vergleichbaren Erkrankungen 

in Betracht komme, eine Penisverkrümmung mit einer, wie hier bei dem 59-Jährigen, 

  • bislang nur leichten Beeinträchtigung der Erektion, 
  • einer dadurch bedingten Einschränkung der Lebensqualität und 
  • nicht zwangsläufig zu erwartenden weitergehenden Beeinträchtigungen 

aber

  • weder lebensbedrohlich 
  • noch wertungsmäßig damit vergleichbar

sei und auch nicht als 

  • drohender Verlust einer herausgehobenen Körperfunktion 

qualifiziert werden könne, zumal auch die OP selbst ein gesteigertes Risiko von 

  • postoperativen Erektionsstörungen 

beinhalte (Quelle: Pressemitteilung des LSG Niedersachsen-Bremen). 

OLG Oldenburg spricht fünfjährigem Jungen wegen der Folgen eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers 800.000 Euro

…. Schmerzensgeld zu.

Mit Urteil vom 18.03.2020 – 5 U 196/18 – hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg einem Jungen, der, 

  • als er fünf Jahre alt war,

infolge eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers bei der Behandlung einer bakteriellen Meningitis,

  • u.a. beide Unterschenkel verloren hatte,
  • der in der Folgezeit wachstumsbedingt fast zwanzig Operationen zur Versorgung der Stümpfe über sich hatte ergehen lassen müssen,
  • der sein gesamtes Leben auf den Rollstuhl angewiesen sein wird und 
  • bei dem aufgrund des massiven Krankheitsverlaufs große Teile der Körperoberfläche durch Nekrosen dauerhaft entstellt sind,

ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro zuerkannt.

Dass hier ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro angemessen ist, hat das OLG mit 

  • der Schwere der Verletzungen, 
  • dem Leiden und dessen voraussichtlicher lebenslanger Dauer, 
  • der subjektiven Wahrnehmung der Beeinträchtigungen für den Verletzten, 
    • nämlich dem täglich wiederkehrenden Bewusstsein um den lebenslangen Verlust der bisherigen Lebensqualität und 
  • dem Ausmaß des Verschuldens des Schädigers 

begründet.

Danach kann im Fall 

  • schwerster und dauerhafter Schädigungen, die ein Geschädigter in jungen Jahren bewusst erlebt und 
  • von denen anzunehmen ist, dass sie ihn lebenslang in der Lebensführung erheblich beeinträchtigen werden, 

ein Schmerzensgeld in dieser Höhe gerechtfertigt sein.

Können Wohnungsvermieter die Kosten einer Dachbegrünung auf die Mieter umlegen, wenn der Mietvertrag vorsieht, dass

…. die Betriebskosten gemäß der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten (Betriebskostenverordnung – BetrKV) vom Mieter zu tragen sind?

Mit Urteil vom 01.03.2016 – 206 C 232/15 – hat das Amtsgericht (AG) Köln darauf hingewiesen, dass Dachbegrünungskosten

  • dann nicht unter die in § 2 Nr. 10 BetrKV genannte Position „Kosten der Gartenpflege“ fallen und
  • demzufolge auch keine umlagefähigen Betriebskosten sind,

wenn nicht von einer Verschönerung des Wohnanwesens durch das begrünte Dach ausgegangen werden kann.

Ausschlaggebend dafür, ob Dachbegrünungskosten umlagefähige „Kosten der Gartenpflege“ im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV darstellen, ist danach,

  • ob die gepflegte gemeinschaftliche Gartenfläche das Wohnanwesen insgesamt verschönert und
  • deshalb geeignet ist, die Wohn- und Lebensqualität zu verbessern,

was bei einer Dachbegrünung nicht im Grundsatz angenommen werden kann, sondern abhängt von

  • der Begrünung und
  • der Einsichtbarkeit des Daches.

Darauf, ob die Mieter die Gartenfläche selbst nutzen können, zu deren Pflege sie anteilig herangezogen werden, kommt es, so das AG, nicht an (vgl. hierzu auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.05.2004 – VIII ZR 135/03 –).